Unguad
der
Milchstraße.« Jetzt war sie ebenfalls interessiert. Münchner hielten eben doch
zusammen. »Dann kennen Sie bestimmt den kleinen Gemüseladen in der Wörthstraße,
oder?«
»Da habe ich immer eingekauft.«
»Wir auch. Der hatte damals die besten griechischen Wassermelonen!«
Sie lächelte über meine Begeisterung. »Die hat er immer noch.«
»Ich kann es gar nicht fassen, dass wir fast Nachbarn waren! Da
müssen Sie unbedingt mal bei uns vorbeikommen und wir ratschen über die alten
Zeiten! Hätten Sie Lust?«
Sie zögerte. »Nun, gern. Allerdings erst, wenn dieser Fall
abgeschlossen ist. Ich möchte keine Verwicklungen.«
Das versetzte mir wieder einen Dämpfer. Schon klar. Aber wie man so
sachlich an berufliche Dinge denken konnte, obwohl man quasi frühere Nachbarn
aus München wiedergefunden hatte, das verstand ich nicht. Nun, egal.
Aufgeschoben war ja nicht aufgehoben.
»Natürlich. Die Ermittlungen. Nicht, dass ich die Mörderin bin und
Sie haben mit mir Kaffee getrunken. – Sorry!« Das war wohl wieder nicht
korrekt.
»Darüber mache ich keine Witze, Frau Schneider.« Damit wollte sie
unser Gespräch erneut beenden. Jetzt fiel mir jedoch zum ersten Mal etwas
Vernünftiges, zum Fall Gehörendes ein. Ich musste ihr von meiner Begegnung mit
der alten Frau im Rollstuhl berichten!
»Sie haben ja so recht. Aber eine Kleinigkeit sollte ich Ihnen doch
noch erzählen!« Ich erkannte, dass die Kommissarin am Ende ihrer Geduld
angekommen war.
Bevor sie mich hinauskomplimentieren konnte, fuhr ich fort: »Gestern
hat mir eine alte Dame im Rollstuhl erzählt, dass Elvira sie geschlagen hat,
wenn ihr ein Missgeschick mit ihrer Windel passiert ist. Sie wissen schon. Und
sie hat mir Hämatome gezeigt, die durchaus von einer früheren Gewaltanwendung
stammen können.«
»Tatsächlich? Wie heißt sie?« Frau Langenscheidt hatte den Stift
gezückt und hielt ihn über ihre Akte. In diesem Moment klopfte es an der Tür,
und Columbo – pardon – Kommissar Braun trat ein. Er trug zwei Tassen Kaffee in
der Hand. Augenscheinlich kam er gerade aus dem Schwesternzimmer. Er grüßte
mich, stellte eine Tasse vor seine Chefin und setzte sich neben mich auf den
anderen Besucherstuhl.
Ich nahm den Gesprächsfaden wieder auf: »Ich kenne ihren Namen
nicht. Sie wohnt auf Station zwölf, und es ist dieselbe Frau, die in der Nähe
war, als ich Elvira gefunden habe.«
»Ah, Frau Moser. Mir gegenüber hat sie nichts von einer Misshandlung
durch die Pflegerin erzählt. Dir etwa?«
Kommissar Braun hob fragend die Brauen. Die Kommissarin setzte ihn
in knappen Worten in Kenntnis. »Nein, bei mir hat sie auch nichts erwähnt.«
»Nun, eventuell ist es doch gut, wenn ich ebenfalls mit den Leuten
rede?« Das konnte ich mir nicht verkneifen.
Frau Langenscheidt lächelte. »Vielleicht. Aber innerhalb Ihrer
Grenzen. Und Sie berichten uns davon! In Ordnung?«
»In Ordnung.« Ein klein wenig stolz war ich jetzt. Fühlte mich zum
Hilfssheriff ernannt.
»Na, dann werden wir Frau Moser sowie die Schwestern und Pfleger
diesbezüglich befragen. Hans, hole doch Frau Moser zu uns.« Er machte sich
sofort auf den Weg. Als sich hinter ihm die Tür schloss, wandte ich mich mit
hochrotem Kopf an die Kommissarin.
»Ähm! Also, mit Schwester Marion hatte ich schon ein Gespräch
darüber.« Das war mir jetzt wirklich peinlich.
»Wie bitte?«
»Ja. Ich hab sie gestern zufällig in Passau getroffen, und da hab
ich es ihr erzählt.«
»Das darf doch nicht wahr sein! Das meinte ich damit, dass Sie sich
nicht in unsere Ermittlungen einmischen sollen! Der erste Eindruck nach einer
Frage ist für uns enorm wichtig, und das haben Sie jetzt zunichtegemacht!
Ärgerlich! Sehr ärgerlich!« Sie schaute mich auch wirklich sehr ärgerlich an.
Das war’s dann wohl mit meiner Beförderung.
Ich war zerknirscht. »Es tut mir leid. Ich dachte mir nichts dabei.
Als Schwester Marion so unerwartet vor mir stand, ist die Frage einfach aus mir
herausgeplatzt.«
»Ja, ja. Nun ist es auch schon zu spät. Ich hoffe, das kommt nicht
mehr vor!«
»Nein, bestimmt nicht. Und nochmals Entschuldigung!«
»Mhm. Aber jetzt muss ich arbeiten. Wenn Sie noch einmal etwas
erfahren, kommen Sie bitte sofort zu mir! Ist das klar?«
»Ja, vollkommen. Auf Wiedersehen.« Bedröppelt verließ ich den Raum.
Vor der Tür schob Kommissar Braun bereits Frau Moser heran. Als sie mich
erkannte, traf mich ein giftiger Blick. Anscheinend war sie nicht glücklich,
dass ich ihre Geschichte
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