Ungezähmt: Die Katze (German Edition)
denke, das wird angenehmer für Euch sein, als
wenn ich Euch eine Tunika überziehe“, sagte der Junge. „Und falls Ihr doch
verloren geht, wird man Euch finden und uns benachrichtigen“, fügte er fröhlich
an.
Gideon war nicht zum
Lachen zumute. Er wollte nichts weiter als mehrere Wochen zu schlafen.
Zwei der Kerle kamen
und hievten ihn auf das schwarze Pferd des Halbwüchsigen.
Zur gleichen Zeit
unterhielten sich der Bursche und der Hüne – er erinnerte sich dunkel, dass er
ihn mit Michael angesprochen hatte – erregt.
In der Tat war Kathryn
ziemlich gereizt.
„Michael, ich bin die
leichteste. Christopher kann ihn nicht halten und ihr seid zu schwer. Wenn ich
aber mit ihm reite und wir die Pferde immer wechseln, haben wir zumindest eine
Chance.“
Michael murrte, er
wollte sie nicht mit Blackmore reiten lassen, aber letztendlich beugte er sich
ihrer Logik. Kein Pferd konnte das Gewicht von zwei ausgewachsenen Männern
tragen und einen Zwei oder Dreitagesritt in nur 30 Stunden bewältigen. Sie aber
war klein und leicht, und auch der abgemagerte Lord Blackmore wog nicht
annähernd so viel wie einer der Männer.
Er schaute sie
eindringlich an. „Und wenn er es herausfindet?“
Sie schob das Kinn vor.
„Er wird nichts merken.“
Gideon konnte nur von
weitem erahnen, dass die beiden sich geeinigt hatten.
Einen Moment lang
fragte er sich, ob man ihn allein reiten lassen würde, als er sah, dass der
Bursche auf ihn zuhielt. Gideon stellten sich die Nackenhaare auf und eine
seltsame Spannung ergriff ihn. Doch der Bursche kraulte dem Pferd zuerst die
Nüstern und verfütterte mit Hingabe einen Apfel an das Tier. Offenbar gingen
ihm nie die Äpfel aus. Dann lehnte er den Kopf an die Blesse, als das Tier ob
der ungewohnten Last nervös wurde.
„Ruhig Dawn. Wir werden
reiten wie nie zuvor. Aber du, mein Mädchen, wirst das alles mit links machen,
nicht wahr? Und wenn du müde wirst, wird Mirror dich ablösen, in Ordnung?“
Als würde das Pferd
antworten.
Für Gideon war es ein
befremdlicher Anblick, nicht nur weil er alles verschwommen wahrnahm. Der
vertrauliche Ton deutete an, dass das Pferd nicht gestohlen war und Gideon
konnte sich einfach nicht vorstellen, wie dieser Bursche an so ein Pferd kommen
konnte.
Aber er konnte seine
Gedanken nicht beenden, denn der Junge trat neben ihn und stutzte kurz. Zuerst
dachte Gideon, irgendetwas an ihm würde nicht stimmen, aber dann rief er über
die Schulter nach Michael, der gleich darauf neben ihn trat.
„Was ist?“
„Ich komm nicht hoch“,
knurrte der Bursche.
Michael
lachte schallend, sah dann aber ein, dass der zierliche Junge nicht um Gideon
herum greifen konnte, um sich hochzuziehen. Er war schlicht zu klein, um allein
aufzusitzen, zumindest solange er sich nicht irgendwo festhalten konnte.
Mit einem amüsierten
Grinsen hob er den Burschen einfach hoch, als wäre er ein Kind, und setzte ihn
hinter Gideon in den Sattel.
Dann rückte er sich so
zurecht, dass er mit seinem Schenkeln Gideon stützen konnte. Der war inzwischen
nach vorn gesunken, irgendjemand hatte das wohl schon geahnt, denn eine
zusammengefaltete Decke polsterte den Rand des Sattels ab. Gideon war erstaunt,
wie fest dieser Hänfling ihn umschloss, er hätte ihm sicher nicht so viel Kraft
in den Beinen zugetraut.
Kathryn ergriff um ihn
herum die Zügel und umfing ihn so.
Dann raunte sie ihm ein
leises „Haltet durch!“ zu und schnalzte mit der Zunge.
Während Gideon langsam
vor sich hindämmerte, setzte sich die Gruppe in Bewegung.
Fasziniert spürte er,
wie der Wind unter das Plaid fuhr und die Enden im Wind flatterten, seine
Wunden würden so recht schnell trocknen und nicht am Stoff festkleben, außerdem
war ihm so nicht so furchtbar heiß.
Gideon verlor jedes
Zeitgefühl, merkte jedoch am Rande, dass man sich, so gut es eben ging, um ihn
kümmerte. Immer wieder hielt der Bursche ihm die Hand an die Stirn, runzelte
daraufhin die eigene und trieb die Gruppe zu noch größerer Eile an.
Gelegentlich konnte er
einen Blick nach vorne werfen, wo Christopher mit den anderen Männern Seite an
Seite ritt. Mirror trabte fröhlich und ohne Last neben ihnen her.
Nach einigen Stunden
hielten sie, um die Pferde zu tränken. Gideon wurde kurz abgelegt und dann
wieder aufs Pferd gehievt. Dieses Mal war es Mirror. Dieses Spiel wiederholte
sich alle paar Stunden: Runter zerren, kurze Pause, Pferd wechseln.
Gideon sah verschwommen
den Wald an ihnen vorbeirauschen, halb wach und halb
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