Unguad
Versehen?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Außerdem ist es bei Asthma nicht ganz
ungefährlich. Manche Asthmatiker reagieren allergisch auf das Analoginsulin.
Das kann dann zu Erstickungsanfällen führen.«
»Ja, diese Information habe ich auch.« Kommissarin Langenscheidt
ließ die Schwester nicht aus den Augen. Erst langsam sickerte die Erkenntnis in
das Bewusstsein von Schwester Sieglinde. Sie fuhr sich über die Wange.
»Oh, ist die Elvira daran gestorben? Jemand hat ihr Insulin
gespritzt, sie war dagegen allergisch und ist erstickt? Mein Gott! Dann war es
doch nicht der Herr Szabó?«
»Wie ich eingangs sagte, beide Ursachen spielten zusammen.«
»Kommt er dann jetzt frei?«
»Nein, sicherlich nicht. Es war ja versuchter Mord. Meiner Meinung
nach. Entscheiden muss das allerdings das Gericht.«
»Ah so.« Frau Schönhuber überlegte. Sie biss sich auf einen
Fingernagel und starrte blicklos auf den Schreibtisch. »Aber wer soll das
gemacht haben?«
»War das Insulin frei zugänglich?«
»Nein, natürlich nicht. Unsere Insulinvorräte werden in dem
Kühlschrank im Medikamentenraum aufbewahrt, und der ist verschlossen.«
Kommissarin Langenscheidt notierte sich das, bevor sie die nächste
Frage stellte. »Ist Ihnen aufgefallen, dass etwas entwendet wurde?«
»Um Himmels willen, nein.« Sie rutschte auf ihrem Stuhl nach vorne
und legte ihre Hände auf den Tisch. »Wir halten genau fest, wie viele Ampullen
vorrätig sind und was wann für wen entnommen wird. Es hatte alles seine
Richtigkeit. Von uns kann das Insulin nicht stammen.«
»Nun, danke, Frau Schönhuber. Das wäre so weit alles.« Schwester
Sieglinde stand auf und ging zur Tür. Als sie schon die Klinke in der Hand
hatte, fiel ihr noch etwas ein.
»Ich denke, es hat wohl keine Bedeutung …« Sie hielt inne.
Frau Langenscheidt blickte von ihren Unterlagen auf. »Ja?«
»Aber gerade heute hat mich Frau Schneider gefragt, ob Frau Wieland,
eine Ehrenamtliche, den Bewohnern Spritzen geben darf.«
»Frau Schneider?«, fragte die Kommissarin konsterniert.
»Ja. Ich hab mich auch gewundert. Sie sagte, ihre Mutter hätte das
erzählt. Aber die Frau von Markovics ist dement. Deshalb bin ich der Sache
nicht nachgegangen.«
»War denn Frau Wieland am fraglichen Dienstagmorgen auf Ihrer
Station?«
»Ich habe sie nicht gesehen.«
»Die Frau von Markovics finde ich wo?«
»Zimmer 1203.«
Sechzehn Uhr dreiundvierzig
Kommissarin Langenscheidt hatte zusammen mit Kommissar Braun die
Eheleute von Markovics befragt. Leider konnte sich Magdalena von Markovics
nicht daran erinnern, etwas über Frau Wieland in Zusammenhang mit Spritzen
gesagt zu haben. Ob mangels Gedächtnis oder aus anderen Gründen war nicht
festzustellen. Ihr Mann versuchte zwar, sie zum Reden zu bewegen. Aber sie
blieb stur.
Daher machten sich die beiden Polizisten jetzt auf den Weg zu Frau
Wieland. Die ermittelte Adresse führte sie zu einem Mietshaus im
klassizistischen Stil am Rande des kleinen Stadtparks. Sehr hübsche Lage. Aber
niemand öffnete auf ihr Klingeln. Auch die Befragung des Hausmeisters, der
gerade die herabgefallenen Geranienblätter auf dem Gehweg zusammenkehrte, ergab
nichts. Die Frau Wieland sei eine nette, anständige Dame, die viel karitativ
arbeiten würde. Er war sichtlich angetan von ihr und wenig erfreut, dass die
Polizei nach ihr fragte.
Die Polizisten wollten eben in ihr Dienstfahrzeug steigen und zur
Adresse von Adam Hecker weiterfahren, da fiel Kommissarin Langenscheidt ein
junges Pärchen auf der nahen Parkbank auf. Händchenhaltend in die Augen des
jeweils anderen vertieft.
»Warte mal, Hans«, sagte sie zu ihrem Kollegen und warf die Autotür
wieder zu. Sie ging die wenigen Schritte bis zur Bank und blieb davor stehen.
»Du bist doch die Anna, die Praktikantin im Sonnenhügel, nicht
wahr?« Die beiden Jugendlichen hatten sie gar nicht bemerkt und schauten jetzt
erschrocken auf. Dann erkannte Anna die Kommissarin und nickte. »Ja.«
»Kennst du vielleicht die Frau Wieland? Sie arbeitet ehrenamtlich im
Heim.«
Linus legte instinktiv seinen Arm um Annas Schultern. So beschützt
gab Anna bereitwillig Auskunft: »Ja, ich kenn sie. Das ist die nette Frau, die
immer zum Vorlesen kommt.«
»Genau. Hast du sie heute hier gesehen? Vielleicht ist sie nach
Hause gekommen oder weggegangen?« Frau Langenscheidt schaute sie fragend an.
Anna schüttelte zaghaft den Kopf.
»Ich hab nicht aufgepasst, ob jemand hier vorbeigegangen ist.« Sie
errötete bis zum
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