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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schulterblätter, als er prompt über den
Körper seines reglos daliegenden Komplizen stolperte. Aus seinem wütenden
Knurren wurde ein überraschter Schrei und dann ein schmerzhaftes Stöhnen, als
er der Länge nach auf der anderen Seite der Tür hinschlug.
    Vlad drehte sich mit einer noch immer auf dieselbe unheimliche Art
gelassen wirkenden Bewegung um und schüttelte den Kopf. »Das ist jetzt wirklich
deine allerletzte Chance, mein junger Freund. Steh einfach auf und geh deiner
Wege, oder wähle den Tod. Es ist deine Entscheidung.«
    Das Gefühl von Kälte, das von Conny Besitz ergriffen hatte, nahm
noch einmal zu. Was sie entsetzte, war nicht das, was sie sah, sondern gerade
das, was sie nicht sah: Da war keine Spur von Furcht
in Vlad, nicht einmal Respekt oder auch nur Vorsicht. Sie sah keinen Mann, der
sich seinem Gegner überlegen wusste und zuversichtlich war, ihn besiegen zu
können, sondern jemanden, der nichts zu fürchten hatte, ganz einfach, weil es nichts gab, was ihm etwas anhaben konnte.
    Der Junge stemmte sich schnell, wenn auch mit irgendwie unbeholfen
wirkenden Bewegungen in die Höhe, drehte sich schwerfällig um und stierte Vlad
aus blutunterlaufenen Augen an. Seine linke Hand glitt in die Manteltasche und
kam mit einem Springmesser wieder zum Vorschein, dessen Klinge mit einem
hässlichen Klacken herausklappte. Die eiserne Vampirkralle in der rechten und
das zum Zustoßen bereite Stilett in der anderen Hand, stürzte er sich auf
seinen Gegner.
    Conny war nicht wirklich sicher, ob sie gesehen hatte, was geschah,
oder ob überhaupt etwas geschehen war. Vlad schien zu einem Schatten zu werden,
der in einem Moment an einem Fleck und im nächsten an einem anderen war; als
wäre er nicht nur auf seinen Gegner zu, sondern irgendwie durch
die mörderischen Waffen in seinen Händen hindurchg eglitten. Das Messer
klirrte zu Boden, und plötzlich stand Vlad hoch aufgerichtet da, einen
zappelnden, wie von Sinnen kreischenden schwarzgekleideten Körper an
ausgestreckten Armen hoch über dem Kopf haltend. Dann drehte Vlad sich mit
einer rasend schnellen Bewegung herum – und schmetterte ihn mit furchtbarer
Gewalt auf das Treppengeländer.
    Conny glaubte den Laut, mit dem das Rückgrat brach, wie einen eigenen
Schmerz zu spüren. Aus seinem erschrockenen Schrei wurde ein schrilles,
unglaublich spitzes Wimmern, ein Laut, wie ihn keine
menschliche Kehle jemals hervorbringen sollte und der immer noch höher und
schriller wurde und erst abbrach, als Vlad ihn losließ und er zwei Stockwerke
tiefer noch einmal und mit grausamer Wucht auf das Treppengeländer schlug,
bevor er seinen endgültigen Sturz in die Tiefe vollführte.
    Conny versuchte sich aufzurichten, aber ihre Kraft reichte nicht
einmal mehr dafür. Alles drehte sich um sie. Die Kälte, die sie erfüllte, nahm
immer noch weiter zu und nagte jetzt an ihrer innersten Substanz, als begänne
nun ihre Lebenskraft selbst zu erstarren. Vlads Gestalt zerfloss zu einem
rauchigen Schatten vor ihren Augen und setzte sich neu und auf schrecklich falsche Weise wieder zusammen, und plötzlich war da noch
eine zweite, vollkommen andere Art von Dunkelheit, die von allen Seiten
zugleich auf sie zuzukriechen begann und ihre Welt verschlang. Ihr wurde übel,
und eine bleierne Schwere begann sich in ihren Gliedern und ihren Gedanken
breitzumachen. Vlad sagte irgendetwas, aber sie nahm nur bedeutungslose Laute
wahr; Geräusche, die sich beharrlich weigerten, sich zu Worten oder gar einer
Bedeutung aneinanderzureihen.
    Â»Sie … Sie haben ihn … umgebracht«, murmelte sie. »Sie haben ihn einfach …«
    Â»Er hat seine Wahl getroffen«, unterbrach sie Vlad. »Er hätte gehen
können.«
    Sie wollte antworten, doch ihre Zunge verweigerte ihr den Gehorsam.
Alles wurde leicht und auf eine erschreckend endgültige Art
unwirklich, und die Schwärze kroch jetzt schneller heran, bis es nur noch Vlad
und die mittlerweile von einem düsteren gelben Flackern erfüllte Tür hinter ihm
zu geben schien.
    Â»Allmählich beginne ich mir Sorgen um dich zu machen, liebe
Freundin«, sagte er. »Du bist tapfer, aber du solltest dich nicht überschätzen.
Ich werde vielleicht nicht immer da sein können, um dich zu beschützen, weißt
du?«
    Beschützen, ja, dachte Conny. Er hatte
diese beiden Kinder kaltblütig umgebracht,

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