Ungezähmt: Die Katze (German Edition)
du musst sie finden, bevor Harold es tut.“
Gideon konnte nur
nicken, ein dicker Kloß saß in seinem Hals fest.
„Versprich mir…“Stephen
hustete, und Gideon bemerkte, dass seine Atemzüge immer schwächer wurden.
„Finde sie. Bring sie
beide in Sicherheit. Und Cat...“ Wieder musste er husten und Gideon spürte, wie
ihn das Leben verließ. „Beschütze sie … mit deinem … Leben.“
„Nein,
Stephen, komm zurück…“ Gideons Stimme brach. Wie hatte das nur alles so aus dem
Ruder laufen können? Er war doch gekommen, um zu helfen! Er hatte versagt und
jetzt musste er einen Freund begraben und ein Kind retten. Tränen brannten in
seinen Augen und er war sich nicht sicher, dass die vom Rauch herrührten.
Stephens Tod war so
sinnlos!
Gideon war starr vor
Entsetzen. Im Krieg hatte er viele Menschen sterben sehen. Doch einen Freund zu
verlieren war immer noch schmerzhaft.
Plötzlich bemerkte er,
dass er noch immer Stephens Hand hielt und dass in dieser etwas Hartes lag. Er
schien es ihm hatte geben wollen.
Er löste sachte die
Finger und fand Stephens Siegelring.
Das war kein Unfall
gewesen. Jemand hatte Stephen ein Messer in den Leib gerammt, jemand der davon
Ahnung hatte. Stephen hätte auch ohne das Feuer nicht die geringste Chance
gehabt.
Und das Feuer war auch
kein Zufall. Es sollte die Umstände von Stephens Tod vertuschen, eine
hinterhältige und feige Tat.
Wut erfasste ihn und
spülte in einer gewaltigen Woge über ihn hinweg. Er würde Stephens Tod rächen.
Natürlich musste er
erst das Kind aufspüren und sich um diesen Cat kümmern. Aber nun gut. Er würde
also umgehend aufbrechen…
Ein scharfer Schmerz
durchfuhr ihn an der Schulter und unterbrach seine Planungen.
Irritiert sah er an
sich herab und runzelte die Stirn. Da war eine Pfeilspitze. Also, wenn man es
genau bedachte, steckte ein ganzer Pfeil in seiner Schulter.
Glatter Durchschuss,
stellte er fest und ließ sich auf die Seite fallen. Wenn derjenige, der Stephen
erstochen hatte, auch auf ihn geschossen hatte, war es sicher klüger, wenn er
tot aussah.
Wobei, es tat wirklich
weh, dachte er, während er wartete. Die Wunde pochte unangenehm, das Blut
rauschte in seinen Ohren, und er spürte, wie ihm kurz schwarz vor Augen wurde.
Er zwang sich, ruhig zu atmen und möglichst tot auszusehen. Wenn der Schütze
näher käme, würde er ohnehin sehen, dass er lebte, und ihm das Licht ausblasen.
Andererseits war um ihn herum ein heilloses Durcheinander, vielleicht scheute
der Schütze die allgemeine Aufmerksamkeit.
Er wartete
und zählte bis hundert, während er versuchte, nicht das Bewusstsein zu
verlieren. Und noch einmal.
Aber nichts geschah.
Natürlich, bei der Menschenmenge um ihn herum würde es auch auffallen, es gäbe
Zeugen, und dann hätte sich der feige Meuchelmord an Stephen, samt dem Feuer
zum Vertuschen, nicht gelohnt. Verstohlen blickte er sich um und nach einer
Viertelstunde machte sich schließlich klammheimlich vom Acker. Er hatte noch
eine weite Reise vor sich und war verletzt, außerdem waren die meisten seiner
Habseligkeiten futsch.
Erleichtert stellte er
fest, dass zumindest sein Pferd noch in dem Mietstall stand und seine
Satteltaschen noch da waren.
Seine Vorsicht machte
sich bezahlt, auch wenn er es gedanklich verfluchte, recht zu behalten. Der
Stalljunge starrte irritiert auf den Pfeil und Gideon zuckte zusammen. „Hol mir
bitte den Stallbesitzer“, bat er matt.
Der Bursche flitzte
davon und Gideon griff in das Geheimfach der Satteltaschen. Bevor er aufbrechen
konnte, hatte er noch eine letzte Aufgabe zu erledigen. Er ließ die Münzen in
seine Tasche gleiten und wartete auf den Stallbesitzer.
Der kam gleich darauf
mit hochroten Wangen und außer Atem durch das Tor.
„Mein Herr“, keuchte
er. „Timmy sagte, Ihr wärt verletzt.“ Sein Blick blieb an dem vermaledeiten
Pfeil kleben. „Oh, ja“, sagte er dann. „Kommt, ich ziehe ihn raus, aber ich
muss mich beeilen, die Gaststube brennt.“
Gideon brach die Spitze
ab und drehte dem Mann den Rücken zu. „Seid Ihr ein gottesfürchtiger Mann?“,
fragte er, während er auf den Schmerz wartete.
Der Mann legte die Hand
auf die Wunde und Gideon zuckte zusammen.
„Natürlich“, sagte er
dann und zog mit einem Ruck an dem Schaft.
Gideon stöhnte auf.
Verdammt. Er konzentrierte sich und versuchte, den Schmerz zu ignorieren.
„Ihr müsst etwas für
mich tun“, sagte er.
Der Mann schaute ihn ungeduldig
an. Offenbar hatte er es eilig, zurück zum
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