Ungnade: Thriller (German Edition)
rekonstruieren. Und dann müssen da noch die Gespräche sein, die Weiss und Leonard direkt mit einem dieser Telefone geführt haben, womit sie sich wiederum als Auftraggeber der Killer verraten. Außerdem hat Weiss mir erzählt, er habe Leonard Geld vorgestreckt, um seine Firma zu gründen. Das ist die Verbindung zwischen den beiden. Da Leonard Tara Byrnes Manager ist, braucht man also nur noch eins und eins zusammenzuzählen, und die Hintergründe des Bombenanschlags sind klar.
» Hört sich gut an«, sagte Hardy.
Rebecca konnte ihren Blick noch immer nicht von Nummer drei abwenden. Inzwischen versuchte er sich wieder in eine aufrechte Sitzhaltung zu bringen, indem er sich gegen die Wand stemmte, war aber bisher erfolglos geblieben.
» Würdest du nach London fahren und deinen Kontaktleuten von Echelon all das vorlegen?«, fragte Logan Purcell. » Es wird bestimmt allerhand Überzeugungsarbeit nötig sein, und wir müssen noch die Einzelheiten ausarbeiten, damit alles ein schlüssiges Gesamtbild ergibt. Das heißt, dass du die Insel verlassen müsstest.«
» Daran führt wohl kein Weg vorbei«, sagte er. » Ich muss das schon persönlich in die Hand nehmen.«
» Und das wirst du tun?«
» Klar. Meine Leute in London verfügen über genügend Einfluss, um dafür zu sorgen, dass der Fall den Cops in Glasgow entzogen wird und sich eine überregionale Sondereinheit zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens seiner annimmt. Dann werden die Hebel an den richtigen Stellen angesetzt. Womit ich natürlich nichts gegen die Glasgower Polizei sagen will.«
Rebecca schmunzelte.
» Allerdings gibt es da noch ein Problem, das wir noch gar nicht angesprochen haben«, sagte Logan. » Gabriel Weiss. Er wird das alles nicht so einfach geschehen lassen und anstandslos in Haft gehen. Eher wird er die Geschichte in der Öffentlichkeit verbreiten, um uns mit ihm ins Verderben zu reißen– damit ginge der Schuss nach hinten los.«
» Da hast du wahrscheinlich recht«, sagte Rebecca.
» Ich kenne solche Typen«, sagte Purcell. » Vermutlich hat er nicht nur jede Menge Geld, sondern auch Rechtsverdreher zur Hand, die in seinen Diensten stehen. Was ihn betrifft, brauchen wir eine andere Lösung.« Er erhob sich und ging zu Hudson und Nummer drei hinüber. Hudson zuckte in Vorahnung von Schlägen zusammen.
» Und was meinst du dazu, mein Sohn?«, fragte Purcell.
» Ich habe schon eine Weile darüber nachgedacht«, sagte Hudson, der nun eine Möglichkeit sah, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, » vielleicht dürfte ich euch bei dieser Sache behilflich sein?«
» Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest.«
7 . Teil: Der Ausklang
1
Gabriel Weiss erwachte von dem Radiowecker auf seinem Nachttisch. Er streckte den Arm aus und drückte auf einen Knopf, um ihn auszuschalten. Es war kurz nach halb acht am Morgen.
Seine dreigeschossige Stadtvilla lag in einem ausgesprochen noblen Londoner Stadtteil. Als er vor fünf Jahren hier eingezogen war, hatte er jede Etage renovieren lassen. Jetzt gab es auf allen drei Ebenen ein Soundsystem, das sich von jedem einzelnen Raum aus regulieren ließ. Als er sein gefliestes Bad betrat, das so groß war wie bei den meisten Leuten das Wohnzimmer, stellte er das System so ein, dass die Klänge von Queens » Bohemian Rhapsody« das Haus erfüllten. Und da er nichts gegen ein bisschen Schwülstigkeit hatte, drehte er die Lautstärke noch etwas auf.
Nach einer langen Dusche wählte er einen schwarzen Leinenanzug von Armani und ein weißes Hemd für den Tag aus– für seine Verhältnisse fast leger. Er bewohnte das Haus allein und genoss die Freiheit, tun und lassen zu können, was er wollte. Dennoch musste er sich gelegentlich auch mal in seiner Anwaltspraxis blicken lassen, wenn er die Fassade der Rechtschaffenheit wahren wollte.
» So ein Stress«, sagte er im Flur zu seinem Spiegelbild.
Eigentlich hielt er sich nie groß in seiner Küche auf, doch an diesem Morgen entschied er sich, dass er die Leere in seinem Magen mit etwas füllen musste. Er brutzelte schnell zwei Rühreier, die er mit einem Vollkornbagel und einer Tasse englischem Frühstückstee zu sich nahm. Der Küchenanbau im Erdgeschoss verfügte über ein Glasdach. Weiss blickte nach oben, als er das Tröpfeln des Regens hörte. Er war heute Morgen noch beunruhigter, als er es gestern Abend schon gewesen war, denn Carl Hudson hatte seit fast zwei Tagen nichts mehr von sich hören lassen. Ihm war klar, dass Hudson sich nach
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