Unglückskeks - Angermüllers achter Fall
ihren milden Spott nicht ganz unterdrücken. Doch Mirko schien sich daran nicht zu stören.
»Ja, die schöne Susann. Und wir haben zwei mindestens ebenso schöne Töchter«, bestätigte er lächelnd. »Was den Reichtum betrifft, na ja. Es geht uns gut. Als Susanns Eltern aufs Altenteil gegangen sind, habe ich meinen Job in der Stadtverwaltung aufgegeben, und wir haben das Geschäft übernommen und ausgebaut. Ist natürlich verdammt viel Arbeit, die wir da reinstecken. Aber solange du Erfolg hast, macht es ja auch SpaÃ.«
Mirko machte also in Bad und Fliesen. Wahrscheinlich hatten sie die Firma zu so einem Luxus-Traum-Badstudio aufgemöbelt, das passte, vor allem zu Susann. Die hatte sie in ihrer Schwartauer Zeit immer für ein ziemlich hohles Mädchen gehalten.
Auch Marlene war einmal mit Mirko zusammen gewesen. 16 war sie damals. Ganz sittsam war es zwischen ihnen zugegangen. Mirko war ein lieber Kerl, doch kein ebenbürtiger Partner für Marlene. Sie hatte sich ihm immer überlegen gefühlt. Und bald musste sie erkennen, dass sie auf zwei verschiedenen Planeten zu leben schienen, sodass sie sich nach ein paar Monaten wieder von ihm getrennt hatte. Noch vor dem Abitur war Marlene schlieÃlich klar geworden, warum sie mit den Jungs um sich herum nie etwas hatte anfangen können, dass ihre Orientierung einfach eine andere war. Sie hatte diese Erkenntnis zwar für sich behalten, aber trotzdem im letzten Schuljahr mit den Leuten aus ihrer Klasse kaum noch zu tun gehabt.
»Und, bist du zufrieden mit deinem Leben als erfolgreicher Geschäftsmann?«
Marlene gelang die Bemerkung nicht ohne einen mokanten Unterton. Doch Mirko reagierte gelassen.
»Ja, ich bin schon zufrieden. Aber scheinbar reicht mir der geschäftliche Erfolg nicht.«
Es klang stolz, aber auch ein wenig unsicher, als er anfügte:
»Ich kandidiere im nächsten Frühjahr für den Landtag.«
»Nein, ehrlich?«
Marlene wusste selbst nicht, warum, aber bei der Vorstellung musste sie lachen.
»Warum lachst du?«, fragte Mirko leicht pikiert, »traust du mir das nicht zu? Meine Partei denkt jedenfalls, ich bin der Richtige. Und meine Familie findet das gut, auch die Kinder. Susann unterstützt mich, wo sie kann, nimmt mir in der Firma viel ab und ist bei allen wichtigen Terminen an meiner Seite. Neulich erst hatten wir das Fernsehen bei uns zu Hause. Musst du alles mitmachen. Du glaubst ja gar nicht, wie wichtig das Private heute für dein Bild in der Ãffentlichkeit ist.«
»Oh, es gibt also schon exklusive Homestorys über euch«, lästerte Marlene, »ihr als die Kennedys von Bad Schwartau sozusagen.«
»Du hast dich wirklich nicht verändert, Marlene Deicke. Bist noch die gleiche ätzende Spötterin wie früher.«
Jetzt hatte sie es geschafft, Mirko zu verärgern. Sie war wohl zu weit gegangen. Er konnte schon damals nicht mit ihren ironischen Scherzen umgehen. Auch wenn er ein ganz anderes Leben lebte als sie selbst, er war ein Netter. Und die Toleranz, die sie für sich selbst erwartete, sollte sie ja eigentlich auch den anderen entgegenbringen.
»Es tut mir leid, Mirko. Ich wollte witzig sein. Ist mir wohl nicht ganz gelungen«, beschwichtigte sie ihn.
»Nein wirklich, es ist toll, dass du dich politisch engagierst, dass du deine Zeit und Energie für die Allgemeinheit aufwendest, was bewegen willst. Wenn duâs wahrscheinlich auch nicht für die Partei tust, die ich wählen würde.«
Die letzte Bemerkung konnte sie sich doch wieder nicht verkneifen. Als Mirko etwas darauf erwidern wollte, knuffte ihn Marlene freundschaftlich in den Arm.
»Lass gut sein, wir müssen nicht drüber diskutieren. Ich wünsch dir jedenfalls viel Erfolg, ganz ehrlich. Besser du als irgendein anderer. Und du verzeihst mir meine dumme Bemerkung von eben, ja, Mirko?«
»Schwamm drüber«, nickte er und lächelte versöhnlich.
Sie schwiegen beide. Es war inzwischen dunkel geworden, nur die Windlichter auf dem Tisch verbreiteten eine sanfte, lebendige Helligkeit.
»Willst du dich jetzt eigentlich wieder hier oben niederlassen?«, fragte Mirko in die Stille.
»Auf gar keinen Fall«, wehrte Marlene so vehement ab, dass sie ein überraschter Blick traf. Gewiss, Bad Schwartau hatte hübsche Ecken, es grenzte direkt an Lübeck, lag verkehrsgünstig an Hamburg, und die Nähe zur Ostsee war auch
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