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Ungeheuer

Ungeheuer

Titel: Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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prüften, seinen Beitrag wieder durch den ursprünglichen Text ersetzt hatten.
    Wenn das der Fall war, hatte vielleicht jemand die »Konzeption des D. G. Eine« gelesen, und wenn jemand dann ihr Fehlen mit dem Artikel in Verbindung brächte … Wenn, wenn, wenn. Lara wimmerte und presste die Beine fester zusammen.
    Der Mann hatte gesagt, er wolle es heute Abend noch einmal versuchen. Vielleicht lauerten die Polizisten schon in den Redaktionsräumen darauf, dass der Wahnsinnige erneut erschien.
    Das Knirschen eines Schlüssels kündigte die Rückkehr des Psychopathen an. Lara hielt die Luft an und lauschte. Von draußen drang ein Lichtschein herein, dann schlurften Schritte nach unten.
    »Ich hätte doch fast vergessen …« Da war er wieder. In ausgebleichten Jeans und Pantoffeln. Noch ehe Lara sich umsehen konnte, kam er heran und versperrte ihr mit seinem Oberkörper die Sicht nach oben.
    »Du hattest doch Durst, meine Beste?« In der Rechten hielt er eine Babytrinktasse. Beim Anblick des Dekors erinnerte sich Lara, dass er ihr in seiner Küche schon etwas daraus eingeflößt hatte, und sie biss die Zähne zusammen und presste die Lippen aufeinander.
    »Nicht schon wieder!« Die Finger seiner Linken kniffen ihre Nasenflügel zusammen. »Du kleines Biest!«
    Laras Brust schien sich vor Atemnot nach innen zu wölben. Sie wand sich und warf den Kopf hin und her, er aber blieb unerbittlich, bis ihr Mund in dem grenzenlosen Verlangen nach Sauerstoff aufschnappte. Kühl strömte süße Flüssigkeit in Laras Kehle, und sie schluckte und schluckte.
    »Na siehst du!« Der Mann prüfte noch einmal ihre Fesseln
und wandte sich ab. »Wir wollen doch nicht, dass du Dummheiten machst, während wir unsere Aufgaben erledigen.« Das Licht erlosch. Schritte verklangen.
    Laras Blase schaffte es nicht mehr. Sie spürte ihre Hosenbeine feucht werden und begann zu weinen. Wenige Minuten später fielen ihre Augen zu, und sie schlief erneut ein.

29
    »Guten Morgen. Ich suche Frau Birkenfeld. Ist sie hier?« Der große Mann mit dem kantigen Gesicht sah sich um.
    »Nein. Die ist noch nicht da.« Der griesgrämig wirkende ältere Herr musterte den Besucher ausgiebig.
    »Wann kommt sie?«
    »Keine Ahnung. Wenn sie Frühdienst hat, so gegen sieben. Kann aber auch sein, dass sie zu einem Außentermin ist.«
    »Lara war gestern schon nicht da, Hubert!« En Mädchen mit zu kurzem Rock kam aus einem Nebenraum spaziert und musterte den Mann in der Tür.
    »Ach so? Na, das kann ich ja nicht wissen. Ich bin schließlich montags nicht da.« Der Griesgram zog einen Flunsch und wandte sich wieder seinem Bildschirm zu.
    »Vielleicht ist sie krank. Ich bin auch eben erst gekommen.« Das Mädchen zuckte die Achseln. »Was wollen Sie denn von ihr? Vielleicht können wir sie auf dem Handy erreichen?«
    »Da geht keiner ran. Zu Hause ist sie auch nicht. Es macht jedenfalls niemand auf.«
    »Das ist seltsam.« Isabell ließ es ein bisschen gelangweilt klingen, aber der Mann mit der Hakennase machte keine
Anstalten zu gehen. »Wer sind Sie denn, wenn ich fragen darf?«
    »En Freund. Ich versuche seit gestern Vormittag, Lara zu erreichen. Auf dem Festnetz, auf dem Handy, zu Hause. Sie ist wie vom Erdboden verschluckt.« Der hagere Mann streckte den Arm aus. »Mark Grünthal.«
    Isabell kam heran und schüttelte die dargebotene Hand. Hubert brummte unwirsch. Fremde hatten in der Redaktion nichts zu suchen.
    »Gehen wir nach draußen.« Isabell zeigte auf die Tür. »Da können wir ungestört reden.«
    Der Regen hatte aufgehört. Leute eilten an ihnen vorbei. Mark musterte die junge Frau, während diese ihm, ab und zu an ihrer Zigarette ziehend, erklärte, dass Lara sonst eigentlich immer pünktlich käme und, wenn etwas dazwischenkam, anrief. Auch achte sie stets darauf, sich korrekt an- und abzumelden, wenn Termine außer Haus anstanden. Dass bisher noch niemand ihr Fehlen beanstandet hatte, konnte daran liegen, dass es in den letzten Tagen turbulent zugegangen war. Und wahrscheinlich hatten alle stillschweigend angenommen, sie käme heute noch. Es wäre ja erst halb acht.
    »Und gestern war sie nicht hier?« In Marks Magen ballte sich ein heißer Klumpen zusammen. Irgendetwas stimmte hier ganz entschieden nicht.
    »Gesehen habe ich sie nicht. Morgens hat sie einen Arzttermin gehabt. Ich war aber nicht den ganzen Tag in der Redaktion.« Isabell dachte an ihre Mittagspause mit Tom und spürte die Hitze in ihrem Gesicht. En großer schlanker Mann kam näher.

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