Ungezaehmte Nacht
meiner Mutter, der ein kleines Vermögen wert ist. Und meine Stute, die aus einer guten Zucht stammt. Und ich selbst bin eine gute Arbeiterin. Ihr mögt vielleicht nicht glauben, dass ich Euch die gleiche Loyalität entgegenbringen würde, doch im Austausch für das Leben meines Bruders werde ich hart für Euch arbeiten. Da ich schon unser Haus geführt habe, wird es mir nicht schwerfallen, eine domestica zu werden, und ich weiß sehr gut, was von einer Hausangestellten erwartet wird.« Sie starrte unentwegt in die Schatten der Nische und grub die Fingernägel noch fester in ihre Handballen. Ihr Herz drohte sich fast zu überschlagen.
»Ich trage keinen Schmuck, und Pferde habe ich sehr viele. Auch an domestici fehlt es mir nicht, und alle sind sehr treu und tüchtig.«
Isabella ließ enttäuscht die Schultern sinken. Sie kauerte auf ihrem Stuhl und bemühte sich verzweifelt, nicht zu weinen. Trotzdem starrte sie auch weiterhin in die verdunkelte Nische, weil sie den Kontakt zu ihrer einzigen Hoffnung nicht unterbrechen wollte.
»Was wärt Ihr denn noch zu tun bereit, um Euren Bruder zu retten?«, fragte er plötzlich sehr sanft. »Würdet Ihr Euer Leben gegen das seine eintauschen?«
Isabella bekam einen trockenen Mund, und das Herz blieb ihr fast stehen. Sie dachte an den schaurigen Schmerzensschrei, den sie mitten in der Nacht gehört hatte. An das fürchterliche Brüllen der Löwen. Warf er den Tieren Frauen als Opfergabe für irgendeinen heidnischen Gott vor? Sah er einfach nur zu seinem eigenen perversen Vergnügen zu, wie Menschen in Stücke gerissen wurden? Sie wusste, dass es viele Männer in Machtstellungen gab, die fürchterliche Gräueltaten begingen. »Ich glaube, Ihr wisst, dass ich zu allem bereit wäre, um ihn zu retten«, antwortete sie, plötzlich sehr verängstigt.
»Sowie Ihr mir Euer Einverständnis gebt, werdet Ihr Euer Wort nicht mehr zurücknehmen können«, warnte er.
»Ihr werdet ihn begnadigen lassen?«, vergewisserte sie sich mit zur Schau getragener Tapferkeit.
»Und Ihr werdet Euer Leben gegen das Eures Bruders eintauschen? Habe ich Euer Ehrenwort darauf?«
Isabella erhob sich schnell, weil sie sich einfach nicht mehr still verhalten konnte. »Mit Freuden«, erklärte sie trotzig, stolz und ganz und gar eine Vernaducci. Selbst ihr Vater wäre in diesem Moment stolz auf sie gewesen.
»Und ich kann dem Wort einer Frau vertrauen?« Seine Stimme war sanft, wie ein Streicheln fast, als er diese beleidigende Frage stellte.
In einem kleinen Temperamentsausbruch funkelte sie ihn böse an. »Ich gebe mein Wort nicht leichtfertig, Signore . Ich versichere Euch, dass es ebenso gut wie das Eure ist.«
»Dann haben wir eine Abmachung. Ihr werdet hierbleiben, in meinem Palazzo, und sobald wir verheiratet sind, werde ich dafür sorgen, dass Euer Bruder freigelassen wird.«
Ein leiser Protestlaut entrang sich ihren Lippen. Was er verlangte, war das Letzte, was sie erwartet hatte. Ihre Augen weiteten sich, als sie versuchte, in die verdunkelte Nische hineinzuspähen. Um ihn zu sehen, sein Gesicht zu erkennen. Sie musste ihn sehen. »Ich glaube nicht, dass es nötig ist zu heiraten. Ich wäre auch zufrieden damit, als Hausangestellte in Eurem Palazzo zu bleiben.« Mit voller Absicht knickste sie. »Ich versichere Euch, Signore , dass ich keine noch so harte Arbeit scheue.«
»Ich brauche keine weitere Bedienstete, sondern eine Ehefrau. Ihr werdet mich heiraten. Ihr habt mir Euer Wort gegeben, und ich werde Euch nicht davon entbinden.« Wieder stieg dieses eigenartige, leise Knurren aus seiner Kehle auf, und der Vogel auf seinem Arm bewegte unruhig die Flügel, als wäre er plötzlich nervös oder kurz davor, sie anzugreifen. Seine scharfen runden Augen starrten Isabella so unerbittlich an wie die anderen in den Schatten, deren Blick Isabella nur spürte.
Ihr Herz geriet ins Stocken, doch sie dachte nicht daran, sich einschüchtern zu lassen, und schaute weiterhin in die dunkle Nische. »Ich habe nicht darum gebeten, von meinem Wort entbunden zu werden, Don DeMarco. Ich versuchte nur, Euch darauf hinzuweisen, dass ich nicht von Euch erwarte, mich zur Frau zu nehmen. Ich habe keine Mitgift, keine Ländereien, nichts, was ich in die Ehe einbringen könnte.« Eigentlich hätte sie frohlocken müssen vor Erleichterung, dass er sie nicht seinen Löwen zum Fraß vorwerfen wollte, aber stattdessen war sie noch verängstigter denn je. »Mein Bruder ist krank. Er wird Pflege brauchen. Er muss sofort
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