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Unguad

Unguad

Titel: Unguad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Werner
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ganz schwer gemacht, so getan, dass ich nicht verstehe, was sie
will. Sie hat geflucht.« Ein Grinsen huschte über sein altes Koboldgesicht, das
sich schnell in eine Grimasse des Abscheus verwandelte. »Und gestunken hat die! Mária és Jószef! Die hätt sich öfter selber baden
sollen. Ha! Noh, was meinst, Karin? Soll ich traurig sein?«
    Ich zog eine meiner Schultern nach oben und machte eine unbestimmte
Geste, da ich nicht antworten wollte. Viel lieber wäre mir gewesen, wenn er
weitergeredet hätte. Und es klappte.
    »Die hat gestern noch – izé – noch
schlechtere Laune als sonst gehabt. Hat mir meine Tablett mit die Frühstück auf
die Tisch geknallt. Jessas! Kein ›Guten Morgen, Herr Szabó‹, kein gar nichts.
Sofort wieder raus. Und was? Zwei Stunden dann ist sie tot. Ja, so kann gehen.«
    Herr Szabó war wirklich nicht ergriffen von ihrem gewaltsamen Tod.
Er lehnte sich nach vorn, und ich musste seinen süßlichen Alte-Herren-Atem
riechen.
    »Karin, sag mir, ist sie gestorben an gebrochenem Herzen?« Er
betrachtete mich mit seinen großen braunen Glupschaugen, deren Skleren
erstaunlicherweise gelb waren, hielt die Luft an, scheinbar begierig auf meine
Antwort. Ich wusste nicht, was ich auf diese sonderbare Frage sagen sollte.
Deshalb schaute ich ihn schweigend an. Eine halbe Minute passierte nichts. Dann
platzte es aus ihm heraus und Gelächter erschütterte seinen quadratischen
Körper. Er konnte gar nicht mehr aufhören. Wischte sich die Lachtränen aus den
Augen. Schlug sich auf die Oberschenkel. Fing zu husten an. Winkte mir zu, als
ich aufstand, von diesem Ausbruch unangenehm berührt, und fliehen wollte.
    Auch als ich den Gang wieder zurück Richtung Schwesternzimmer lief,
dröhnte mir seine seltsame Reaktion noch in den Ohren. »Ist sie gestorben an
gebrochenem Herzen?« Wohl kaum. Ich konnte mir keine Frau vorstellen, die
weniger in dieses Klischee passen würde.
    Ich schüttelte den Kopf und gleichzeitig dieses beklemmende Gefühl
ab und spähte ins Schwesternzimmer. Schwester Marion saß an ihrem Schreibtisch
und schrieb irgendetwas in eine Akte. Ich klopfte an die Glastür.
    Sie hob den Blick und hieß mich mit ihrem sympathischen Lächeln
willkommen. Also betrat ich das Zimmer. Eigentlich war es ganz nett hier. Ein
runder Tisch stand in der Mitte, darauf ein kleiner Strauß aus pastellfarbenen
Kunstblumen in einer bauchigen Vase. Schränke an den Wänden und ein
Schreibtisch, an dem das Personal arbeitete. Helle Vorhänge verhinderten, dass
die Sommersonne die Raumtemperatur zu sehr erhöhte. Dahinter lag ein Südbalkon,
auf dem einige der Pfleger und Pflegerinnen dem Rauchgenuss frönten. Schwester
Marion gehörte nicht dazu. Ich dachte mir immer, wenn ich einmal alt wäre und
in einem Heim wohnen müsste, wollte ich von so einem Menschen wie Schwester
Marion betreut werden. So hilfsbereit und menschlich und dabei noch so hübsch
anzusehen!
    Auch heute hatte sie ihre hellbraunen Haare zu einem praktischen
Dutt gebunden, die blauen Augen blickten freundlich über ihren sommersprossigen
Wangen. »Kann ich Ihnen helfen, Frau Schneider?«
    »Nun, nicht direkt. Ich weiß nicht, wie ich sagen soll. Ich möchte
nicht aufdringlich sein, Schwester Marion. Aber mich hat mein grausiger Fund
gestern ziemlich durcheinandergebracht.« Sie nickte verständnisvoll. »Und ich
hab viel darüber nachgedacht. Nun, ich hab mich gefragt, wer Elvira umbringen
wollen würde. Da bin ich zu keinem Schluss gekommen. Haben Sie eine Idee?« Ich
schaute sie verlegen an. So eine adrette Person mit diesem Thema zu behelligen,
fiel mir nicht leicht. »Ist Ihnen denn in den letzten Tagen etwas
Ungewöhnliches aufgefallen?«
    Schwester Marion blickte mich ruhig an. Klemmte eine imaginäre
Haarsträhne hinter ihr kleines, bestimmt sauberes Ohr, deutete auf einen der
Stühle. Ich setzte mich. »Nein, Frau Schneider, ich finde es auch einfach
entsetzlich, was Elvira da zugestoßen ist. Aber ich gehe von einem
unglückseligen Unfall aus. Ich kann es mir ebenfalls nicht erklären. Gestern
früh hatte ich keinen Dienst. Ich weiß also nicht, ob etwas Besonderes
vorgefallen ist.« Ihre großen Augen schauten mich ernst an.
    »Haben Sie vielleicht in den Tagen davor irgendetwas gesehen oder
gehört?« Noch wollte ich nicht aufgeben.
    »Das hat mich die Polizei auch schon gefragt. Ich weiß nichts.
Elvira war eine liebe Kollegin. Ich kann da wirklich nichts sagen.«
    Eine liebe Kollegin? Na, das kaufe ich ihr jetzt nicht ab!

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