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Ungeschoren

Ungeschoren

Titel: Ungeschoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Ansicht, dass es besser wäre, wenn wir uns um den Fall kümmerten. Es geht ja eigentlich eher um internationale Prostitution als um Gewaltverbrechen. Ein moldawischer Schwimmtrainer wurde während eines Schwimmwettkampfs in Jönköping ermordet. Moldawien hatte zehn Schwimmerinnen für die Wettkämpfe gemeldet, keine von ihnen tauchte auf. Es war ganz einfach eine clevere Methode, Prostituierte nach Schweden einzuschleusen. Dann wurde der Trainer ermordet. Es zeigte sich, dass er ein Zuhälter der gehobenen Sorte war, irgendeine rumänisch-moldawische Mafia. Wir haben gerade eine der Prostituierten gefasst. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie ihn ermordet hat.«
    »Das erinnert mich stark an etwas anderes«, sagte Arto Söderstedt und spürte einen kurzen Augenblick, wie sein alter Europa-Blues ihn durchbebte.
    »Aber komm zur Sache«, sagte Blomdahl brüsk. »Was wollt ihr?«
    »Wer wollte dich denn gestern erreichen?«
    »Paul Hjelm. Aber meine Sekretärin hatte geschrieben ›Internabteilung‹. Ich habe sie zusammengestaucht.«
    »Hjelm arbeitet jetzt in der Internabteilung. Ich habe keine Ahnung, womit er sich befasst. Ich wollte eigentlich Risto Selonen sprechen.«
    »Und das soll ich glauben?«, polterte Blomdahl los. »Von euch in der A-Gruppe habe ich die Nase gestrichen voll. Zwei Jahre habe ich mit Chavez in Sundsvall zusammengearbeitet. Er war ein verflucht lahmarschiger Polizist, der so gut wie nichts anderes getan hat, als in einem zwielichtigen Jazzclub unbegreifliche Musik zu machen. Einwanderer können leider nie gute Polizisten werden. Bei denen fehlt was in der Rübe.«
    »Chavez ist kein Einwanderer«, sagte Arto Söderstedt sanft. »Aber ich bin einer.«
    »Was meine These beweist.«
    »Quod erat demonstrandum.«
    »Saufinne.«
    »Ist Selonen da?«
    Es war eine Weile still. Rickard Blomdahl verschwand.
    Eine neue Stimme erschien und sagte mit finnischem Akzent: »Ja, hier ist Kriminalinspektor Risto Selonen.«
    »Hyvää päivää, mielipuoli«, begrüßte Arto Söderstedt ihn erfreut.
    »Hallo, Arto. Hej.«
    Söderstedt fuhr auf Finnisch fort: »Was für einen reizenden Chef du hast.«
    »Ja, du«, sagte Selonen in derselben Sprache, »ein prächtiger Pfostenschuss. Der reine Wahnsinn. Jetzt beansprucht er auch noch die Ehre für sich, den Moldawierfall gelöst zu haben. Dabei haben zwei andere und ich das Ding geknackt, während er seine Zeit damit verbracht hat, holländische Olympiamedaillengewinner zu belästigen. Suchte Drogen in den Badeanzügen. Er war überzeugt davon, dass es mit Doping zusammenhing. Sein Gedankengang begann bei holländischen Haschischbars und führte via Inge de Bruijn zu moldawischen Drogenrouten. Da verstehst du ungefähr.«
    »Ist er in der Nähe?«
    »Er steht hinter mir. Begreift kein Wort. Mielenvikainen.«
    »Ich habe ein kleines Problem«, sagte Arto Söderstedt, immer noch auf Finnisch. »Hast du noch gute Kontakte nach Helsinki?«
    »Ausgezeichnete sogar.«
    »Wie schnell kannst du Fingerabdrücke eines mutmaßlichen Finnen beschaffen?«
    »Schnell. Sagen wir eine halbe Stunde.«
    »Du machst einen glücklichen Menschen aus mir. Ich maile sie rüber.«
    So geschah es. Aus der halben Stunde wurde eine Dreiviertelstunde, und während dieser Zeit dachte Arto Söderstedt ausschließlich auf Finnisch, selbst als er mit einem hohen Polizeipotentaten schwedisch sprach. Er fand, dass ihm das erlaubte, eine andere Perspektive zu den Dingen einzunehmen. Er dachte: Hjelm, Chavez, Sundsvall, Rassismus. Und er dachte weiter: Was, zum Teufel, machst du da, Paul?
    Er rief ihn an.
    »Hjelm«, sagte die Stimme im Hörer.
    »Tittut«, sagte Söderstedt. »Ich wollte dir nur mitteilen, dass Rickard Blomdahl an seinem Arbeitsplatz ist. Wenn du ihn immer noch sprechen willst.«
    »Arto! Und was verdammich weißt du über Blomdahl und mich?«
    »Was tust du eigentlich, Paul? Ermittelst du gegen Jorge?«
    Schweigen im Hörer. Ekliges, bejahendes Schweigen.
    »Ich kann mich nicht zu laufenden Ermittlungen äußern«, sagte Paul schließlich.
    »Du redest mit mir«, sagte Arto Söderstedt.
    »Zwei Sachen«, sagte Hjelm. »Erstens musst du mir vertrauen. Zweitens musst du schweigen, und zwar absolut.«
    »Und das ist alles?«
    »Am Telefon, ja. Können wir uns heute Nachmittag treffen?«
    »Ja.«
    »Ich komme zu dir«, sagte Hjelm.
    »Ansonsten hörst du dich an, als wärst du gut drauf.«
    »Ich habe eine gute Nacht hinter mir.«
    »Gut in dem Sinn?«
    »Ja.«
    »Ruf Blomdahl an.

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