Unheil
Zimmer
umzustellen. Und sie roch etwas, ohne auf Anhieb sagen zu können, was es war.
Aber es gehörte nicht hierher.
Bevor Trausch weitergehen konnte, legte ihm Conny rasch die Hand auf
die Schulter und bedeutete ihm mit einem Kopfschütteln (von dem sie wenigstens
hoffte, dass er es in der Dunkelheit überhaupt sah), zurückzubleiben, und fast
zu ihrer Ãberraschung gehorchte er sogar â auch wenn er ihr so dichtauf folgte,
dass sie seinen Atem im Nacken spüren konnte. Beiläufig registrierte sie, dass
jetzt selbst aus dem Kinderzimmer und der Küche kein Licht mehr drang, als
hätte Sylvia die wenigen Minuten genutzt, um die Wohnung komplett zu verdunkeln
und endgültig in eine Grabkammer zu verwandeln.
Die Geräusche aus dem Wohnzimmer wurden jetzt lauter, und sie wusste einfach, dass irgendetwas nicht stimmte. All ihre
Sinne schienen Alarm zu schlagen. Dennoch bewegte sie sich auf dem letzten
Stück eher noch langsamer und lieà sich schlieÃlich vor der Tür in die Hocke
sinken, um einen Blick durch das Schlüsselloch zu werfen. Ein Teil von ihr kam
sich unglaublich albern dabei vor und stellte ihr hartnäckig die Frage, was sie
eigentlich antworten würde, wenn Sylvia in diesem Moment die Tür aufriss und
sie fragte, was zum Teufel sie eigentlich hier zu suchen hatte und was der
bewaffnete Begleiter bedeutete. Aber was sie sah , als
sie durch das Schlüsselloch spähte, das war ganz und gar nicht albern, sondern
so bizarr und erschreckend, dass ihr der Atem stockte.
Die schwarze Papierjalousie war tatsächlich wieder heruntergezogen
worden, doch das Zimmer war trotzdem nicht vollkommen dunkel, sondern vom
flackernden Schein mindestens eines Dutzends Kerzen und Teelichtern erhellt,
die inmitten des Chaos auf dem zugemüllten Tisch brannten. Was sie für
undeutliches Stimmengemurmel aus dem Radio gehalten hatte, identifizierte sie
jetzt als düstere gregorianische Gesänge, die vom atonalen Kreischen einer
E-Gitarre und hämmernden Schlagzeugrhythmen untermalt wurden. Ein seltsamer
Geruch, der sie â auf sehr unangenehme Weise â an Weihrauch erinnerte, wehte zu
ihr hinaus, und sie meinte einen Schatten zu sehen, der auf so sonderbare,
unheimliche Weise verzerrt wirkte, dass sich ihr Verstand einfach weigerte, ihn
als den eines Menschen zu identifizieren. Das alles registrierte sie im ersten
Sekundenbruchteil, nicht einmal wirklich der Zeit, die der Gedanke brauchte, um
in ihrem Kopf zu entstehen und in seiner ganzen Konsequenz zu ihrem Bewusstsein
vorzudringen.
Im nächsten sprang sie hoch, rammte die Tür kurzerhand mit der
Schulter auf und stolperte, vom Schwung ihrer eigenen, ungestümen Bewegung
vorwärtsgerissen, hindurch. Die Tür prallte wuchtig gegen irgendetwas, das mit
einem überraschten Keuchen und einem lautstarken Poltern zu Boden fiel, und aus
dem verzerrten Schatten wurde eine riesige, nicht minder verzerrte und
unheimliche Gestalt, die sich gerade über etwas hatte beugen wollen, das hinter
der Couch lag und nun erschrocken erstarrte: ein ganz in schwarz gekleideter
Riese mit totenbleichem Gesicht, leeren Augen und schrecklichen Fangzähnen, der
eine Stachelkrone anstelle von Haaren trug und in einen bauschigen schwarzen
Mantel gehüllt war.
Aber seine Erstarrung hielt nur für den Bruchteil einer Sekunde an. Noch
bevor Conny ihr Gleichgewicht endgültig wiedergefunden hatte, richtete er sich
mit einem Knurren wie dem eines wütenden Wolfs zu seiner vollen GröÃe von weit
über zwei Metern auf und fuhr aus der gleichen, unmöglich schnellen Bewegung zu
ihr herum. Sein Mantel bauschte sich wie ein Paar riesiger, schwarzer
Fledermausschwingen, als er sich mit der Linken auf die Rückenlehne der Couch
abstützte und blitzartig darüber hinwegflankte.
Die Zeit schien stehen zu bleiben. Connys Gedanken arbeiteten
plötzlich mit phantastischer Schnelligkeit und noch übernatürlicherer Schärfe,
aber sie hatte zugleich das grässliche Gefühl, gegen einen unsichtbaren, immer
stärker werdenden Widerstand ankämpfen zu müssen, der ihre Bewegungen zu einer
lächerlich langsamen, grotesken Pantomime machte.
Der Dämon bewegte sich dafür umso schneller, ein rasendes Gleiten
und Huschen, zu dem kein normaler Mensch imstande sein konnte. Mit einem
einzigen Satz überwand er die Entfernung zwischen ihnen, und etwas, von dem
Conny einfach wusste, dass es ihr Gesicht
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