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Unguad

Unguad

Titel: Unguad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Werner
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undeutlich einen Druck
gespürt zu haben. Als ob sich was in meine Lehne bohrte. Etwas Hartes. Wie ein
Knie. Ich wurde steif vor Schreck. Das konnte ja gar nicht sein. Karin,
beruhige dich! Das bildest du dir nur ein. Ungemütlich rutschte ich auf meinem
Sitz hin und her, versuchte mich abzulenken. Was war der Kommissarin bloß
dazwischengekommen? Wann würde sie sich wohl wieder melden? Oder sollte ich
anrufen?
    Da!
    Wieder!
    Das gleiche Gefühl.
    Heftiger.
    Meine Hände hielten krampfhaft das Lenkrad fest. Was nicht sein
darf, darf nicht sein! Aber ich fühlte, ich war nicht allein hier im Auto. Vor
Jahren … in einem Krimi … da war einer Frau in ihrem Wagen aufgelauert worden.
Seitdem fürchtete ich mich davor. Immer. Und jetzt? Mein Gott! Bitte nicht!
    Ich wagte es nicht, mich umzudrehen und nachzusehen. Zu groß war die
Furcht vor dem, was da sein könnte. Aber die Realität zwang mich dazu, ihr ins
Antlitz zu blicken. Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr. Mein Herz
randalierte. Mir blieb die Luft weg.
    Gleich schreie ich!
    Aus der Dunkelheit der hinteren Sitzreihe tauchte eine graue Gestalt
auf.
    »Ah!«
    Reflexartig lenkte ich nach rechts und trat auf die Bremse. Die
Räder knirschten auf dem Splitt und rutschten etwas, bevor das Auto stillstand.
Der Motor starb röchelnd ab. Ich klammerte meine nass geschwitzten Hände fester
um das Lenkrad. Starrte in den Rückspiegel. Der Mann bewegte sich nicht. Hatte
mir noch nicht einmal den Mund zugehalten, als ich geschrien hatte. Still und
bewegungslos saß er auf der Rückbank.
    Die ganze Situation erschien mir unwirklich. Mit schmerzhaft
verkrampftem Nacken drehte ich mich nach hinten. Ich fürchtete mich vor einer
plötzlichen Attacke. Beklommen wagte ich einen Blick. Der Schock legte einen
Schleier über meine Augen. Ich blinzelte hastig. Oh Gott! Blitzschnell wandte
ich mich um.
    Den kenn ich.
    Diese Erkenntnis wand sich durch mein vor Schreck lahmgelegtes
Gehirn.
    Das ist, oh Scheiße, das ist der Adam Hecker!
    Im Zwielicht erfasste ich sein langes Gesicht mit den schmalen Augen
und der spitzen Nase.
    Jetzt war die Angst größer als das Erschrecken.
    Sie schlich mir eiskalt den Nacken hinauf.
    »Fahr zu!«
    Verschreckt schaute ich in den Rückspiegel. Da sah ich etwas
aufblinken.
    Ein Messer?
    Ich bemühte mich, im Spiegel auszumachen, was es war. Nein, kein
Messer. Eine Nadel. Er hielt eine Spritze an meinen Hals. Die scharfe Spitze
ritzte mir in die Haut.
    »Au! Was soll das!«, versuchte ich kämpferischer zu wirken, als mir
zumute war. Ein Traum. Das musste ein Traum sein. Ein Alptraum.
    »Halt’s Maul und fahr endlich weiter.« Er stank aus dem Mund.
Übelkeit boxte mir in den Magen.
    »Was wollen Sie von mir?« Ein zweiter Anlauf, mit klarer Stimme zu
sprechen. Ich wusste jedoch, bald würde ich vor Aufregung nur mehr ein Piepsen
herausbringen.
    »Wir tun jemand besuchen.« Er legte seine linke Hand auf meine
Schulter. Sie wog nicht schwer, aber die Berührung steigerte meine Angst. Ich
versuchte einen Blick darauf zu werfen, ohne meinen Kopf zu drehen. Da ruhten
seine langen, bleichen Spinnenfinger auf meiner dünnen Strickjacke. Er ließ sie
einfach nur da liegen, scheinbar absichtslos. Ich aber fühlte mich noch mehr in
der Klemme. Der Tod ritt auf meinen Schultern.
    »Wen besuchen wir?« Meine Stimme bebte. Mist. Er sollte nicht
merken, dass ich Angst vor ihm hatte.
    »Wirst schon sehen. Jetzt mach endlich!«
    Ich atmete zittrig ein und versuchte den Motor anzulassen. Aber in
meiner Nervosität verwechselte ich Kupplung mit Bremse und würgte ihn ab. Das
Getriebe gab jammernde Laute von sich.
    »Wie deppert bist denn?« Er haute mit seiner Linken auf meine
Schulter. Ich zuckte zusammen. Mit beiden Händen packte er meine Rückenlehne
und rüttelte. »Mach! Los!«
    Die ruckartigen Bewegungen schüttelten mich durch. »Ja-a-a.« Mein
Hinterkopf schlug an die Kopfstütze. Bald würde mir die Kraft fehlen, nicht
einfach loszuheulen. Er stoppte sein Gerüttel, trat noch einmal kräftig gegen
meine Lehne und ließ sich nach hinten auf den Sitz fallen.
    Nach drei weiteren ergebnislosen Versuchen schaffte ich es. Endlich
sprang der Wagen an. Stockend und hustend brachte mein Kangoo seinen
Stoffwechsel ins Lot. Ich holperte los und wollte vom Bankett zurück auf die
Straße. Scheinwerfer blendeten auf. Schril-les Hupen. Mich riss es. Gefährlich
nah erschreckte mich das Geräusch von Reifen auf regennasser Fahrbahn. Ein BMW raste vorbei,

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