Unheil
Sie
extra meinetwegen in diese Räucherkammer gegangen sind.«
Trausch starrte sie nur an.
»Wir können in ein anderes Lokal gehen, wenn Sie möchten«, schlug
sie vor.
»Wo ich mich extra in Unkosten gestürzt und meinen lebenslangen
Mitgliedsbeitrag im Voraus bezahlt habe?« Er schüttelte den Kopf. »Kommt
überhaupt nicht infrage!«
»Aber ich muss hier nichts essen, oder?«
Trausch lachte. »Nein. Sie sollten allerdings etwas essen. Lassen Sie mich raten: Das Frühstück heute Morgen war
bisher alles.« Conny nickte, und Trausch klappte die Karte zu. »Die Gnocchi
sind einigermaÃen erträglich. Ich bestelle uns zwei Portionen.« Ohne eine
Antwort abzuwarten, stand er auf und ging zur Bar.
Conny sah ihm mit wachsender Verwirrung nach. Trausch wechselte
nicht nur ein paar Worte mit dem langhaarigen Burschen hinter der Bar, sondern
redete sicher eine oder zwei Minuten mit ihm, und das Licht war nicht so
schlecht, als dass sie nicht mitbekommen hätte, wie wenig ihm gefiel, was
Trausch ihm zu sagen hatte. Sie war jetzt sicher, dass es noch einen anderen
Grund gab, aus dem sie hergekommen waren.
»Probleme?«, fragte sie, als er zurückkam.
Trausch streifte den noch immer unberührten Aschenbecher mit einem
irritierten Blick, setzte sich und trank einen groÃen Schluck Bier, und er
wischte sich auch ausgiebig mit dem Handrücken gar nicht vorhandenen Schaum von
den Lippen, bevor er antwortete. Wer versuchte jetzt
hier, Zeit zu gewinnen? »Nein«, sagte er. »Ich habe ihm nur klargemacht, was
ich mit seinem Küchenpersonal anstelle, wenn die Gnocchi wieder wie Gummi
schmecken wie beim letzten Mal.«
Dafür, dass er einer der besten Verhörspezialisten war, den sie
jemals kennengelernt hatte, dachte sie, war er ein erbärmlicher Lügner. »Ich
dachte, sie sind gut.«
»Sie sind besser als der Rest. Ich weiÃ, das allein heiÃt erst
einmal gar nichts. Aber keine Sorge, ich habe sie schon ein paarmal überlebt.«
Er nahm einen weiteren Schluck Bier, bevor er sie â jetzt wieder vollkommen
ernst â ansah und die Stirn in Falten legte. Schon bevor er weitersprach,
wusste Conny, dass das freundliche Vorgeplänkel nun endgültig vorbei war.
»Wir haben den Anruf auf Ihrem AB zurückverfolgt«, verkündete er.
Conny blickte fragend, und Trausch machte eine ebenso schuldbewusste
wie erklärende Geste. »Der Verrückte, der Sie so wüst beschimpft hat.«
Conny nickte und schwieg weiter. Dass er so ganz nebenbei gerade
zugegeben hatte, dass ihr Telefon abgehört wurde, schien ihm entweder nicht
bewusst oder vollkommen gleichgültig zu sein. Conny vermutete eher Letzteres.
»Es war eine Sackgasse, aber ich glaube nicht, dass Sie sich Sorgen
machen müssen. Der Anruf kam aus einer Telefonzelle, und die Stimmanalyse hat
ergeben, dass es sich um einen Jugendlichen handelt. Kaum älter als achtzehn
oder neunzehn.«
»Also ungefähr so alt wie Aisler«, sagte Conny ruhig.
»Stimmt«, räumte Trausch ein, schüttelte dann trotzdem gelassen den
Kopf und fuhr offensichtlich vollkommen ungerührt fort: »Aber nicht sein
Kaliber. Nicht einmal annähernd. Wenn Sie mich fragen, einer der üblichen
Spinner, die sich wichtigmachen wollen.«
»Und woher wissen Sie das, wenn Sie keine Ahnung haben, wer er ist?«
Trausch trank einen Schluck Bier, bevor er antwortete. »Sie würden
sich wundem, was unsere Spezialisten alles aus einer Stimme heraushören können.
Der Anrufer passt nicht einmal annähernd in Aislers Umgebungsprofil. Geringe
oder gar keine Schulbildung. Und ein Wortschatz im dreistelligen Bereich.« Er
schüttelte noch einmal und noch entschiedener den Kopf. »Ein Spinner, aber mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit harmlos. Lassen Sie uns über Ihren
geheimnisvollen Freund reden.«
Natürlich hatte sie nicht abgewartet, bis sie hier waren, sondern
ihm schon im Wagen von ihren unheimlichen Begegnungen mit Vlad erzählt;
einschlieÃlich der bizarren Szene im Heizraum und ihrem Erlebnis von gestern
Nacht â die sie mittlerweile selbst für nichts anderes als eine Halluzination
hielt. Es war ihr nicht leichtgefallen, aber sie hatte sich Trauschs Rat zu
Herzen genommen. Es brachte nichts, nur einen Teil der Wahrheit zu erzählen.
Wenn, dann alles. Auch wenn sie sich selbst ziemlich verrückt dabei
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