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Ungezaehmte Leidenschaft

Ungezaehmte Leidenschaft

Titel: Ungezaehmte Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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»Irgendwie muss sich das Ding öffnen lassen.«
    Er streifte seine Handschuhe ab und strich mit der Fingerspitze über die kunstvoll gearbeitete Rarität.
    »Ich dachte, Sie wollten es zerschmettern«, sagte Virginia.
    »Ich möchte es wenn möglich intakt lassen, um es zu studieren. Meines Wissens hat es noch niemand geschafft, einer toten Materie wie Glas Energie zuzuführen, deren Strömungen mechanisch aktiviert werden können. Ein außerordentliches Gebilde.«
    »Vielleicht können Sie Ihre Untersuchung ein anderes Mal durchführen?«, schlug sie ungehalten vor. »Ich kann diesen Zustand nicht beliebig lange aufrechterhalten.«
    »Ma’am?«, rief Becky flehentlich.
    »Wir sind da, Becky«, rief Virginia zurück. »Mr. Sweetwater, wenn Sie nichts dagegen haben?«
    Owens Finger glitten über das Wagendach, ertasteten winzige Scharniere. »Ich hab’s«, sagte er.
    Das Dach schwang auf. Er griff ins Innere. Sekunden später verstummte das Ticken. Die Energieströme, die Virginia neutralisiert hatte, erloschen. Vorsichtig entspannte sie ihre Sinne.
    »Ein Standardmechanismus.« Owen richtete sich auf. »Man hält den Wagen an, wie man eine Uhr anhält. Kommen Sie, suchen wir das Mädchen.«
    Virginia war schon in Bewegung und schritt, die Lampe hochhaltend, an einer Reihe dunkler Zellen vorüber.
    »Becky?«, rief sie. »Wo sind Sie?«
    »Verdammt«, murmelte Owen und lief ihr eilig nach. »Vorsicht, Virginia. Man muss mit weiteren Fallen rechnen.«
    Vage nahm sie wahr, dass er ihren Vornamen benutzt hatte, als wären sie alte Freunde und sich nicht nahezu fremd, doch sie verwendete keinen weiteren Gedanken daran. Vor einer schweren eisenbeschlagenen Holztür blieb sie stehen. Die kleine Öffnung in der Tür war vergittert. Ein verängstigtes junges Mädchen, nicht älter als vierzehn oder fünfzehn, starrte sie an, die Eisenstäbe umklammernd. Seine tränennassen Augen waren vor Angst weit geöffnet.
    »Sind Sie verletzt?«, fragte Virginia und stellte sich und Owen vor.
    »Nein, Ma’am. Es ist wundervoll, dass Sie kommen. Wer weiß, was mit mir passiert wäre.«
    Owen holte seinen Dietrich hervor. »Gleich holen wir Sie heraus.«
    »Was ist geschehen?«, fragte Virginia leise.
    Becky zögerte. »Ich kann mich kaum erinnern. Ich stand an meiner Ecke vor einer Kneipe. Eine vornehme Kutsche hielt an. Ein stattlicher Gentleman beugte sich heraus und sagte, ich sei ein hübsches Mädchen. Er wollte mir doppelt so viel wie üblich zahlen. Ich stieg ein, und dann weiß ich nichts mehr, bis ich an diesem grässlichen Ort erwachte. Lange rief und rief ich, aber niemand antwortete. Als ich gerade aufgeben wollte, hörte ich Sie und Ihren Freund.«
    Owen öffnete die Tür und trat zurück. »Kommen Sie, Becky. Wir haben hier genug Zeit vertan.«
    Becky stürzte aus der Zelle. »Danke, Sir.«
    Owen gab keine Antwort. Sein Blick war auf den Steinboden gerichtet. Virginia spürte die Bewegung dunkler Energie in der Luft und wusste, dass er sein Talent, wie immer es beschaffen sein mochte, eingesetzt hatte.
    »Interessant«, sagte er.
    »Was ist es?«, fragte sie.
    »Das könnte die Stelle sein, wo Hollister der Person begegnete, die ihm das Messer in die Brust stieß.«
    Er sprach ganz leise, aber Virginia wusste, dass Becky nicht zuhörte. Das Mädchen wollte nichts anderes als hinaus aus dem Tunnel.
    »Sie können solche Dinge sehen?«, fragte Virginia.
    »Ich kann sehen, wo die Mörderin stand, als sie die Tat beging«, sagte Owen.
    »Eine Frau hat ihn getötet?«
    »Ja. Mehr noch, sie war wahnsinnig.«
    »O Gott. Lady Hollister.«

2
    Owen war klar, dass er kein Recht hatte, wegen Virginias überaus wachsamer Haltung beleidigt zu sein. Schließlich war er ein Sweetwater. In der Regel waren Frauen entweder fasziniert von den Männern seiner Familie, oder sie fühlten sich abgestoßen. Einen Mittelweg gab es selten. Aber in welche Gruppe sie fallen mochten – Frauen hielten die Sweetwater-Männer intuitiv für gefährlich. Laut seiner Tante Marian, einem Aura-Talent, bewirkte die Aura der Sweetwater-Männer, dass empfindliche Menschen, ob mit oder ohne Talent, ein unbehagliches Gefühl überkam.
    Virginias Misstrauen hatte ihn völlig unerwartet getroffen. Er war ein hoffnungslos romantischer Narr. Enttäuscht nahm er wahr, dass er tatsächlich ziemlich niedergeschlagen war. Aber er war selbst schuld, da er zu einer falschen Taktik gegriffen hatte. Rückblickend erkannte er, dass es ein Fehler gewesen war, sich als

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