Ungezaehmte Nacht
hierhergebracht werden, damit ich ihn gesund pflegen kann.«
»Ich werde keine Einmischungen Eures Bruders dulden. Er würde nicht wollen, dass Ihr Euer Leben gegen das seine eintauscht. Er muss glauben, dass unsere Verbindung auf gegenseitiger Zuneigung beruht.«
Nach allem, was sie durchgemacht hatte, war Isabellas Erleichterung so groß, dass sie befürchtete zusammenzubrechen. Tränen verengten ihr die Kehle und stiegen ihr in die Augen, und deshalb wandte sie sich schnell ab, um ins Kaminfeuer zu starren, damit der Don ihre Schwäche hoffentlich nicht bemerkte. Dann wartete sie, bis sie sicher war, dass sie ihre Stimme wieder unter Kontrolle hatte.
»Wenn Ihr meinen Bruder rettet, werde ich keine Zuneigung für Euch vortäuschen müssen, Don DeMarco, weil sie echt sein wird. Ich habe Euch mein Wort gegeben. Bitte veranlasst alles Nötige! Jede Minute zählt, da Luccas Gesundheitszustand sich rapide verschlechtert und Don Rivellio Befehl gegeben hat, ihn am Ende dieses Monats hinzurichten.« Sie ließ sich auf ihren Stuhl zurücksinken, um nicht wie ein Häufchen Elend auf dem Fußboden zusammenzubrechen.
»An Eurer Stelle, Signorina Vernaducci, würde ich keine Versprechungen machen, die Ihr nicht halten könnt. Ihr habt Euren Bräutigam noch nicht gesehen.« Eine harte, unerbittliche Warnung lag in seiner plötzlich grimmigen Stimme.
Und dann trat er vor – sie fühlte mehr, dass er sich bewegte, als es zu hören –, aber sie wandte den Blick nicht von dem Feuer ab. Plötzlich wollte sie ihn nämlich doch nicht sehen, sondern allein sein, um sich Zeit zu geben, ihren Mut und ihre Kraft wiederzufinden. Aber ihre Beine waren viel zu zittrig, um sie aus DeMarcos Zimmer hinauszutragen. Er trat an den Rand ihres Gesichtsfeldes, groß und muskulös, ein kräftiger, gesunder Mann, und hob den Arm, um den Falken zu einer vom Feuer weit entfernten, in einer Nische eingebauten Sitzstange fliegen zu lassen. Und dann kam er auf Isabella zu. Während er sich ihr näherte, registrierte sie, wie lautlos, schnell und fließend seine Bewegungen waren.
Er griff nach der kleinen Teekanne auf dem Tisch zwischen den beiden Stühlen, und für einen schrecklichen Moment sah Isabella eine mächtige Löwenpranke mit gefährlich langen, scharfen Krallen. Sie blinzelte erschrocken, und die Pranke, ein Trugbild ihrer verängstigten Fantasie, wurde zu DeMarcos Hand. Sie sah zu, wie er den Tee in zwei Tassen einschenkte und ihr eine reichte.
»Trinkt das! Danach werdet Ihr Euch besser fühlen.« Seine Stimme war schroff, als bereute er schon diese kleine Freundlichkeit.
Als sie ihre Hände dankbar um die heiße Tasse schloss, streifte sie versehentlich mit den Fingerspitzen seine Haut. Bei dieser flüchtigen Berührung schienen Blitze durch ihren Körper zu schießen, die ihn zum Prickeln und ihr Blut zum Sieden brachten. Erschrocken fuhr sie beinahe vor ihm zurück, und ihr schockierter Blick flog hoch zu seinem.
KAPITEL DREI
I sabella starrte in Augen, die wie aus flüssigem Bernstein waren. Faszinierende Augen, die Augen einer Katze. Wild, geheimnisvoll und fesselnd, glühten sie von einem Gefühl, das Isabella nicht bestimmen konnte. Seine Pupillen waren sehr hell und von ungewöhnlich ovaler Form. Trotzdem hatte sie noch immer das Gefühl, diese Augen schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Sie waren ihr nicht völlig fremd, und der Gedanke entspannte sie ein wenig, und ein kleines Lächeln erschien um ihren Mund.
Plötzlich legte sich seine Hand um ihr Kinn und zwang sie, seinem eindringlichen Blick auch weiter standzuhalten. »Schau deinen Bräutigam an, Braut! Sieh dir gut den Handel an, den du gemacht hast!«, sagte er mit jenem tiefen, grollenden Unterton in der Stimme, der Isabella schon vorher aufgefallen war.
Sie gehorchte und begann, ihn prüfend zu betrachten. Sein Haar, im Nacken zusammengebunden, war dicht und von einer eigenartigen Farbe. Lohfarben, golden fast, umrahmte es sein Gesicht und reichte ihm bis über die Schultern, wo es sich verdunkelte, bis es so schwarz und glänzend wurde wie der Flügel eines Raben. Das Bedürfnis, diese üppige, dichte Fülle zu berühren, war so stark, dass Isabella tatsächlich die Hand hob und sehr sachte, in einer schon fast zärtlichen Berührung, darüberstrich.
Aber er packte sie in einem harten, unerbittlichen Griff am Handgelenk, und sie konnte das Zittern spüren, das seinen kraftvollen Körper durchlief. Seine Augen flackerten gefährlich und beobachteten sie mit
Weitere Kostenlose Bücher