Ungezähmt: Die Katze (German Edition)
Rock
und Bluse, oder Rock und Tunika, hatte sie sich mittlerweile gewöhnt.
Aus Wochen wurden
Monate, und mit ihrem Bauch wuchs auch Kathryns Melancholie. Zumindest war ihr
nicht mehr übel, immerhin.
Aber Gideon fehlte ihr
furchtbar.
Sie schleppte sich nur
noch zu den „Pflichtveranstaltungen“: Morgens in die Halle, dann den
Tagesablauf besprechen, Mittag, ab in den Garten. Am späten Nachmittag kamen
dann die Frauen der Burg dazu, nach ein-zwei Stunden bereiteten diese dann das
Abendmahl vor. Nach dem Abendmahl zog Kathryn sich dann zügig zurück.
Christopher hatte die
Nachricht, dass er bald Onkel würde, zu kleinen Freudensprüngen gebracht. Nun,
zumindest seine Reaktion war positiv gewesen. Hoffentlich sah Gideon das
genauso. Da sie ihren Bauch inzwischen nicht mehr verstecken konnte, wussten
nun alle Bewohner der Burg Bescheid. Meist trug sie einen weiten Rock und eine
Tunika, mit einem Band unter dem Bauch gerafft damit sie keine kalten Nieren
bekam, ein weiterer von Agnes guten Ratschlägen.
Inzwischen waren ganze
drei Monate ins Land gezogen.
Aber noch immer hatte
sie es nicht geschafft, Gideon davon zu berichten. Jede Woche antwortete sie
ihm und schrieb ihm von Gott und der Welt, von Christophers Fortschritten und
dass Beatrice und Michael es immer noch nicht geschafft hatten, sich näher zu
kommen.
Und jedes Mal starrte
sie auf die geschrieben Zeilen und überlegte, wie sie ihm bloß verklickern
konnte, dass er in nicht mal mehr allzu langer Zeit Vater werden würde. Großer
Gott, nicht mal mehr drei Monate!
PS: Du bist bald
Papa – wie bald? – ach, so in zehn Wochen etwa…
Sie schnaubte
verzweifelt auf. Lächerlich!
Und so schrieb sie nur: Sei zum Julfest zuhause!
Und fast so groß wie
ihre Angst, es ihm zu erzählen, war die Angst, das Kind alleine zu bekommen.
Nachdem sie so lange alles allein getan hatte, wollte sie seine Hilfe jetzt.
Sie brauchte seine Kraft für die Geburt und seine Liebe, damit aus ihnen eine
echte Familie werden könnte.
Gideon verengte die
Augen zu Schlitzen. Irgendetwas tat sich in der Burg. Schon seit gestern Abend
waren die Besetzer in Aufruhr, und er hatte keine Ahnung, was diesen verursacht
hatte. Wollten sie aufgeben?
Es war bereits Ende
November und wenn er, wie seine Gattin es forderte, zu Weihnachten zuhause sein
wollte, wurde es wirklich Zeit.
Er blickte sich um und
entdeckte eine bewaldete Hügelkette im Norden. Vielleicht konnte er von dort
mehr sehen. Die Männer hatten die Burg umstellt und gewartet, gewartet und
weiter gewartet.
Mittlerweile hatte er
sogar begonnen, den Zufluss zum Burggraben zu drosseln. Nicht, um der Burg
wirklich das Wasser abzugraben, sondern weil einige seiner Leute an der Mauer
arbeiteten und diese unter der Wassergrenze wesentlich weicher und brüchiger
war. Sie würden also nur einen halben Meter ablassen und dann später, wenn der
Tunnel oder Durchbruch fast fertig war, noch einmal einen Meter.
Er schielte hinüber zu
dem mit schweren, angefeuchteten Holzdielen abgedeckten Steig, der die Arbeiter
vor Beschuss schützen sollte.
Da drin ging etwas vor,
und er sollte verflucht sein, wenn es etwas Gutes war. Sein untrügliches Gespür
für Ärger schrillte lauter denn je, er wusste nur noch nicht, woher der Ärger
kommen würde.
Noch einmal schaute er
zu der Hügelkette und fällte dann eine Entscheidung. Er betrat sein Zelt und
wühlte in seinem Beutel. Ah, da war es ja.
„Was ist das?“, fragte
Gordon interessiert, als er mit dem kleinen Gerät aus dem Zelt trat. Er hatte
es sich nicht nehmen lassen, an der Belagerung teilzunehmen, schließlich gab es
da noch eine Rechnung zu begleichen.
„Ein Fernglas“,
erklärte Gideon. „Ich habe es in London von einem Händler aus dem Orient
gekauft.“
Gordon nickte. „Ich
habe schon davon gehört, dass es solche Geräte gibt. Aber nicht davon, dass man
damit durch die Mauern spähen kann.“
Gideon lachte. „Nein,
kann man auch nicht, aber wenn man weit genug oben ist“, er deutete auf den
Hügelkamm, „kann man vielleicht von oben hineinschauen.“
Gordon legte den Kopf
schief. „Soll ich Euch begleiten? Die Spitze ist schon McEnroys Land und dort
treiben sich seltsame Gestalten herum. Sie sind komisch, was ihr Land angeht.“
„Nein“, wehrte Gideon
ab. „Ich bleibe nicht lange, bis ihnen auffällt, dass ich da bin, bin ich auch
schon wieder weg.“
Gordon grinste. „Wie
Ihr wünscht, Mylord.“
Das ungute Gefühl im
Bauch, machte er sich auf den
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