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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sich in Krämpfen
am Boden wand und die Hand gegen ihr blutendes Ohr presste?, dachte sie zornig.
Wahrscheinlich gab er ihr diesen durch und durch überflüssigen Rat sowieso nur,
um sie zu quälen.
    Conny rief sich in Gedanken scharf zur Ordnung und straffte sich,
ohne der Kälte dadurch etwas von ihrem Biss nehmen zu können, die wie eine
eisige Klinge durch ihre Kleidung schnitt. Ihr Blick tastete aufmerksam durch
den dunkel daliegenden Park , ohne dass sie irgendwo
auch nur die mindeste Bewegung oder den kleinsten verdächtigen Schatten
entdecken konnte. Natürlich wusste sie, dass sie ihm Unrecht tat. Er hatte
keineswegs vor, sie zu quälen, sondern war schlichtweg genauso nervös wie sie.
Er hatte ihr erzählt, dass er annähernd ein Dutzend Männer an strategischen
Positionen überall im Garten verteilt hatte, die meisten in Sichtweite, sodass
sie sie nicht nur im Auge behalten, sondern im Notfall auch binnen weniger
Sekunden bei ihr sein konnten, den Rest so, dass sie jeden Zugang und jeden
möglichen Fluchtweg blockierten. Wenn diese Zahl stimmte, dachte sie, dann
machten sie ihren Job wirklich gut. Sie hatte an genug Observierungen
teilgenommen, um zu wissen, wo und wie man sich versteckte. Sie sah keinen
Einzigen von ihnen.
    Nervös blickte sie abermals auf die Uhr. Noch eine Minute bis neun,
was Trauschs Nervosität zwar nicht weniger nervig machte, sie aber vielleicht
erklärte.
    Es wäre wohl etwas viel verlangt, zu erwarten, dass Vlad auf die
Sekunde pünktlich erschien. Sie war längst nicht mehr sicher, ob er überhaupt
kommen würde. Conny hatte den misstrauischen Unterton in seiner Stimme ebenso
wenig vergessen wie seine letzte Bemerkung. Und sie hatte Trausch auch von
beidem erzählt … was aber nichts daran ändern würde, dass er nicht gerade
begeistert reagieren würde, wenn Vlad nicht kam. Was Eichholz sagen würde, wenn
sich dieser ganze Aufwand als völlig unnötig herausstellte, das wollte sie sich
vorsichtshalber gar nicht erst ausmalen.
    Â»Ich sehe, du bist pünktlich«, sagte eine sanfte Stimme hinter ihr.
    Conny fuhr erschrocken zusammen und so abrupt herum, dass sie auf
dem nassen Laub am Boden beinahe ausgeglitten wäre und mit einer albernen
Bewegung um ihr Gleichgewicht kämpfen musste.
    Â»Was ist los?«, brüllte Trauschs Stimme in ihrem Ohr.
    Conny ignorierte nicht nur die Frage, sondern unterdrückte auch
erfolgreich den Impuls, die Hand gegen ihr Ohr zu pressen. Stattdessen
versuchte sie, die Dunkelheit hinter sich mit Blicken zu durchdringen,
allerdings mit wenig Erfolg. Erst als sich einer der Schatten im Inneren der
Kletterburg bewegte, wurde ihr klar, dass es gar kein Schatten war.
    Â»Wir waren für neun verabredet«, antwortete Conny ebenso automatisch
wie unbeholfen. Fast beiläufig wurde ihr klar, dass er tatsächlich auf die Sekunde pünktlich war. »Wenn ich mich mit jemandem
für neun verabrede, dann komme ich auch um neun.«
    Â»Das ist schön«, fuhr Vlad in leicht amüsiertem Tonfall fort. »Und
leider eine Tugend, die heutzutage immer mehr aus der Mode zu geraten scheint.«
Er schüttelte den Kopf, aber sie spürte die Bewegung mehr, als sie sie sah. »Es
gibt nichts Unerquicklicheres, als auf eine Verabredung zu warten und nicht
sicher zu sein, ob sie auch tatsächlich kommt, nicht wahr?«
    Â»Warum sollte ich nicht kommen?«, antwortete Conny mit deutlich
nervöserer Stimme, als ihr lieb war. »Ich meine – immerhin habe ich Sie um
dieses Treffen gebeten, oder?«
    Â»Mit wem reden Sie da?«, brüllte Trauschs Stimme in ihrem Ohr. Conny
versuchte sie weiter nach Kräften zu ignorieren, und Vlad legte den Kopf auf
die Seite und schien eine Sekunde lang zu lauschen. Dann nickte er. Auch
diesmal war die Bewegung eigentlich nur zu erahnen.
    Â»Ja, das stimmt«, bestätigte er. »Nun, hier bin ich, genau, wie du
es wolltest. Was kann ich für dich tun?«
    Â»Ich kann nichts verstehen!«, kreischte Trauschs Stimme in ihrem
Ohr. »Halten Sie ihn noch kurz hin. Versuchen Sie irgendetwas aus ihm
herauszubekommen – wir sind unterwegs.«
    Unterwegs von woher?, dachte sie fast
hysterisch. Vom Nordpol?
    Â»Vielleicht möchte ich einfach nur wissen, wer Sie sind«, sagte sie. Wo zum Teufel blieben Trauschs Männer?
    Â»Nein«, sagte Vlad sanft. Er klang irgendwie … enttäuscht fand

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