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Ungeschoren

Ungeschoren

Titel: Ungeschoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Er war einer der ersten richtigen Kerle aus Rågsved an der Polizeihochschule. Einwanderer der zweiten Generation. Ich weiß noch, dass ich dachte: Der ist wichtiger, als wir voraussehen können.«
    »Und dann landete er in Sundsvall?«
    »Das war mein Fehler, fürchte ich. Ich wollte, dass er direkt als Kriminaler anfing. Aber nicht in Stockholm. Er sollte sich in einer halbwegs großen Stadt entwickeln können.«
    »Hattest du Kontakt zu ihm, als er da oben war?«
    »Ich wollte mich nicht zu stark einmischen. Es war besser, wenn er nicht wusste, dass ich ein Auge auf ihn hatte. Ich fragte dann und wann vorsichtig bei seinem Vorgesetzten nach. Zunächst schien alles in Ordnung zu sein, doch nach einem Jahr begann der Vorgesetzte, sich zu winden und um den heißen Brei herumzureden. Ich hatte kein gutes Gefühl mehr bei der Sache und rief schließlich Jorge selbst an. ›Die Musikszene ist gut‹, sagte er. ›Aber …‹«
    »Das schöne alte ›Aber‹.«
    »Ja. Es dauerte eine Weile, es aus ihm herauszulocken. Er hatte Anfeindungen auszustehen da oben. Seitens der Kollegen. Schikane noch und noch. Es reichte offenbar vollauf, dass er klein und dunkelhäutig war. Er bekam nur Scheißjobs. ›Aber ich habe ja das Majls‹, sagte er.«
    »Den Jazzclub Majls«, sagte Hjelm. »Ein Luftloch zum Atmen.«
    »Aber bei den Kollegen nicht besonders geschätzt. Ich meine mich zu erinnern, dass sie einige Razzien durchführten.«
    »Drogenrazzien?«
    »Ich glaube, ja«, sagte Hultin. »Ergebnislos.«
    »Dann ist es wohl tatsächlich ein ehemaliger Kollege. Der sauer darüber ist, wie weit es sein früheres Mobbingopfer gebracht hat.«
    »Aber es ist lange her, dass ihr in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten seid. Dich habe ich als Letzten von allen in die A- Gruppe geholt, und du warst der Held von Hallunda; Jorge, den ich als Ersten ausgesucht hatte, wurde der Tantoheld, als er vor undenklichen Zeiten den Machtmörder stellte.«
    »Es kann ein alter Hass sein, der jetzt wieder aufflammt, weil Jorge mit einer großen und schönen arischen Frau ein Kind hat. Ist es ein Zufall, dass alles jetzt passiert, wo er im Vaterschaftsurlaub ist?«
    »Wohl kaum«, sagte Stina. »Er tut eine Menge Dinge, die ein Einwanderersohn aus Rågsved nicht tun sollte. Vielleicht war das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Vaterschaftsurlaub.«
    »Dann hätten wir es mit einem faschistischen Polizisten aus Sundsvall zu tun, mit dem es abwärts geht? Auf dem Tonband klingt es nicht so. Sieh dir mal die Liste an, die er uns gefaxt hat, Jan-Olov. Sagt dir einer der Namen etwas?«
    Hjelm zog die Faxliste aus dem Aktenkoffer und schob sie Hultin hin. Da kreischte die Silbermöwe auf der anderen Seeseite aus Leibeskräften. Hjelm drehte sich blitzschnell um und stieß dabei gegen die Kaffeetasse, sodass der Kaffee sich über die Liste ergoss. Die Möwe schoss im Sturzflug ins Wasser und schien einen Herzinfarkt erlitten zu haben.
    Möwenherzinfarkt.
    »Scheiße«, sagte Hjelm. Er stand auf, nahm das Blatt vom Tisch und schüttelte den Kaffee ab. Dann nahm er eine Serviette und presste sie auf das Papier.
    »Original?«, fragte Hultin.
    »Aus naheliegenden Gründen habe ich keine Kopien«, sagte Hjelm gereizt und sah auf das Papier. Die Buchstaben schienen in Kaffee zu schwimmen, waren aber noch lesbar.
    Er setzte sich.
    Hultin las.
    »Dies sind also acht Personen, die Jorges Schuld bezeugen können?«, sagte er. »Soll man es so sehen?«
    »Das behauptet er jedenfalls«, sagte Hjelm und untersuchte seinen Armani-Anzug. Zu seiner Überraschung schien der unbefleckt davongekommen zu sein.
    »Scheißmöwe«, sagte er.
    »Sag so etwas nicht«, sagte Stina. »Draußen in den Schären sterben die Möwen wie die Fliegen. Niemand weiß, woran. Wir sollten dankbar sein für jede Möwe, die wir zu Gesicht bekommen.«
    Hjelm konnte die Dankbarkeit über die Möwe nicht ganz nachvollziehen. Sie hatte sich inzwischen erholt und schwamm wieder friedlich auf dem schwarzen Wasser des Sees.
    »Mårdström kenne ich«, sagte Hultin, den Finger auf der Liste. »Der war Jorges Chef bei der Kripo in Sundsvall. Rickard Blomdahl ist inzwischen Kommissar bei der Interpol-Abteilung des Reichskrim. Und ich frage mich, ob nicht auch Bengt Eriksson ein Kollege war. Der Rest sagt mir nichts.«
    »Der anonyme Anrufer weist also auf mindestens zwei Polizisten hin«, nickte Hjelm. »Das lässt eher auf eine interne Geschichte schließen.«
    »Die Sache wirkt

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