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Unguad

Unguad

Titel: Unguad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Werner
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noch, mehr von
dem Rücken der alten Dame zu sehen. Die Arme hatten nämlich keine Flecken.
    »Sie wollten doch wissen, warum die Elvira am Dienstag so schlecht
gelaunt war, oder? Frau Schneider!«
    »Ja? Ja, natürlich! Entschuldigen Sie, Kerstin. Ich war mit meinen
Gedanken gerade ganz woanders. Erzählen Sie bitte!« Ich wandte meinen Blick von
der Rollstuhlfahrerin ab und richtete meine Aufmerksamkeit auf die Pflegerin.
    »Also.« Kerstin wurde noch leiser. »Elvira hat Ärger mit dem Adam
Hecker gehabt.«
    »Mit dem Hecker.« Sehr seltsam.
    »Ja.«
    »Haben Sie denn einen Verdacht, worum es gegangen sein könnte?«
    »Nun, nicht wirklich.« Kerstin war verlegen.
    »Aber so eine winzige Ahnung?« Irgendwie musste ich sie zum Reden
bringen.
    »Na ja. Vielleicht ging es um …« Nun war Kerstin so gut wie nicht
mehr hörbar. Ich beugte mich näher zu ihr vor. »… um ihre Liebschaft.«
    »Liebschaft?« Mein Ausruf war etwas zu geräuschvoll ausgefallen; ich
schlug mir die Hand vor den Mund.
    »Schsch. Ja. Elvira hatte nämlich ein Verhältnis mit dem Hecker.«
    »Mit dem?« Schon wieder zu laut. Wir waren an der Zimmertür der alten
Dame angekommen. Kerstin öffnete sie und schob den Rollstuhl hinein. »Ich komme
gleich, Frau Baumann!«, rief sie und schloss schnell von außen die Tür. Wir
waren allein im Gang.
    »Ja, mit dem Hecker. Die beiden haben sich immer in der
Abstellkammer getroffen.«
    »In der Abstellkammer?« Geistreich wie ein Papagei. Also hatte
Martin mit seiner Witzvermutung über gefährliche Sexspielchen in der Kammer
doch recht gehabt. Ich wollte mir das lieber nicht genauer vorstellen! »Woher
wissen Sie das? Die werden das ja nicht während der Arbeitszeit gemacht haben,
oder?«
    »Na ja, meistens wohl im Nachtdienst. Dann sind nur vier Pfleger im
ganzen Haus, zwei unten, zwei oben. Und die beiden haben es in den letzten
Monaten immer so eingerichtet, dass sie zur gleichen Schicht eingeteilt worden
sind. Nachtdienste sind nämlich nicht bei allen beliebt, müssen Sie wissen. Da
kann man sich die Termine schon heraussuchen.«
    »Ja, aber Elvira! Der Hecker ist zwar kein Adonis, aber trotzdem!«
    »Nun, so schlecht sah Elvira auch nicht aus. Sie war nur ein wenig
dicker.« Kerstin reagierte leicht verschnupft. Wahrscheinlich weil sie
ebenfalls einige Pfunde zu viel auf den Hüften mit sich herumtrug. Da war
jedoch ein gewaltiger Unterschied, fand ich zumindest!
    »Ein wenig dicker? Ich würde sagen, echt, nun, korpulent. Und ihr
Damenbart und die behaarten Beine.«
    Mein Gegenüber war wieder besänftigt. »Schon. Allerdings war sie
auch ziemlich krank.« Die nette Kerstin wollte ihre Kollegin verteidigen.
»Hatte Asthma und zuckerkrank war sie und allergisch gegen alles Mögliche.«
    »Allergisch war sie? Wogegen denn?«
    »Ach, keine Ahnung. Auf jeden Fall hatte sie panische Angst vor
Wespen. Da konnte sie völlig ausflippen.«
    »Ich verstehe.«
    Kerstin fuhr in ihrer Verteidigungsrede fort: »Und auch sonst hatte
sie es nicht leicht. Allein mit ihrer Mutter in dem alten Haus.« Ihre
seelenvollen braunen Augen blickten schwermütig. »Da hab ich ihr das bisschen
Freude schon gegönnt.«
    »Wo hat die Elvira eigentlich gewohnt?«
    »In Fad.« Aufgrund meiner unwissenden Miene schob sie als Erklärung
nach: »So fünf Kilometer von hier, Richtung Bayerbach.«
    »Okay.« Ich war immer noch nicht viel schlauer. »Und da hat sie mit
ihrer Mutter gelebt?«
    »Ja. Der geht’s gesundheitlich nicht so besonders. Elvira hat sie
nicht allein lassen können.«
    »Aha. Und woher wissen Sie das von dem Verhältnis mit dem Hecker?«
    »Na, mir ist aufgefallen, dass die beiden immer geschaut haben, dass
sie zusammen Nachtdienst schieben. Und dann ist der Elvira mal ein Papier aus
der Hosentasche gefallen. Das hab ich zufällig gefunden. Da stand drauf, dass
er dann und dann Zeit hätte, sich mit ihr in der Kammer zu treffen. Na ja, mit
anderen Worten. War schon eindeutig. Ich hab ihr den Zettel zusammengefaltet
wiedergegeben. Sie hat ihn eingesteckt und mich angemacht, dass ich mich nicht
in ihre Sachen einmischen soll, und dabei ganz dreckig gegrinst.«
    Ich dachte nach. »Noch etwas anderes: Sie hatten ja an dem Vormittag
Dienst, als Elvira umkam. Haben Sie denn gehört, dass sie in der Abstellkammer
um sich geschlagen hat? Das muss doch einen ziemlichen Lärm verursacht haben.«
    »Nein, ich habe nichts mitbekommen. Aber …« Sie stockte.
    »Ja?«
    »Ich weiß ja nicht, ob das wichtig ist.«
    »Nur

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