Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ungeheuer

Ungeheuer

Titel: Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
Vom Netzwerk:
Nachtsichtgerät hatte er abgenommen, die Gummihaut des Anzugs vom Kopf gezogen und nach hinten geklappt, um besser in die Nacht lauschen zu können. Das kurzgeschorene Haar war rundherum von einer an den Rändern mit Hautklebemittel fest angeklebten Folie komplett bedeckt. Im Mondlicht wirkte es wie eine reflektierende Glatze.
    Vor ihm lag das Wild, der blasse Körper noch unversehrt. Bis auf den schwarzen Streifen, der sich um den Hals herum einkerbte.
    »Du kleine Wilde.« Er lächelte selbstvergessen. Die da hatte
ihm Jagd und Erlegen ganz schön schwer gemacht; hatte um sich geschlagen, getreten und ihn, als er ihr in dem Versuch, ihr Schreien zu ersticken, den Mund zugehalten hatte, in den Handschuh gebissen. Links von ihm raschelte ein kleines Tier durch das Laub.
    Es war gar nicht so einfach gewesen, das Gesicht der kleinen Amazone zu beobachten, weil sie so gezappelt hatte, während sich die Schlinge um ihren Hals immer fester zuzog. Doctor Nex hatte heute gelernt, dass auch kleine, zarte Frauen Löwenkräfte entwickeln konnten, wenn sie um ihr Leben kämpften. Genützt hatte es ihr letztendlich nichts, denn schließlich hatte er sich schweratmend, mit gespreizten Beinen über sie geschwungen, ihre fuchtelnden Arme unter seine Knie gezwungen und ihr die Linke auf die Stirn gedrückt, während die Rechte das Seil um den Handballen wickelte.
    Sicher waren es mindestens fünf Minuten gewesen, in denen die kleine Löwin sich zur Wehr gesetzt hatte, aber ihm waren sie wie eine einzige Sekunde vorgekommen, in der er den scharfen Kontrast zwischen ihrem erlahmenden Widerstand und seinem zunehmend schmerzhaft pochenden Schwanz im Innern des Gummianzugs genossen hatte. Als das grün leuchtende Feuer in ihren Augen zu erlöschen drohte, war er gekommen. In einem fast perfekten Moment.
    Im Nachsinnen über die Geschehnisse spürte der Mann seine erneute Erektion. Der Blick in ihr Gesicht, ihre hervorquellenden Augen, die zuerst verengten, dann geweiteten Pupillen hatten ihm außerordentliches Vergnügen verschafft. Das Einzige, was ihn noch immer störte, war der neongrün fluoreszierende Schimmer des Nachtsichtgerätes, der jeden natürlichen Eindruck verfälschte.

     
    Und deshalb saß er jetzt hier im Licht des Vollmonds, lauschte angestrengt in die Dunkelheit und wog Vor- und Nachteile des Einsatzes der mitgebrachten Helmlampe ab. Der Mond goss über alles ein bleiches Licht, das die Nacht ausreichend erhellte, um sich zu orientieren, aber zum Sezieren würde es nicht ausreichen.
    Außer den nun schon vertrauten Nachtgeräuschen des Waldes war nichts zu hören. Trotzdem zögerte er, den Helm mit dem daran befestigten Lichtstrahler aufzusetzen. Die Dunkelheit bot zwar Schutz und verbarg seine wissenschaftlichen Aktivitäten. Doch dieses Mal wollte er bei der Sektion von Anfang an alles richtig machen. Und dazu war gute Sicht nötig. Was aber, wenn jemand den Lichtschein der Helmlampe bemerkte? Der Mann strich sich mit der Handfläche über die Kopffolie und entschied dann, dieses Risiko nicht einzugehen. Das Nachtsichtgerät musste reichen.
    Für die Zukunft merkte er sich vor, den Ort der geplanten Jagd im Vorfeld genau zu besichtigen. So konnte er sicher sein, dass nicht doch irgendwo in seiner Nähe ein Hochstand war, auf dem ein Jäger vor sich hin döste, um aufgeschreckt vom Getrampel der Hatz die Flinte anzulegen. Auch Jäger hatten Nachtsichtgeräte.
     
    Sein Keuchen schien den gesamten Wald zu erfüllen. En Blick zum Abschied auf das bleiche Wesen in seiner blassen Schönheit, bevor der perfekte Leib zerteilt wurde. Heiß drängte sein Schwanz gegen den Latexanzug, aber Doctor Nex verbot sich, den Reißverschluss zu öffnen und in sie einzudringen. Aus Sperma konnte DNS isoliert werden. Er würde hier keine Zellen hinterlassen. Stattdessen drückte er die Hand auf den Unterleib, rieb und presste, bis er sich erneut in den Anzug ergoss.

    Als sein Atem sich wieder normalisiert hatte, machte er sich daran, die Instrumente auf dem ausgebreiteten Damasttuch anzuordnen, stellte die Schraubgläser und den Brennspiritus daneben. Dann kniete er sich neben den Körper und setzte das Skalpell zum Y-Schnitt an.
    Feuchtwarmer Blutgeruch breitete sich in der kühlen Nachtluft aus, und dem Mann fiel ein, dass er noch etwas vergessen hatte – den Geruchsschutz. In Filmen schmierten sie sich bei der Sektion von Leichen immer irgendein scharf riechendes Eukalyptusöl unter die Nase. Er notierte es sich auf seiner

Weitere Kostenlose Bücher