Unguad
stinkig und
natürlich auch wegen der undurchsichtigen Verbindung zu Schwester Marion.
Martin strafte mich mit Missachtung, weil er meine ungarisch-italienischen
Temperamentsausbrüche nicht mehr leiden konnte. Früher war er fasziniert davon
gewesen. Na ja, ich musste ehrlicherweise zugeben, dass ich damals mein
Temperament in anderer Weise gezeigt hatte, als ihn zu beschimpfen. Susa und
Lilli hatten sich wegen irgendwelcher Klamotten gestritten. Die eine sollte sie
der anderen einfach weggenommen und angezogen haben. Ein Schwerverbrechen in
ihrer Welt. Linus wollte noch zu einem Freund und dort übernachten. Jetzt hatte
er allerdings auch irgendeinen Pups quersitzen und sich bei lauter Musik in
seinem Zimmer verbarrikadiert. Also nichts wie weg.
Zehn Minuten vor der verabredeten Zeit saß ich im Biergarten vom
Wirt z’Kirchmünster und schwelgte im Nichtstun. Ich ließ meinen Blick über den
Kirchplatz schweifen, dessen alte Kastanien wohltuenden Schatten spendeten. Wie
gut, dass die Sanierung samt Fällen der Bäume noch rechtzeitig gestoppt worden
war. Wie sollte man sonntagmittags zum Beispiel das gute selbst gebraute Bier
genießen, wenn man in der prallen Sonne säße. Und jetzt am Abend hielten die
dicht belaubten Äste die Wärme über den Tischen, sodass man länger draußen
sitzen konnte. Nein, so war es viel besser.
Von meinem Platz aus hatte ich alles im Blick, und so sah ich
Isabell schon von Weitem heranschweben. Mit ihren wehenden Kleidern samt
Chiffonschals kam sie mir immer wie eine überirdische Erscheinung vor. Alles
flatterte – die bunten Rocksäume, der leichte Stoff des Schals, ihre langen
dunklen Haare – und bildete eine farbenfrohe Aura um sie herum. Ganz Künstlerin
eben.
Zur Begrüßung küssten wir uns. Seit sie mit ihrem Franzosen zusammen
war, bestand sie auf drei Küsschen: rechts, links, rechts. Warum nicht? Ich
hatte schon aufwendigere Marotten von ihr mitgemacht. Wir bestellten uns den
leckeren Salat mit Spargel und Erdbeeren und eine gut gekühlte Weißweinschorle
dazu. Was wollte man mehr?
»Du hast am Telefon so bedrückt geklungen. Ist etwas passiert?«
Isabell war eine gute Freundin.
»Es ist so viel passiert, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen
soll«, seufzte ich. »Aber der eigentliche Grund, warum ich heute mit dir reden
wollte, ist, dass ich glaube, Martin betrügt mich.«
»Nein!« Sie hörte zu essen auf.
»Oder dass er es zumindest vorhat.« Ich biss mir auf die Unterlippe,
damit mir nicht die Tränen kamen. Das wär’s noch. Hier mitten auf dem
Kirchplatz vor allen Leuten zu heulen.
»Guten Abend, meine Damen.« Wir hatten nicht bemerkt, dass Frau
Wieland, seit Neuestem ja Heidemarie, an unseren Tisch getreten war. Ich setzte
mich wieder aufrecht hin und versuchte, ein fröhliches Gesicht zur Schau zu
stellen. »Oh, grüß dich, Heidemarie. Isabell Chiara kennst du?«
»Aber natürlich! Ich war ja auf Ihrer Vernissage. Ganz
beeindruckend, Ihre Bilder. Wirklich sehr ausdrucksstark.«
»Danke schön.« Komplimente hörte jeder gerne, da war meine Freundin
keine Ausnahme.
»Haben Sie nicht auch Ihr Atelier hier in Kirchmünster?«, wollte
Heidemarie wissen.
»Ja, im KUSS .
Der KU nst
im Schlo SS .
Zusammen mit sechs sehr talentierten Künstlern. Sie müssen uns mal besuchen
kommen. Wollen Sie eine Karte mit unseren Öffnungszeiten?« Isabell kruschte in
ihrer geräumigen Tasche und hielt Frau Wieland bald darauf eine Visitenkarte
entgegen.
»Aber gerne. Ich schaue sicherlich einmal vorbei. Diese Ateliers im
Schloss wollte ich mir immer schon angucken. Jetzt muss ich allerdings weiter.
Ich komme gerade aus der Bücherei und nun ist doch das Treffen von der Tafel.
Ja, da kommt Herr Biedersteiner.« Mit einem kecken Augenaufschlag: »Bernhard.«
Sie winkte ihm zu. »Auf Wiedersehen, Frau Chiara, Karin.« Und weg war sie.
»Eine nette Frau«, stellte Isabell zufrieden fest.
»Mhm. Zumindest hat sie zahlreiche soziale Engagements laufen.«
»Schön, dass es heutzutage noch solche Leute gibt. Wie viele Rentner
langweilen sich zu Hause und streiten sich nur mit den Nachbarn. Da ist es doch
vorbildlich, wenn man sich karitativ in die Gesellschaft einbringt.«
»Da hast du ganz recht.«
»Aber nun zurück zu Martin. Was hat er gemacht?«
Nachdem ich ihr in allen Einzelheiten von meinen Beobachtungen und
Entdeckungen erzählt und wir das Für und Wider meiner Verdächtigungen
besprochen hatten, hatte Isabell eine Idee: »Wie wäre es, wenn du sie zu
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