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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Conny.
Vielleicht verstimmt. »Das glaube ich nicht. Ich glaube eher, du hast mich
herbestellt, damit deine Kollegen mich verhaften können … obwohl ich doch gar
nichts getan habe, was eine Verhaftung rechtfertigen würde.«
    Welche Kollegen?, dachte sie. Wo zum Teufel blieben Sie? »Welche Kollegen? Sehen Sie
sich um. Hier ist niemand. Nur Sie und ich.«
    Â»Das ist wahr«, seufzte Vlad. Irgendetwas knackte; ein Zweig, der
unter einem unvorsichtig aufgesetzten Fuß zerbrach, und auch auf der anderen
Seite der verfallenen Kletterburg bewegte sich plötzlich ein Schatten. »Und wer
weiß – vielleicht nicht einmal ich.«
    Das Knacken wiederholte sich, lauter und länger anhaltend, und
plötzlich schien der gesamte Park mit hastenden Schritten und heranhuschenden
Schatten erfüllt zu sein. Irgendjemand schrie: » Stehen
bleiben!«, ein grellweißer Scheinwerferstrahl flammte auf und richtete
sich für einen Sekundenbruchteil so direkt auf ihr Gesicht, dass sie nun doch
die Hand hob und geblendet die Augen zusammenkniff; aber nicht ganz und auch
nur für einen Sekundenbruchteil, und als sie die Augen vorsichtig wieder
öffnete und zwischen ihren Fingern hindurchblinzelte, wurde sie mit einem ganz
und gar unglaublichen Anblick belohnt: Der Scheinwerferstrahl war
weitergewandert und richtete sich nun direkt auf Vlad, und im gleichen
Sekundenbruchteil, in dem er die schattenhafte Gestalt erfasste, schien sie
sich einfach aufzulösen, wie eine Figur aus einem Science-Fiction-Film, die von
einem außerirdischen Todesstrahl getroffen und lautlos in ihre Atome zerlegt
wurde.
    Das unglaubliche Bild verschwand so schnell, wie sie es
(vermeintlich) gesehen hatte … und auch Vlad war fort. Eine Hand ergriff sie an
der Schulter und zerrte sie so unsanft zurück, dass sie um ein Haar schon
wieder das Gleichgewicht verloren hätte und wahrscheinlich einzig deshalb nicht
stürzte, weil sie praktisch im gleichen Moment auch schon von einer zweiten,
kaum weniger unsanften Hand am anderen Arm ergriffen und beinahe noch unsanfter
festgehalten wurde. Sie gehörte Trausch, ebenso wie die Stimme, die sie
plötzlich in einem sonderbaren und alles andere als angenehmen Stereo-Effekt
hörte: von rechts in halbwegs erträglicher, wenn auch nahezu hysterischer
Tonlage, von der anderen Seite in einer Lautstärke, die ihrem ohnehin
angeschlagenen Trommelfell vermutlich den Rest gab.
    Â»Ist alles in Ordnung? Wo ist der Kerl?«
    Conny biss schmerzhaft die Zähne zusammen, riss sich los und
schaltete mit einer sehr hastigen Bewegung sein Headset ab, bevor sie
antwortete. »Abgesehen davon, dass ich gleich einen Hörsturz bekomme, ja«,
fauchte sie. »Und was soll das heißen, wo ist der Kerl?«
    Trausch antwortete nicht auf ihre Frage, sondern sah sie
durchdringend und unübersehbar verständnislos an, bevor er sich mit einem Ruck
umdrehte und einen halben Schritt in Richtung der heruntergekommenen
Kletterburg machte; allerdings nur, um sofort wieder stehen zu bleiben und
plötzlich noch hilfloser auszusehen.
    Â»Sagen Sie nicht, der Kerl ist Ihnen entwischt«, murmelte Conny.
    Trausch sah sie nur kurz und beinahe noch unsicherer an, zog es
darüber hinaus aber vor, ihre Frage nicht zu beantworten, jedenfalls nicht
sofort.
    Nicht, dass es nötig gewesen wäre, dachte Conny. Ein einziger Blick
in die Runde reichte. Aus den heranhastenden Schatten waren längst ein knappes
Dutzend Gestalten geworden, die wie eine Meute aufgescheuchter Wachhunde wild
durcheinanderstürzte, ohne dass auf den ersten Blick auch nur einer von ihnen
irgendetwas erkennbar Sinnvolles zu tun schien. Vlad war nirgendwo zu sehen.
Und wie auch?
    Schließlich hatte er sich ja vor ihren Augen in Nichts aufgelöst.
    Conny verscheuchte diesen albernen Gedanken und wandte sich noch
einmal an Trausch. »Er ist euch entwischt.«
    Trausch bedachte sie mit einem weiteren und diesmal eindeutig
ärgerlichen Blick, sagte aber immer noch nichts, sondern trat gebückt ins
Innere der Kletterburg und schaltete eine Taschenlampe ein, deren starker
Strahl die Dunkelheit vertrieb und über silbern angelaufenes altes Holz und
ungezügelt wucherndes Unkraut tastete. Zerrissenes Papier und aufgeweichte
Zeitungen bedeckten den Boden, und in einer Ecke wucherte ein bizarrer Wald aus
braungrauen Pilzen, die nicht besonders vertrauenerweckend oder gar gesund
aussahen.
    Von

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