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Ungleiche Paare

Titel: Ungleiche Paare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Bittrich
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Schnippchen zu schlagen, damit er sie ziehen ließ.
    Ein Passauer Kirchenbuch aus dem siebzehnten Jahrhundert beklagt, eine kirchenamtlich gebrandmarkte Weggabelung im Donauwald sei zur heimlichen Pilgerstatt »für witziger Jungfrouwen« geworden. Anfangs fand sich dort nur ein einziger schwarzer Jäger ein, bis interessierte Gefährten zur Unterstützung nachrücken mussten. Wilderer, Zigeuner, Vaganten. Heiner Boehncke, der das Räuberwesen im vorbürgerlichen Zeitalter erforschte, fand heraus, dass düstere Oberschurken sich stets eines Zulaufs bürgerlicher Groupies erfreuten wie später nur vampirisch bemalte Rockstars. Bereits Maid Marian, die mit drei Unterröcken zu Robin Hood in den Sherwood Forest eilte, kam aus einer Vorzeigefamilie. Und der gut gebuchte Mörder Klaus Pinzner wurde in beste Häuser eingeladen, weil seine reale Unheimlichkeit so sexy war. Es knistert zwischen gegensätzlichen Polen.
    Ein betagtes Adelsfräulein führte mich im vergangenen Herbst durch eines der ehrwürdigen Heideklöster, die sämtlich zu Damenstiften umgewandelt sind. Angesichts der kargen Klosterzellen im unheizbaren Obergeschoss ließ das Fräulein durchblicken, junge Nonnen in früheren Jahrhunderten hätten unverhältnismäßig häufig vom Teufel geträumt. Die Konventsbücher verzeichnen ein immer wiederkehrendes Muster: Im träumerischen Halbschlaf versucht der geschwänzte Dunkle, die unschuldige Novizin zu verführen, in Ausnahmefällen sie wohl auch ihn. Erschrockenüber das heftige Lustgefühl, offenbart die Nonne sich am folgenden Morgen der Mutter Äbtissin. Die lässt sich den Traum in allen Details beschreiben und bewahrt eine anschauliche Schilderung in der Chronik auf.
    Man kann nie wissen, wann man dergleichen braucht. Wahrscheinlich hat die Äbtissin in trüben Stunden die Mitschrift ab und zu wiedergelesen. Moralische Kommentare mit kirchlichem Zeigefinger jedoch, erzählte mir das Fräulein, sucht man in den Aufzeichnungen vergebens. Auch Strafen für den erträumten Beischlaf von Teufel und Jungfrau scheint es selten gegeben zu haben. Höchstens ein paar auferlegte Ave-Maria extra. Das spricht für das vergebende Verständnis der Äbtissinnen, für frauliches Mitempfinden.
    Und es ist ja auch durch keine Moral zu ändern. Rotkäppchen folgt seit Jahrhunderten dem Wolf, Scarlett verfällt Rhett Butler, Nicole Kidman verzehrt sich nach guys from the wrong side of town , für Kate Moss kommen nur Troublemaker in Frage, und die vormals unauffällige Anwältin brennt enthusiastisch mit dem Mörder durch, den sie verteidigen soll. Zuverlässig in jedem Frühjahr schwingt sich das Uptown Girl zum dreckigen Bastard auf die Maschine, zum Wüstling aus dem Prekariat, dem Leader of the Pack.
     
    Was suchten die Mädchen bei uns? Einige wirkten wie erstaunte Ausreißerinnen. So als hätten sie auf einer Klassenreise im Café eine Stadtillustrierte entdeckt und die Szenetipps abgesucht und einer hätte smoke and fly versprochen. Sie waren als Touristinnen in unsere Höhlen verschlagen worden. Und nun, nicht wenig überrascht,wollten sie erst mal ein bisschen blinzeln und schnuppern, vielleicht um später tuschelnd den Neid der Braven zu erwecken.
    Andere wollten gleich teilhaben. Nachdem Jakobs Schwester von den Eltern zurückgepfiffen worden war, kümmerte sich eine hochgeschlossene Pfarrerstochter mit rollendem R sehr zart um Alexander. Eine Pummelige im Glencheck-Rock mit dunkelblauer Strickjacke über einer Rüschenbluse im Segellook purzelte die Treppe herunter und landete plumpsäckig auf meiner Matratze. »Lena.« Auch das noch. Für mich kamen nur elegische Elfenwesen in Frage, hauchzart, in keltischem Nebel getauft. Und hier war Miss Piggy. Sie entwand mir den Joint und nahm einen beherzten Zug, der sie erbärmlich husten ließ. Gleich danach musste sie kichern und wollte fortan nicht mehr aufhören. Ein einziges Inhalieren konnte das schwerlich bewirkt haben. Doch glucksend und gickelnd kuschelte sie sich an mich und störte durch ihr Gekicher die völlig losgelösten Reisen meines Astralkörpers.
    Geküsst werden wollte sie auch. Als ich keine Anstalten machte – man kann sich nicht mal eben hinüberbeugen von Alpha Centauri –, schwang sie sich über mich und raubte sich die Küsse. Wehrlos und umnachtet ließ ich es geschehen. Sie schob mein Hemd hoch und zog kichernd den Gürtel auf. Sie machte sich in jener unerforschten Zone zu schaffen, zu der jeglicher Funkkontakt abgerissen war. Dass der

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