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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und durch Entsetzliches
wuchs in ihren Augenwinkeln, eine gewaltige Pranke packte sie an der Schulter
und wirbelte sie herum, und irgendetwas schrammte mit einem schrillen, Funken
sprühenden Kreischen dicht neben ihrem Gesicht über die Gitterstäbe.
    Â»Miststück!«, kreischte eine schrille, überschnappende Stimme. »Du
entkommst uns nicht! Dafür bezahlst du!«
    Connys Kräfte versagten endgültig. Sie versuchte sich zu wehren, den
Arm zu packen, der sie an der Schulter ergriffen hatte und mit brutaler Gewalt
herumzerrte, um ihn zu verdrehen und seine eigene Kraft gegen den Angreifer zu
wenden; genauso, wie sie es gelernt und schon zahllose Male getan hatte. Aber
es war, als kämpfe sie tatsächlich gegen einen Dämon, ein Geschöpf aus der
Hölle, das ihren verzweifelten Widerstand nicht einmal bemerkte. Sie wurde
herumgewirbelt und ein zweites Mal so wuchtig gegen das Gitter geschleudert,
dass der gesamte Aufzug zu dröhnen schien, und die tödliche Vampirklaue hackte
abermals nach ihrem Gesicht. Wie durch ein Wunder verfehlte sie sie erneut und
schrammte nicht nur mit einem schrillen Quietschen über das geschmiedete Eisen,
sondern schien sich auch darin zu verfangen.
    Nichts von alledem würde sie retten. Conny sah ihren unheimlichen
Angreifer jetzt zum ersten Mal wirklich, und sie war nicht sicher, ob das, was
sie erblickte, besser war als die vorherige Vision der Hölle, die sie gerade
gehabt hatte. Der Kerl war riesig, breitschultrig, muskelbepackt wie ein
Bodybuilder und wahrscheinlich zwanzigmal so stark wie sie, selbst ohne die
rasende Mordlust, die in seinen Augen loderte. Auch er war vollkommen in
Schwarz gekleidet und hatte dasselbe totenbleich geschminkte Gesicht wie der
andere, und auch er konnte keinen Tag älter sein. Ein Kind!, dachte Conny benommen. Der Junge war siebzehn, vielleicht achtzehn Jahre alt.
Man würde Trausch und sie finden und irgendwann begreifen, dass sie von zwei
Kindern umgebracht worden waren!
    Diesmal half ihr die Erkenntnis nicht, noch einmal neue Kräfte zu
mobilisieren. Die Eisenklaue des selbst ernannten Vampirjüngers steckte noch
immer zwischen den Gitterstäben fest, sodass er einen Gutteil seiner Energie
darauf verwenden musste, sie loszureißen, während seine andere Hand ihre
Schulter mit der Gewalt eines Schraubstocks umklammerte. Conny schlug nach
seinem Gesicht und rammte ihm verzweifelt das Knie zwischen die Beine. Das
einzige und vollkommen überraschende Ergebnis war ein neuerlicher  dumpfer Schmerz, als hätte sie gegen Beton
getreten. Der Kerl war völlig durchgeknallt und genau wie sein Kamerad mit irgendeinem
wirklich üblen Zeug vollgedröhnt – und darüber hinaus trug er wie ein
Rugbyspieler einen Tiefschutz.
    Conny änderte ihre Taktik, rammte ihm das Knie mit aller Kraft, die
sie aufbringen konnte, gegen den Oberschenkel und versuchte gleichzeitig, ihm
wenigstens ein Auge auszukratzen. Wenn sie gedacht hatte, ihn damit überrumpeln
zu können, hatte sie sich getäuscht; er schlug ihren Arm fast spielerisch zur
Seite und riss in der gleichen Bewegung seine Stahlklaue aus dem Gitter.
    Â»Jetzt siehst du den Meister wieder, Miststück!«, keuchte er. »Ich
hoffe, du freust dich schon darauf! Er tut es nämlich bestimmt!« Seine Klaue
hob sich zum letzten, entscheidenden Schlag. Die grässlichen Eisenspitzen
zielten auf ihre Augen.
    Â»Lass sie!«, kreischte eine schrille, hysterische Stimme hinter ihm.
Inmitten des flackernden gelben Lichtes, das die offen stehende Wohnungstür
ausfüllte, erschien eine torkelnde Gestalt, rauchend und in die schmelzenden
Überreste eines schwarzen Mantels gehüllt und mit schwelendem Haar und verheertem
Gesicht. »Sie gehört mir! Lass sie leben!«
    Hatte sie gedacht, das Grauen hätte seinen Höhepunkt erreicht?
Vielleicht gab es nie einen Höhepunkt. Jedenfalls nicht für sie und nicht
jetzt. Der zweite Killer stolperte aus der Wohnungstür, ein verheertes,
verstümmeltes Etwas, das kaum noch Ähnlichkeit mit einem Menschen hatte. In
seinen gegelten, zusammengeschmolzenen Haaren knisterten noch immer winzige
gelbe Funkennester, und sein Gesicht war von nässenden roten Flecken und
schrecklichen Wunden übersät, aus denen kein Blut lief, sondern eine seltsam
klare Flüssigkeit, die bizarre Muster wie Tränenspuren auf seine Haut malte.
Eines seiner Augen war verschwunden, und das

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