Ungezaehmte Nacht
bin?«
Sie rieb ihr Gesicht an seiner Brust. »Ich brauche keinen Schutz vor einem Mann, der mich liebt. Ich werde niemals Schutz vor dir benötigen.« Ihre schläfrige Stimme war so weich und verführerisch, dass sie ihm unter die Haut ging und sich um sein Herz zu legen schien. »Ich bin so müde, Nicolai. Vielleicht können wir später weiterreden. Ich habe vorhin Theresa und Violante gesehen. Beschütze sie und Francesca auch! Ich hätte sie warnen sollen.«
Er blickte auf ihr Gesicht und die langen Wimpern herab, die wie zwei Halbmonde auf ihren Wangenknochen lagen. Ihr Verantwortungsbewusstsein war tief in ihr verwurzelt. »Die Hauptmänner und ihre Gattinnen werden hier im Palazzo übernachten. Ich bin fest entschlossen herauszufinden, was genau geschehen ist.« Nicolai küsste Isabella auf die Schläfe. »Schlaf jetzt, piccola! Ruh dich einfach nur aus, und glaub mir, wenn ich dir sage, dass die anderen hier völlig sicher sind.«
Während er darauf wartete, dass sie einschlief, fiel ihm auf, dass auf den Gängen draußen weder Kettenrasseln noch Geheul zu hören war. Selbst die Gespenster und ruhelosen Seelen wollten sie nicht stören. Als er überzeugt war, dass Isabella schlief, verließ er sie, um seine Ermittlungen zu beginnen.
Sie schlief jedoch nur kurz. Albträume suchten sie heim und rissen sie trotz ihrer gewaltigen Erschöpfung aus dem Schlaf. Sie brauchte Gesellschaft. Und sie musste auch nach ihrem Bruder sehen.
Leise öffnete sie die Tür zu Luccas Zimmer und registrierte erstaunt, dass Francesca erschrocken von seinem Bett zurückfuhr und dass sich zwei rote Flecken auf ihren Wangen bildeten. Ihre Augen hatten einen auffallenden Glanz. Verwundert blickte Isabella von einem zum anderen. »Ist alles in Ordnung? Geht es Lucca besser?«
»Er hält sich gut«, antwortete Francesca, die nicht weit entfernt vom Bett hin und her zu gehen begonnen hatte.
» Grazie , Francesca. Ich weiß es wirklich sehr zu schätzen, dass du an meiner Stelle die Nacht über bei Lucca gewacht hast. Er sieht schon besser aus.« Isabella strich ihrem Bruder über das wellige Haar, das sein Gesicht umrahmte. »Hat er geschlafen?«
»Ich bin wach und bei Verstand, Isabella«, erinnerte Lucca sie. »Also sprich nicht von mir, als wäre ich ein bambino , das nichts mitbekommt.«
»Du benimmst dich aber wie ein bambino «, tadelte Francesca ihn. »Er weigert sich, seine Medizin zu nehmen, ohne vorher nach jedem einzelnen Kraut zu fragen, das sich in dem Tee befindet.« Sie verdrehte die Augen. »Er hat keine Ahnung, was gegen welche Beschwerden hilft, aber er besteht darauf, dass ich ihm alles genauestens erkläre, nur um mein Wissen zu testen«, berichtete sie mit einem bösen Blick auf ihn.
Lucca nahm Isabellas Hand und versuchte, so bedauernswert wie möglich auszusehen. »Wer ist diese machthungrige bambina , die du mir ans Bett gesetzt hast? Sie schikaniert mich, Isabella.«
» Bambina? «, schnaubte Francesca und funkelte ihn entrüstet an. »Du bist das bambino , das Angst vor jedem bisschen Medizin und Salbe hat. Du glaubst, weil du ein Mann bist, könntest du meine Autorität infrage stellen, doch in Wahrheit bist du schwächer als ein Säugling und kannst ohne mich nicht mal eine Tasse in den Händen halten.«
Lucca schüttelte den Kopf und sah zu Isabella auf. »Sie legt ihre Arme um mich und benutzt meine Krankheit als Vorwand, um mir nahe zu sein.« Dann zuckte er achtlos mit den Schultern. »Aber da ich ja an weibliche Avancen gewöhnt bin, kann ich es verkraften.«
Francesca schnappte empört nach Luft. »Du … du arroganter Kerl! Falls du glaubst, mich durch deine absurden Wahnvorstellungen loszuwerden, bist du schwer im Irrtum. Und ich werde mich auch nicht von deiner schlechten Laune vertreiben lassen. Ich habe deiner Schwester mein Wort gegeben, dass ich dich pflegen werde, und das Wort einer DeMarco ist Gold wert.«
Angesichts ihrer wütenden Miene zog Lucca nur blasiert eine Augenbraue hoch. »Statt so viel unsinniges Zeug daherzureden, könntest du mir helfen, mich aufzusetzen.«
»Klar helfe ich dir dabei«, stieß Francesca zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Doch du könntest dabei auch auf dem Boden landen.«
Seine lachenden Augen taxierten ihre zierliche Gestalt. »Sagt ein kleines Ding wie du? Ich bezweifle, dass du mir auch nur helfen kannst, mich hinzusetzen. Isabella ist viel robuster. Ich glaube, ich brauche sie dazu.«
»Hör auf, sie aufzuziehen, Lucca!«, befahl
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