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Unglückskeks - Angermüllers achter Fall

Unglückskeks - Angermüllers achter Fall

Titel: Unglückskeks - Angermüllers achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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einen kurzen Moment verebbt, und keiner hatte den anderen ansehen mögen. Wie es Paola wohl ging? Unbewusst entfuhr Georg Angermüller ein Seufzer und er sah versonnen nach draußen, wo Felder, Wiesen, Pferdekoppeln, kleine Wäldchen vorbeizogen, nur ab und zu einmal eine Ansiedlung stand. Reinfeld lag bereits hinter ihnen, die Bahn fuhr mit ungebremstem Tempo und näherte sich Lübeck als nächstem Fahrtziel.
    Da plötzlich quietschende Bremsen, ein unangenehmes metallisches Kreischen. Judiths halb leerer Colabecher schoss über den Tisch, sein Inhalt ergoss sich auf Angermüllers Hemd, und mit einem scharfen Ruck stand der Zug. Nach ein paar vereinzelten erschrockenen Aufschreien wurde es mit einem Mal ganz ruhig im Waggon. Alle schauten nach draußen, suchten nach dem Grund für den Stillstand, doch außer einer Wiese auf der einen und einem Waldstück auf der anderen Seite war da nichts zu sehen.
    Â»Ach ja, die Bahn. Immer wieder für eine Überraschung gut.«
    Nach fünf Minuten Halt, ohne dass etwas passierte, begannen manche Fahrgäste ihrem Unmut Luft zu machen.
    Â»Hätt’ ich bloß den Wagen genommen. Warum sagt einem wieder keiner, was los ist?«
    Da meldete sich ein Typ mit strähnigen blonden Haaren und einer Bierdose in der Hand.
    Â»Ich kann dir sagen, wat los is«, meinte er lahm, »Personenschaden. Wird immer wieder gern genommen hier auf der Strecke.«
    Â»Personenschaden?«
    Â»Jou. Da hat sich wieder mal einer vorn Zug geschmissen. Dat kann dauern.«

    Es dauerte. Endlich begann es im Lautsprecher zu rauschen, und der Zugführer informierte die Fahrgäste, dass der Halt sich noch eine ganze Weile hinziehen würde. Nach 20 Minuten war Bewegung auszumachen auf der kleinen Gemeindestraße, die auf weniger als 200 Meter an den Gleiskörper herankam. Zwei Streifenwagen trafen ein, gleich darauf Notarzt und Rettungswagen. Spätestens, als sich Männer in weißen Schutzanzügen dem Zug näherten, und Angermüller den einen anhand seiner Größe als den Kollegen Ameise identifizierte, wurde klar, dass der Mitreisende vorhin mit seiner Vermutung richtig gelegen hatte.
    Â»Ich ruf Mama an, dass wir später kommen.«
    Â»Gute Idee, Judith«, lobte Angermüller, der nur zu gut wusste, wie sehr Astrid es hasste, wenn jemand unpünktlich war.
    Â»Aach, jetzt geht sie nicht ran. Schick ich ihr halt ’ne SMS.«
    Wenig später wurde bekannt gegeben, dass der gesamte Zug evakuiert würde. Eine Begründung wurde nicht hinzugefügt.
    Â»Evakuiert? Warum das jetzt, Papa?«, fragte Julia interessiert.
    Â»Ja, es handelt sich wohl tatsächlich um einen Personenschaden, wie der Mann vorhin sagte«, erklärte Angermüller mit gedämpfter Stimme. »Jetzt muss ermittelt werden, wo und wie die Person zu Tode kam, ob Unfall, Selbstmord oder Fremdverschulden. Und in dem Zusammenhang muss die Staatsanwaltschaft den Zug zur Beweisaufnahme sicherstellen.«
    Â»Uuh, wie gruselig. Ist das jetzt ein Fall für dich?«
    Julia fand das Thema offensichtlich höchst spannend.
    Â»Bitte nicht so laut, Kind. Das wird sich noch herausstellen«, versuchte Angermüller die Wissbegier seiner Tochter zu dämpfen, als er die interessierten Blicke der anderen Fahrgäste bemerkte. Tja, er würde noch früh genug erfahren, ob hier ein Verzweifelter seinem Leben selbst ein Ende gesetzt hatte, oder eine andere Geschichte hinter dem Toten auf den Schienen steckte.
    Â»So, und jetzt packt mal eure Sachen zusammen, damit wir fertig sind, wenn es losgeht.«
    Fast zwei Stunden später als geplant stiegen sie vor dem Lübecker Hauptbahnhof aus dem Bus, mit dem sie den letzten Teil der Reise hatten zurücklegen müssen.
    Â»Tja, da wir Astrid nicht erreicht haben, kommt Ihr jetzt erstmal mit zu mir. Klamotten habt ihr ja dabei, falls ihr über Nacht bleiben müsst«, entschied Angermüller und ging auf die wartenden Taxen zu.
    Â»Und unsere Schulsachen für morgen?«
    Â»Na ja, eure Mutter wird ja nicht für immer verschwunden sein. Wahrscheinlich holt sie euch später bei mir ab, oder wir müssen morgen früh vor der Schule noch kurz bei euch daheim vorbei.«

    Was war nur los bei Astrid, dass sie nicht erreichbar war und sich auch nicht meldete? Nicht, dass Angermüller sich ernsthaft Sorgen machte, aber er wunderte sich schon. Das war so gar nicht ihre Art. War

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