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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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antwortete er. »Warum?«
    Conny antwortete auch jetzt nicht gleich. Aus ihrem Unbehagen war
mittlerweile tatsächlich Angst geworden, aber obwohl das Gefühl so gestaltlos
blieb, wie es die ganze Zeit über gewesen war, hatte sie zugleich das immer
seltsamere Empfinden, dass es eine Furcht war, die nicht wirklich ihr galt. »Als Sie mir vorhin nachgefahren sind«, fragte
sie, »wo haben Sie da geparkt? Dort, wo wir gerade eingestiegen sind?«
    Â»Natürlich nicht.« Trausch schüttelte den Kopf. »Nein, am Ende der
Straße. Mir war klar, wohin Sie gehen würden, als ich das Haus gesehen habe.«
    Â»Und Sie sind erst weitergefahren, nachdem ich im Haus war?«
    Trausch nickte. »Ja. Warum?« Er wirkte beinahe verstört. Das waren
schon keine Anfängerfragen mehr, sondern eher der Versuch, ihn auf den Arm zu
nehmen.
    Â»Ist nach mir noch jemand ins Haus gegangen?«
    Â»Nein«, antwortete Trausch. »Niemand.«
    Â»Wirklich niemand?«, vergewisserte sich Conny. »Keine alte Frau mit
schweren Einkaufstaschen zum Beispiel?«
    Trausch schüttelte noch einmal und heftiger den Kopf, dann weiteten
sich seine Pupillen eine Winzigkeit, und Conny stieß scharf hervor: »Drehen Sie
um! Schnell!«
    Ihre Worte wären wahrscheinlich nicht einmal nötig gewesen. Trausch
hatte bereits Bremse und Kupplung zugleich getreten, schaltete herunter und kurbelte
so hektisch am Lenkrad, dass der kleine Wagen sich mit protestierend
kreischenden Reifen praktisch auf der Stelle zu drehen begann und sein Heck
ausbrach. Hinter ihnen setzte ein wütendes Hupkonzert ein, und Trausch gab Gas,
fing den Wagen genau in dem Sekundenbruchteil ab, in dem Conny felsenfest davon
überzeugt war, sie würden in die Reihe der auf der anderen Straßenseite
geparkten Fahrzeuge krachen, und beschleunigte, bis auf dem Armaturenbrett eine
rote Warnlampe zu blinken begann. Das Hupen und Bremsenquietschen hinter ihnen
wurde noch lauter, und Trausch konnte gerade noch um Haaresbreite einem
Mercedes ausweichen, dessen Fahrer vor lauter Schrecken das Lenkrad verriss,
sodass sich der Wagen quer stellte.
    Für die Strecke, die sie in den letzten drei oder vier Minuten
zurückgelegt hatten, brauchten sie jetzt weniger als eine, und Trausch brachte
den Celica mit einem brutalen Bremsmanöver unmittelbar vor dem Haus zum Stehen,
riss die Tür auf und sprang hinaus, noch bevor er gänzlich ausgerollt war.
    Conny sprang auf der anderen Seite aus dem Wagen und rannte hinter
ihm her. Wieder erklang ein schrilles Hupen, und ein Wagen verfehlte sie so
knapp, dass sie tatsächlich den Luftzug spüren konnte, aber sie nahm es kaum
zur Kenntnis, sondern hetzte mit gewaltigen Sprüngen hinter Trausch her und
holte ihn ein, als er die Haustür erreicht hatte und den Daumen auf den
obersten Klingelknopf presste.
    Â»Haben Sie einen Schlüssel?«, keuchte er.
    Conny schüttelte den Kopf, und Trausch benutzte die komplette
Handfläche, um sämtliche Klingeln auf einmal zu drücken. Zwei oder drei
Sekunden lang geschah gar nichts, dann ertönte der Türsummer, und Trausch und
Conny stürzten hintereinander ins Haus, noch während hinter ihnen ein halbes
Dutzend Stimmen gleichzeitig aus der Sprechanlage drangen.
    Sie fiel praktisch schon sofort zurück, als er vor ihr die Treppe
hinaufzurennen begann, obwohl sie genau wie er mit jedem Schritt zwei oder drei
Stufen auf einmal nahm. Auf halber Höhe flog eine Tür auf, und ein erboster
Hausbewohner trat halb auf den Flur heraus, machte den Mund auf und klappte ihn
sofort wieder zu, als Trausch an ihm vorbeihetzte und seine Waffe zog, während
er den nächsten Treppenabsatz in Angriff nahm. Auch Conny stürmte an ihm vorbei
und registrierte mit einem (in diesem Moment völlig absurden) Gefühl von
Schadenfreude, wie er kreidebleich wurde und sich fluchtartig wieder hinter
seine Wohnungstür zurückzog, und versuchte ebenso verbissen wie vergebens,
wenigstens halbwegs mit Trausch Schritt zu halten.
    Oben angekommen, war sie so außer Atem, dass sie sich am Geländer
festhalten musste und beinahe dankbar war, als Trausch die Hand hob und ihr mit
einer erschrockenen Geste bedeutete, zurückzubleiben. Er hatte sich neben der
Tür zu Sylvias Wohnung mit dem Rücken gegen die Wand gepresst und schien zu
lauschen, wobei er die Pistole jetzt mit beiden Händen hielt. Conny blieb eine
Sekunde stehen, rang

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