Ungezähmt: Die Katze (German Edition)
umzudrehen und zur Tür
hinauszugehen.
Er wusste, wenn er
jetzt nicht ging, würde er es nicht schaffen, sich von ihr zu trennen und er
würde sich furchtbar erniedrigen, wenn er in Tränen ausbrach.
Kapitel 10
Als Kathryn erwachte,
war die Sonne schon längst aufgegangen. Noch benebelt von der letzten Nacht,
starrte sie eine Weile an den Betthimmel. Der Duft ihres Liebesspiels lag noch
in der Luft und die Laken verströmten seinen ureigenen Geruch. Gott, wie sie
ihn liebte.
Sie schreckte auf.
Er war fort.
Natürlich war er fort,
er kämpfte um das Erbe ihres Bruders.
In diesem Moment hasste
sie die Schwangerschaft. Normalerweise würde sie nicht so lange schlafen.
Und normalerweise hätte
sie nach einer solchen Nacht Hunger, aber stattdessen stand ihr die Galle im
Hals. Auf ihre Nacktheit pfeifend sprang sie aus dem Bett und erreichte in
letzter Sekunde die Waschschüssel.
Rasch zog sie sich an,
um in die Halle zu gehen. Bereits auf der Treppe kam ihr der Geruch des
Morgenmahls entgegen und ihr Magen rebellierte erneut.
Sie versuchte, sich
zusammenzureißen und setzte sich an die Tafel. Diejenigen, die auf der Burg
geblieben waren, begegneten ihr mit Respekt, schließlich war sie in Gideons
Abwesenheit das Maß der Dinge. Er hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass sie
hier das Sagen haben würde. Wie eine Königin beobachtete sie das Treiben in der
Halle von ihrem Podest aus, während sie an einem trockenen Stück Käse knabberte.
Die Menschen um sie
herum versuchten, so normal wie möglich zu wirken, jeder verrichtete seinen
Dienst und doch war die Spannung zu spüren. Die Menschen hier hatten Angst. Sie
wusste, dass Gideon keine näheren Verwandten mehr hatte, also vermutete sie,
dass diese Angst nicht direkt ihr galt, sondern eher, dass die Leute nicht
wussten, wer, sollte Gideon seine Mission nicht überleben, seinen Platz
einnehmen würde.
In den letzten zehn Jahren
war die Feste erst von Gideons Vater, der wahrlich kein netter Geselle gewesen
war, und danach von seinem Bruder geführt worden. Der war, so hatte man ihr
erzählt, ein steifer und unterkühlter Mensch gewesen, der weder Sinn für Humor
noch Kameradschaft ausgestrahlt hatte. Er war nicht grausam oder ungerecht
gewesen, keineswegs, aber mit anderen Menschen schien er nicht recht warm
werden zu wollen. Außerdem hatte er strikt auf Etikette geachtet und das hatte
die Zusammenarbeit der Burgbevölkerung doch eher zur Pflichtübung werden
lassen.
Seit Gideon der
Burgherr war, ging es etwas lockerer zu. Zwar gab es noch immer eine klare
Trennung zwischen Obrigkeit und Gesinde, doch der Ton war freundlicher und in
harten Zeiten war Nachsicht kein Fremdwort mehr. Gideon war seit langem der
angenehmste Herr seit langem, obwohl er es nicht an Konsequenz missen ließ,
wenn etwas gravierend schief lief.
Sie ließ ihre Gedanken
dahintreiben und sinnierte über ihren Mann nach, der, mit jeder Minute, die er
weg war, noch attraktiver zu werden schien. Das war gefährlich. Keinesfalls
wollte sie ihn idealisieren, denn er war auch nicht ohne Fehler.
Sein Besitzdenken zum
Beispiel. Seine Sturheit. Ihre Kaubewegungen wurden langsamer. Dass er sie
nicht liebte.
Ihre Kaubewegungen erlahmten
völlig. Schließlich stand sie auf und drehte sich nach einem Lakaien um. „Wo
ist Agnes?“ fragte sie kurz angebunden. Der deutete Richtung Küche und Kathryn
raffte die Röcke.
„Agnes? Auf ein Wort!“
Noch im Satz lief sie an der Frau vorbei und durch die Hintertür in den Garten.
Agnes folgte ihr
verdutzt und wurde dann Zeuge, wie Kathryn sich völlig unwürdig auf den
Komposthaufen erbrach. Ein kleines Lächeln stahl sich in ihr Gesicht.
„Ist es das, worüber
Ihr mit mir sprechen wollt? Das verschwindet bald von allein.“
Kathryn nickte und
schniefte. Einfach widerlich! Sich zu übergeben, ekelte sie so dermaßen an,
dass ihr davon schon wieder speiübel wurde.
Agnes reichte Kathryn
ein Tuch, das sie vorher im Regenfass angefeuchtet hatte. Dankbar wischte sich
Kathryn das Gesicht ab. Gleich darauf saß sie mit Agnes im Garten, einen Becher
Pfefferminztee in der Hand, und knabberte an einem trockenen Brotkanten.
Steinhart, aber er half.
Der scheußliche
Geschmack verschwand, und je länger sie knabberte, desto weniger wurde die
Übelkeit.
Erstaunt schaute sie
auf das Stück Brot.
„Ich hätte nicht
gedacht, dass es so einfach ist“, stellte sie verwundert fest.
Agnes lächelte. „Auch
Kleinigkeiten zeigen manchmal Wirkung. Habt Ihr
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