Unheil
zertrümmern würde, wenn es traf,
zielte nach ihren Augen. Verzweifelt versuchte sie sich zurückzuwerfen oder
wenigstens abwehrend die Arme vor das Gesicht zu reiÃen, doch ihre Bewegungen
schienen eher noch langsamer zu werden.
Ein Schuss krachte. Die Kugel jagte so dicht an ihrem Gesicht
vorbei, dass sie den heiÃen Luftzug wie die Berührung einer wüstentrockenen
warmen Hand auf der Wange spüren konnte, noch bevor der grelle orangefarbene
Mündungsblitz die Szenerie vor ihr in einen gespenstischen, stroboskophaften
roten Videoclip verwandelte. Funken sprühten, ein Geräusch irgendwo zwischen
einem metallischen Klirren und einem schmerzerfüllten Grunzen erklang, und was
immer nach ihrem Gesicht gehackt hatte, verfehlte sie um Haaresbreite und
schlitzte mit einem grässlichen Laut durch ihren Jackenärmel, ohne die Haut
darunter auch nur zu berühren.
Und endlich kehrte die Zeit zu ihrem normalen Ablauf zurück.
Nicht, dass es dadurch viel besser wurde: Conny stolperte ganz
instinktiv einen halben Schritt zurück und zur Seite und entging so dem
zweiten, blitzartig nachgesetzten Hieb ihres gespenstischen Gegners, verlor
dadurch aber auch endgültig das Gleichgewicht und fiel schmerzhaft auf die Knie
hinab. Hinter ihr schrie Trausch irgendetwas, das sie nicht verstand, und sie
spürte, wie sich erneut etwas ungeheuer GroÃes und Massiges in ihre Richtung in
Bewegung setzte. Tödlicher Stahl blitzte auf, und die Luft war erfüllt vom
Geschmack purer Mordlust.
»Conny!«, schrie Trausch. »Pass auf!«
Sie konnte nicht sagen, ob sein Schrei sie tatsächlich warnte,
sodass sie sich instinktiv im allerletzten Moment duckte oder den Angreifer
gerade für den entscheidenden Bruchteil einer Sekunde aus dem Konzept gebracht
hatte â auch der nächste Hieb verfehlte sie und zertrümmerte stattdessen die
Tischplatte neben ihr. Gläser, volle Aschenbecher, Zeitschriften und brennende
Kerzen wirbelten in einem Sturm aus Licht und tanzenden Schatten und
scharfkantigen Scherben in alle Richtungen davon, und Conny verlor durch die abrupte
Bewegung nun endgültig die Balance und fiel schwer auf die Seite.
Instinktiv riss sie die Arme über das Gesicht, spürte erst jetzt die
winzigen Flammen, die aus ihrem Haar züngelten, und schlug sie mit den Händen
aus, während sie hastig so weit davonrollte, bis sie gegen ein Hindernis stieÃ.
Das Erste, was sie wieder klar sehen konnte, war Trausch, der unter
der offenen Tür stand und beidhändig auf etwas oder jemanden hinter ihr zielte.
Aber er kam nicht dazu, abzudrücken. Conny erinnerte sich plötzlich wieder an
den dumpfen Aufprall, den sie gehört hatte, während sie durch die Tür gestürmt
war, doch ihr warnender Schrei kam zu spät. Sie war nicht einmal sicher, ob sie
ihn überhaupt ausgestoÃen hatte.
Der Kerl, der hinter der Tür gestanden hatte und von ihrem
ungestümen Anprall einfach von den FüÃen gerissen worden war, hatte sich noch
nicht wieder aufgerichtet, war jedoch keineswegs auÃer Gefecht gesetzt oder
auch nur benommen, sondern reagierte ganz im Gegenteil mit schon fast
übermenschlicher Kaltblütigkeit: Conny sah im flackernden Licht der wenigen
übrig gebliebenen Kerzen kaum mehr als eine schattenhafte Bewegung, als er mit
aller Gewalt vor die Tür trat, sodass sie Trauschs Hüfte und seine
ausgestreckten Arme traf. Der Aufprall brachte ihn aus dem Gleichgewicht, und
die Pistole wurde ihm aus den Händen gerissen und flog in hohem Bogen davon.
Conny blieb keine Zeit, den ungleichen Kampf weiterzuverfolgen. Das
instinktive Gefühl von Gefahr lieà sie abermals herumfahren und aufspringen;
wenn auch nicht vollkommen und in die Richtung, in der sie ihre Bewegung
begonnen hatte. Mit einer Kraft, die sie sich selbst vielleicht am
allerwenigsten zugetraut hätte, und in einer Bewegung, die so unnatürlich und
schnell war, dass ein weiÃglühender Schmerz durch ihre Hüfte schoss, warf sie
sich herum und trat gleichzeitig mit aller Gewalt zu. Irgendetwas hämmerte mit
dem typischen Geräusch von splitterndem Holz genau dort in die Schranktür, wo
sich ihr Gesicht befunden hätte, wäre sie tatsächlich aufgesprungen, aber auch
sie traf etwas. Und obwohl sie das Gefühl hatte, gegen massiven Stein getreten
zu haben, musste sie ihrem Gegner wohl ziemlich wehgetan haben, denn sie wurde
mit einem
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