Ungezähmt: Die Katze (German Edition)
Gasthaus zu kommen. Zugegeben, wenn
das Feuer nicht gelöscht werden konnte, war auch sein Stall in Gefahr. „Fasst
Euch kurz!“, forderte er.
„Hinter dem Wirtshaus
liegt ein toter Mann“, sagte Gideon schlicht und die Augen des Mannes wurden
groß. „Er ist ein guter Freund und ermordet worden. Ich muss den Mörder finden
und habe deshalb keine Zeit, ihn zu beerdigen.“
„Und das soll ich jetzt
tun?“, fragte der Mann zweifelnd.
„Nein“, antwortete
Gideon. „Ich möchte, dass Ihr ihn verbrennt und die Asche aufhebt, damit seine
Familie ihn anständig beerdigen kann. Es wird jemand aus London kommen und sie
abholen.“
Abschätzig musterte der
Besitzer des Stalls ihn. „Woher weiß ich, dass nicht Ihr ihn getötet habt?“
„Ja, klar, und
anschließend schieße ich mir selbst in den Rücken“, erwiderte Gideon trocken.
Mit einem verlegenen
Räuspern beugte er sich seiner Logik. „Das klingt logisch.“
Gideon nickte und
drückte ihm einige Münzen in die Hand. Erstaunt, dass es so viele waren,
starrte der Mann in seine Hand und schaute dann wieder Gideon an. „Das ist zu
viel“, sagte er dann perplex.
„Nein“, erwiderte
Gideon. „Es ist wichtig. Ich konnte ihn nicht retten, dann muss wenigstens das
getan werden. Werdet Ihr es tun?“
Der Mann nickte. „Ja,
mein Herr. Mit aller Ehrfurcht vor Eurem toten Freund.“
„Danke“, sagte Gideon
schlicht. „Ich muss jetzt los, sonst entwischt mir der Schurke.“
Innerhalb
einer Stunde hatte er Hastings verlassen und versuchte, so schnell wie möglich
nach Gilbrand zu kommen.
Kapitel
2
Seit sechs Tagen schon
war Gideon jetzt unterwegs nach Norden. Seine Kleidung stank zum Himmel und war
über und über voll mit Schlamm. Er war durchgefroren und hatte seit Tagen kaum
gegessen, seine Brandblasen und die Wunde an der Schulter fingen an zu eitern
und er hatte Fieber.
Mirror, sein Pferd, war
zwar ausdauernd, aber sie beide hatten dann und wann einfach ein paar Stunden
Pause gebraucht.
In London hatte er kurz
halt gemacht, bei einem Freund, hatte sich die Wunden reinigen und verbinden
lassen und eine ganze Nacht geschlafen. Doch er konnte nicht dort bleiben und
sich auskurieren mit dem Wissen, dass ein Unschuldiger hinterrücks gemeuchelt
werden sollte. Also war er wieder aufgebrochen und jetzt…
Jetzt bereute er die
Entscheidung. Der Ritt war einfach zu viel gewesen, die Wunden heilten nicht,
das Fieber stieg und er war völlig erschöpft. Nachdem er Stephen für sein
unbedachtes Handeln getadelt hatte, war er selbst kopflos aufgebrochen und
jetzt ein leichtes Opfer. Seine Intelligenz hatte ihn hängen lassen.
Das Wetter auch. Regen
und Sturm hatten sich abgewechselt, für Frühsommer war es einfach ziemlich
ekelhaft.
Je näher er der Grenze
kam, desto weiter fühlte er sich zurückgesetzt. Er wusste, auf The Rock war es
dann fast wieder wie im Mittelalter, während in London und südlicher schon
sowas wie Zivilisation eingezogen war.
Der
Schwäche nachgebend hatte er im letzten Weiler Rast gemacht und war ins
Wirtshaus eingekehrt. Er hatte sich ein einfaches Mahl gegönnt, aber auch
dieses nur hastig in sich hineingeschlungen. Dann hatte er sich eilig
gewaschen, aber recht schnell aufgegeben, da das Wasser in den Wunden brannte
wie Feuer. Der Wirt versicherte ihm, dass er nur noch zwei Tagesritte von
Gilbrand entfernt war und wies ihm den Weg. Und noch etwas hatte er erfahren:
Harold war vor zwei Tagen hier vorbei gekommen.
Gott, er war sicherlich
nicht verweichlicht und seine eigene Feste war fast in der Nähe, aber das raue
Klima und die Wunden, dazu kein Schlaf, machten einem schon zu schaffen.
Der
ständige Wind ließ ihn frösteln, obwohl es durchaus warm war, zumindest solange
die Sonne schien. Seine Kleider, ständig durchnässt und dann wieder getrocknet,
vollgeschwitzt und voller Staub, würden inzwischen wohl auch ohne ihn darin
aufrecht stehen.
Und während er wieder
aufbrechen wollte, fiel ihm auf, dass er keine Ahnung hatte, was er tun wollte,
wenn er Gilbrand Castle erreichte. Und wie konnte er sicherstellen, dass ihn
nicht auch Stephens Schicksal ereilte? Er konnte ja schlecht auf die Burg
reiten, den Burgherren suchen, und wenn er auf Harold traf, wieder
verschwinden. Wenn Harold Stephen hatte töten lassen, und auch für den Anschlag
auf ihn verantwortlich war, was sollte ihn dann daran hindern, sich eines
Halbwüchsigen zu entledigen? Wer, wenn nicht er, sollte den Jungen retten?
Er zögerte
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