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Ungezaehmte Nacht

Ungezaehmte Nacht

Titel: Ungezaehmte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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verbannen.
    Nicolai nahm die Zügel in eine Hand und legte die andere um Isabellas, um sie unter die warmen Felle zurückzuschieben. Beide schwiegen, als sie im hellen Mondschein durch die kalte, weiße Welt mit dem glitzernden Schnee fuhren, der funkelte wie ein Juwelenfeld.
    Isabella legte den Kopf fester an Nicolais Schulter und blickte zum Himmel auf. Ein leichter Wind kam auf, der kleine Schneeflocken von den Ästen wehte und den Isabella in ihrem Haar und an ihrem Gesicht spüren konnte. Während die Kutsche über den Schnee und durch den Wind glitt, empfand sie ein Gefühl von Freiheit, wie sie es noch nie zuvor erlebt hatte. Es war, als flögen sie dahin, und sie lachte leise und zog die Felle um sich zusammen. »Ich liebe das Schlittenfahren, Nicolai. Es ist fantastisch.« Ihr helles Lachen wurde von dem Wind davongetragen. Lockend und einladend.
    Eine Eule erschien aus dem Nichts und flog mit ausgestreckten Krallen geradewegs auf eins der Pferde zu, als wollte sie dem Tier die Augen auskratzen. Mit einem schrillen Wiehern, einem Schrei der Angst, der durch die stille Welt schallte, bäumte das Pferd sich auf. Und dann drehten beide Rösser durch, bockten, schlugen aus und rasten in wilder Panik den Hang hinunter und durch eine kleine Baumgruppe hindurch.
    Der Schlitten kippte um, und Nicolai und Isabella wurden herausgeschleudert und schlugen hart auf dem eisig kalten Boden auf. Irgendwie gelang es Nicolai, dabei die Arme um Isabella zu schlingen, und sie klammerte sich an den dicken Pelz, der sich um beide herumwickelte und sie vor dem Schlimmsten schützte, als sie über den Boden rollten. In einem Gewirr aus Armen, Beinen und Haaren rollten sie bis zum Fuß des Hügels. Der Schnee war überall, klebte an dem Fell, an ihren Kleidern, zwischen ihren vor Kälte zitternden Körpern, ja sogar an ihren Wimpern. Als sie endlich zum Stillstand kamen und schwer nach Atem rangen, lag Isabella auf Nicolai, der die Arme um ihren Kopf geschlungen hatte, um ihn zu schützen.
    »Isabella!« Seine Stimme zitterte vor Besorgnis. »Bist du verletzt?« Schnell ließ er die Hände über ihren Körper gleiten, um ihn nach Verletzungen abzusuchen.
    Sie konnte spüren, wie aus dem Nichts ein Lachen in ihr aufsprudelte, und fragte sich, ob sie die erste Vernaducci in der Geschichte sein würde, die doch hysterisch wurde. »Nein, wirklich nicht, Nicolai, ich bin nur ein bisschen durchgeschüttelt. Und du?«
    Er blickte sich schon nach den Pferden um. Isabella spürte, wie er sich im selben Moment versteifte, in dem das Lachen in ihr erstarb und einer schleichenden Furcht wich. Unwillkürlich umklammerte sie das Fell noch fester und schaute sich vorsichtig um. Dabei bemerkte sie eine Bewegung zwischen den Bäumen, sah schlanke Schatten und gelb glühende Augen.
    Nicolai hob Isabella sanft von sich herunter. »Ich möchte, dass du zum nächsten Baum gehst, hinaufkletterst und dort bleibst.« Seine Stimme war ruhig und leise, aber von unmissverständlicher Autorität geprägt. Er war jetzt ganz der Don, der einen Befehl erteilte.
    Isabella blickte sich verzweifelt nach einer Waffe um, nach irgendetwas, um sich zu verteidigen, doch sie fand nichts. Sie zitterte vor Kälte oder vor Furcht am ganzen Leib. Was genau es war, hätte sie nicht sagen können. Die Pferde standen gar nicht weit entfernt, zitternd wie sie und nass geschwitzt vor Angst. »Nicolai«, flüsterte Isabella mit tränenerstickter Stimme und beherrscht von dem quälenden Bedürfnis, bei ihm zu bleiben.
    »Tu, was ich sage, piccola! Steig auf einen Baum! Sofort!« Er richtete sich auf und zog sie mit sich hoch, ohne den Blick auch nur sekundenlang von der kleinen Baumgruppe abzuwenden. Dann hob er witternd die Nase in den Wind.
    Isabella konnte ihren Feind nicht riechen, aber manchmal sah sie einen der zotteligen schlanken Körper, die durch das Wäldchen schlichen. Vor allem jedoch spürte sie eine fremde Energie, den Hauch von etwas Bösem, etwas Namenlosem und weitaus Tödlicherem als ein Rudel Wölfe.
    »Nun mach schon, Isabella!« Der autoritäre, ja sogar drohende Ton in Nicolais Stimme war nicht zu überhören, obwohl er ihr nicht mal einen Blick zuwarf.
    Isabella ließ das Fell fallen und rannte zu dem nächsten Baum. Es war Jahre her, seit sie einen bestiegen hatte, aber sie packte die unteren Äste und zog sich daran hoch. Ohne den Schutz des Fells durchdrang der schneidend kalte Wind ihren dünnen Morgenrock, und trotz der Handschuhe waren ihre Finger

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