Unglückskeks - Angermüllers achter Fall
Körperseite davongetragen. Ihren Fahrradhelm hatte sie im Studio vergessen â¦Â«
»Wird sie denn wieder ganz gesund werden?«
Marlene seufzte tief.
»Das hoffen wir. Sie war nach dem Krankenhaus fast fünf Monate in einer Reha-Klinik und immerhin kann sie schon wieder einigermaÃen laufen. Und da Sophie sehr sportlich war, wird sich ihr körperlicher Zustand wohl noch sehr viel verbessern. Das sagt auch ihr Physiotherapeut. Sie hat einen unglaublich starken Willen und sie trainiert geradezu verbissen. Das gröÃere Problem ist die Sprache.«
»Sie kann gar nicht sprechen?«
Traurig schüttelte Marlene den Kopf.
»Ab und zu kommt mal ein Ja oder Nein, was aber nicht heiÃen muss, dass sie das auch meint. Und natürlich âºMamma miaâ¹.«
»Wie Mamma mia?«
»Das ist das Einzige, was sie sagen kann, auÃer Ja und Nein. Sie bringt es in unzähligen Varianten. Warum auch immer. Mamma mia! Es soll immer etwas anderes heiÃen.«
»Und kann sie was aufschreiben?«
Mirko erntete ein mitleidiges Lächeln.
»Das fragen mich alle. Wenn das man so einfach wär! Nein, Sophie kann momentan auch nicht schreiben. Lesen, das kann sie, zumindest teilweise. Leider unterstützen ihre Gesten oft auch nicht das, was sie sagen will.«
Einen Augenblick schwiegen sie.
»Ach ja, das Gehirn ist schon ein vertrackt kompliziertes Gebilde!«, entfuhr es Marlene schlieÃlich unwillig und sie leerte ihr Glas in einem Zug.
»Und wie verständigt ihr euch?«
»Rein intuitiv, was mich anbetrifft. Wir kennen uns ja schon eine ganze Weile, und ich versuche einfach, Sophies Verhalten zu interpretieren. Da sind einem natürlich ziemlich enge Grenzen gesetzt. Gespräche in dem Sinn kannst du gar nicht führen. Und der heutige Tag ist ein gutes Beispiel: Als ich vom Einkaufen zurückkam, fand ich Sophie am Fuà der Treppe liegend. Es muss irgendwas AuÃergewöhnliches gegeben haben, was weià ich, Telefon, jemand an der Tür, irgendwas auf der StraÃe, und sie ist die Treppe hinuntergefallen. Zum Glück ist ihr nichts weiter passiert, aber sie war total aufgeregt.«
»Verrückt! Und du hast keine Ahnung, was es gewesen sein könnte?«
»Nicht die leiseste. Ich habe nichts, aber auch gar nichts von dem verstanden, was sie versucht hat, mir mitzuteilen.«
»Das ist eigentlich unvorstellbar«, kommentierte Mirko fassungslos.
»Das ist echt schlimm, zumal ich ja auch so eine Art Sprachrohr für sie bin. Normalerweise kommuniziere ich für Sophie mit den Sprechenden.«
»Und was sagen denn die Ãrzte? Gibtâs irgendwelche Prognosen?«
»Hör mir mit Ãrzten auf. Die halten sich komplett bedeckt. Klar ist nur eines, das sagt auch die Logopädin: Es braucht eine Riesengeduld. Es wird sich was bessern, das ist klar. Da Sophie noch jung ist, hat sie groÃe Chancen, dass sich neue Verknüpfungen im Gehirn bilden, etwas zusammenwächst. Natürlich kann es auch mal einen ganz spontanen Schub geben. Aber eigentlich denkt man da nicht in Tagen oder Wochen. Eher in Monaten, wenn nicht sogar Jahren.«
Ehrlich betroffen sah Mirko sie an.
»Das ist hart. Für euch beide.«
»Tja, shit happens.«
Marlene hielt ihm ihr Glas hin.
»Gieà mir doch bitte noch mal ein. Ich kann das brauchen.«
»Das kann ich verstehen.«
Ihre Gläser klangen aneinander.
»Prost, Mirko! Jetzt haben wir die ganze Zeit von mir und meinem Sorgenkind gesprochen. Nun erzähl du mal! Was machst du so? Karriere, Frau, Kinder? Ich weià gar nichts über dich!«, meinte Marlene aufgekratzt und wunderte sich. Eigentlich hatte sie einmal beschlossen, mit der Heimat und den Leuten hier nichts mehr zu tun haben zu wollen. Zu eng, zu spieÃig, zu oberflächlich, war ihr strenges Urteil, nichts, was sie je vermissen würde. Und nun genoss sie das unerwartete Wiedersehen mit Mirko richtiggehend. Wahrscheinlich war es das groÃe Schweigen, welches sich seit Sophies Unfall wie ein schweres Gewicht auf ihren Alltag gelegt hatte, das sie nach Austausch mit anderen dürsten lieÃ, wie banal auch immer er sein mochte.
Ein bisschen schämte sich Marlene ihrer Gedankengänge, aber als Mirko erzählte, dass er Susann geheiratet hatte, sah sie ihre alten Vorurteile exakt bestätigt.
»Ach wirklich? Du und die schöne, reiche Susann aus der Klasse unter uns?«
Sie konnte
Weitere Kostenlose Bücher