Ungezaehmte Nacht
Tränen auf die Decke tropften, und wandte den Kopf von der Wirtschafterin ab.
»Don DeMarco hat viel zu tun und zu bedenken. Er ist nicht böse auf Euch. Er war wirklich nur besorgt, piccola . Ich kenne ihn schon viele Jahre, seit er noch ein Baby war.«
Der Kloß in ihrer Kehle hinderte Isabella daran zu antworten. Sie hatte sich diesem Mann im Gegenzug für das Leben ihres Bruders ausgeliefert. Doch sie hatte keine Ahnung, was von ihr erwartet wurde, keine Ahnung, wie sie sich verhalten sollte oder wie er sie behandeln würde. Sie wusste nichts von ihm außer gruseligen Gerüchten, und trotzdem hatte sie ihr Leben an das seine gebunden.
»Es tut mir schrecklich leid, dass das geschehen ist, Signorina .« Sarinas Stimme war ganz rau vor Mitgefühl. »Ich habe das Gefühl, dass es meine Schuld ist, dass Ihr verletzt wurdet.«
»Nennen Sie mich Isabella!«, flüsterte sie mit geschlossenen Augen. Sie war müde und wünschte, Sarina würde ihr eine Tasse von dem Kräutertee zum Schlafen anbieten. Sie überlegte, ob sie darum bitten sollte, aber ihr Rücken brannte, und sie schien nicht genügend Luft zu bekommen, um zu atmen und gleichzeitig zu reden. »Natürlich war es nicht Eure Schuld, Sarina. Es war ein Unfall, weiter nichts. Der Vogel hat sich über irgendetwas aufgeregt. Ich sah ihn auf Euch zufliegen und warf mich auf Euch. Ehrlich gesagt hatte ich Angst, ich könnte Euch verletzt haben, als ich Euch zu Boden stieß.« Sie erwähnte nicht das schaurige Gefühl, dass etwas Böses in den Raum eingedrungen war, ein finsteres, erstickendes Etwas , das zu real gewesen war, um es zu ignorieren.
Sarina berührte den angeschwollenen Kratzer an Isabellas Schläfe. »Wie ist das passiert?«
Isabella bemühte sich um einen ruhigen, festen Ton, was nicht leicht war, so wie ihr Rücken pochte und brannte. »Der Don war sehr freundlich, doch sein Ring streifte dummerweise meine Haut. Es war ein Unfall und wirklich überhaupt nichts von Bedeutung.« Sie biss die Zähne zusammen, um nicht damit herauszuplatzen, wie sehr ihr Rücken schmerzte.
Sarina wandte sich ab, um ein Klopfen an der Tür zu beantworten, und schloss sie dann schnell wieder vor neugierigen Augen. Sie vermischte und zerstampfte die Kräuter, die sie hatte bringen lassen, und trug die Breipackung dann behutsam auf die langen Kratzwunden an Isabellas Rücken auf. Isabella schrie fast auf vor Schmerzen, und ihr brach der kalte Schweiß aus, doch dann waren die Wunden betäubt, und sie konnte wieder atmen. Trotzdem zitterte sie noch vor Schock. Nach einer Weile wurde erneut an die Tür geklopft, und diesmal überreichte ein Dienstmädchen Sarina eine Tasse mit dem segensreichen Schlaftee.
Isabella brauchte Hilfe, um sich aufsetzen zu können, weil sie erstaunlich geschwächt war von alldem. Sie schenkte Sarina ein mattes Lächeln. »Das nächste Mal bitten wir Alberita, mir einen Eimer Weihwasser über den Kopf zu schütten, bevor ich mein Zimmer verlasse«, scherzte sie und legte die Hände um die heiße Tasse, um die Wärme in sich aufzunehmen.
Sarina lachte ein wenig unsicher, aber erleichtert. »Ihr seid ein gutes Mädchen, Signorina . Eure Mutter lächelt ganz bestimmt vom Himmel auf Euch herab. Ich danke Euch für das, was Ihr dem Don gebt. Er ist ein guter, anständiger Mann.«
Isabella trank dankbar einen Schluck von dem Tee, der ihr heftiges Zittern sogleich beruhigte. »Ich hoffe, dass Sie das noch immer sagen, wenn er herausfindet, dass ich in den Bergen herumstreune, und finster dreinschaut, weil ich nicht rechtzeitig zum Abendessen zu Hause bin.«
»Ihr werdet ihm eine gute Gemahlin sein.« Sarina tätschelte ihr liebevoll das Bein. »Sobald Ihr den Tee getrunken habt, werde ich Euch beim Auskleiden helfen. Und dann werdet Ihr friedlich schlafen, bambina .«
Isabella hoffte, dass Sarina recht behielt. Sie wollte nur noch die Augen schließen und sich in der Dunkelheit verlieren. Ihre Erleichterung darüber, dass Don DeMarco sich bereit erklärt hatte, ihren Bruder zu retten, war enorm. Für heute Nacht zumindest würde sie ihre Besorgnis wegen seiner ungewöhnlichen Haustiere beiseiteschieben und hoffen, dass sie ihn irgendwann dazu überreden konnte, das Kastell von den gefährlichen Tieren zu befreien.
Zufrieden trank sie den süßen, heilsamen Tee und tat ihr Bestes, Sarina zu helfen, sie aus dem zerrissenen Kleid zu schälen. Dann streckte sie sich mit dem Gesicht nach unten auf der weichen Matratze aus. Die Augen fielen ihr zu.
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