Ungezaehmte Nacht
beiseiteschoben und es bis zu ihrer Taille hinunter zerrissen. Es war schockierend und mehr als unziemlich, so von ihm gesehen zu werden, und noch dazu in ihrem eigenen Schlafzimmer. Isabella wand sich vor Verlegenheit und griff unwillkürlich nach der Decke. Sie spürte die kühle Luft an ihrer nackten Haut, und ihr Rücken schmerzte. Aber sie fühlte sich bereits gedemütigt genug, weil sie geweint hatte und fast in Ohnmacht gefallen wäre – nun war sie auch noch bis zur Taille nackt!
Der Don nahm ihre Hand, um zu verhindern, dass sie sich in die Decke hüllte, und murmelte etwas sehr Unschönes vor sich hin. »Das sind keine kleinen Kratzer, Isabella.« Seine Stimme war schroff, doch die Art, wie er ihren Namen aussprach, war fast wie eine Liebkosung.
»Ich werde sie versorgen.« Sarina klang entrüstet, als sie sich über Isabella beugte, um die Verletzungen zu untersuchen.
»Sie wird meine Frau werden, Sarina.« Etwas Beißendes lag in der Stimme des Dons, eine selbstironische Note, die eine frische Flut von Tränen bei Isabella auslöste. »Und du wirst sehen, dass sie keinen weiteren Schaden mehr erleiden wird.«
Seine Worte schienen eine verborgene Bedeutung zu enthalten, und Isabella spürte, dass die beiden eine Art stumme Vereinbarung trafen, deren Sinn sie allerdings nicht erfassen konnte. Außerdem pochte und brannte ihr Rücken, und sie wollte nur noch von den beiden in Ruhe gelassen werden.
»Selbstverständlich, Don DeMarco«, stimmte Sarina mit leiser, mitfühlender Stimme zu. »Ich werde über sie wachen, während Ihr mit den wartenden Herren sprecht. Ich werde mich persönlich um Signorina Vernaducci kümmern.«
Der Don beugte sich so weit vor, dass sein Mund nahezu Isabellas Ohr berührte und die Wärme seines Atems ihre Haut fächelte und ihr Haar bewegte. »Ich werde sofort alles Nötige in die Wege leiten, um unsere Vereinbarung zu erfüllen. Macht Euch keine Sorgen, cara mia! Es wird geschehen.«
Isabella schloss die Augen und ballte die Fäuste, als Sarina an den offenen Wunden an ihrem Rücken zu arbeiten begann. Der Schmerz war schier unerträglich, und sie wollte nicht, dass Don DeMarco ihn mitempfand. Er litt auch so schon genug. Sie spürte den tief in seiner Seele vergrabenen Kummer und hasste den Gedanken, dass sie seine Belastungen vergrößerte, Belastungen, die sie unmöglich verstehen konnte, von denen sie aber instinktiv wusste, wie schwer sie ihn niederdrückten.
Sarinas Anwendungen trieben Isabella den Atem aus den Lungen. Deshalb konnte sie dem Don auch keine Antwort geben. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn, und plötzlich glaubte sie zu spüren, wie seine Lippen neben dem Kratzer an der Schläfe ihre Haut berührten.
Ein kummervoller Laut entrang sich seiner Kehle. »Das habe ich verursacht«, stellte er düster fest.
Für Isabella war dieser kleine Kratzer die geringste ihrer Sorgen, aber er schien den Don sehr mitzunehmen. »Ihr habt uns vor einem Löwen gerettet, Don DeMarco, da werde ich mir doch keine Sorgen wegen eines solch lächerlich kleinen Risses machen.«
Ein kurzes Schweigen folgte, und sie spürte die jähe Anspannung im Raum.
»Ihr habt einen Löwen gesehen?«, fragte Sarina leise, die Hände noch auf Isabellas Schultern.
»Don DeMarco, ich habe mich doch nicht geirrt, oder?«, erkundigte sich Isabella. »Obwohl ich gestehen muss, dass ich ein solches Tier noch nie zuvor erblickt hatte. Haltet Ihr sie wirklich als Haustiere? Habt Ihr keine Angst vor Unfällen?«
Das Schweigen dehnte sich endlos aus, bis Isabella Anstalten machte, sich umzudrehen, um DeMarco anzuschauen. Aber der Don fuhr schon mit einem Fluch herum und eilte auf seine übliche lautlose Weise aus dem Raum.
»Bei uns im Zimmer war ein solches Tier, Signora Sincini. Das ist die Wahrheit. Haben Sie es denn nicht gesehen?«, fragte Isabella.
»Ich habe gar nichts gesehen außer dem Boden, den ich anstarrte, aus Angst, dass dieser Vogel mir die Augen aushacken würde. Falken werden nämlich dazu abgerichtet, die Augen anzugreifen, wisst Ihr.«
Isabella spürte, wie schon wieder Tränen in ihr aufstiegen. »Ich habe den Don verärgert, und ich weiß nicht mal, warum.« Sie ertrug es nicht, über die Bedeutung dessen nachzudenken, dass ein Vogel mit voller Absicht dazu abgerichtet wurde, Menschen anzugreifen. Oder über Löwen, die frei durch den Palazzo wanderten. Oder über den Don, der, angewidert von ihrem Benehmen, einfach ging. Sie kniff die Augen zu, als ihre
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