Ungnade: Thriller (German Edition)
und musste den Kopf in den Nacken legen, um seinem Sohn in die Augen sehen zu können.
» Natürlich helfe ich dir«, sagte er. » Und das weißt du.« Er drehte sich um, ging zur Couch und griff nach dem Telefon, das auf dem Tisch daneben lag.
Maximal eine Umarmung– das war es, was sein Vater an Gefühlen zeigen konnte. Aber in diesem Moment war auch kein Raum für so etwas.
» Dann muss ich jetzt deine Mum anrufen.«
» Was wirst du ihr sagen?«
» Das weiß ich noch nicht.«
7
Noch einmal ging Logan in Ellies Zimmer. Er ließ die Tür weit offen stehen, damit etwas Licht aus dem Flur hereinfiel und er seine Tochter betrachten konnte. Er kniete sich neben ihr Bett und strich ihr einige Haarsträhnen aus dem Gesicht.
Wie sehr hatte sie sich doch verändert! Nicht nur, dass die Wunden in ihrem Gesicht längst verheilt waren, sie war auch älter geworden, obwohl die Erinnerungen an das, was sie erlebt hatte, sich manchmal noch in ihren Augen widerspiegelten. Aber sie veränderte sich, wurde zusehends erwachsener.
» Wir haben noch eine lange gemeinsame Zukunft vor uns, Ellie«, flüsterte er. » Ich werde dir ein Leben ermöglichen, das Penny sich für dich gewünscht hätte. Das verspreche ich dir.«
Während er neben ihrem Bett hockte, schien die übrige Welt zu verschwimmen, bis es nur noch sie beide gab. Er verspürte ein so heftiges Sehnen, dass er darüber erschrak: Er wollte den Rest seines Lebens mit ihr verbringen und sie vor allem Schlechten bewahren. Es war nur ein kleiner Schritt zu dem Gedanken, dass sie das Einzige war, das für ihn Bedeutung haben sollte, und dass alle anderen selbst sehen mussten, wie sie zurechtkamen.
Aber so weit ging er dann doch nicht.
Er und Ellie hätten ohne Alex, Tom, Becky und all die anderen nicht die Chance auf dieses Leben erhalten. Sie alle hatten ihr Leben für Ellie riskiert, obwohl sie ihnen doch völlig fremd gewesen war. Sie hatten es getan, weil er sie angefleht hatte. Und diese Schuld musste er jetzt begleichen.
Doch mehr als alles andere wäre es ihm unerträglich, durch die Hand der Männer, die ihm schon Penny genommen hatten, nun auch noch Becky zu verlieren.
Als er sich vorbeugte und Ellie auf die Wange küsste, öffnete sie die Augen. Er lächelte sie an, unsicher, ob sie wirklich wach war– doch sie erwiderte sein Lächeln.
» Hallo, Schatz«, sagte er. » Schlaf wieder ein. Es ist schon spät.«
Sie nickte, ihre Augenlider schwer von Schlaf.
» Ich liebe dich«, sagte er.
Ihre Augen schlossen sich wieder, aber das Lächeln blieb.
Er ging in sein Schlafzimmer und zog sich um: Kampfsporthose, T-Shirt und schwarze Fleecejacke. In seine Sporttasche stopfte er noch eine weitere Garnitur Klamotten hinein. Als er damit fertig war, wählte er auf seinem BlackBerry Tom Hardys Nummer. Hardy klang hellwach, als er sich meldete.
» Tom, ich bin’s, Logan. Wir müssen uns sehen. Heute Nacht noch.«
» In Ordnung.«
» Kannst du zur Halle an der Scotland Street kommen?«
Kurze Pause.
» Hat es etwas mit Alex zu tun?«
» Du weißt, was mit ihm ist?«
» Ja. Sam hat mich angerufen.«
» Es hat mit uns allen zu tun. Auch mit Becky. Und mit Chris. Hast du das mit ihm schon gehört?«
» Ja. Ich habe mit seiner Frau gesprochen. War nicht leicht.«
» Also treffen wir uns dort?«
» Scotland Street«, wiederholte Hardy gedehnt, als versuche er dahinterzukommen, warum Logan sich gerade dort treffen wollte. » Ich verstehe das so, dass wir uns… versorgen müssen?«
Immer vorsichtig am Telefon.
» So ist es. Außerdem brauche ich jemanden, der in meiner Wohnung vor Ort ist. Nur für alle Fälle.«
» Wir sind im Moment knapp an Personal, aber ich könnte dir Harry Shields schicken.«
» Danke, Tom. Ich warte, bis er da ist, und anschließend fahre ich zum Lagerhaus.«
» Ich werde dort sein.«
8
Hudson sah auf seine Uhr. Er war müde und stocksauer. Die Polizistin hatte sich schon seit einer ganzen Weile nicht von der Stelle gerührt, und er fragte sich, ob sie die ganze Nacht in der Raststätte verbringen wollte.
» Wir haben eine Bewegung.« Nummer zwei schaute auf den GPS -Tracker in seiner Hand. » Sie kommt auf uns zu.«
» Und ich habe schon gedacht, sie wollte sich da über Nacht einnisten«, knurrte Hudson. » Wenn wir bei diesem vermaledeiten Job irgendwann mal Glück haben sollten, dann vielleicht jetzt, wenn wir sie sauber abservieren.«
Zwei sah seinen Chef an und zog die Augenbrauen in die Höhe.
» Hast du nicht auch
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