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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hinter sich. Ich hätte Verständnis dafür, wenn
Sie erst einmal nach Hause gehen wollten, um ein bisschen zur Ruhe zu kommen.«
    Nach Hause? Conny hätte ihn um ein Haar
gefragt, ob er verrückt geworden war. Das wirklich Allerletzte, was sie jetzt
wollte, war allein zu sein. Sie sparte es sich auch,
ihn daran zu erinnern, dass er dabei gewesen war und dass sie schließlich nicht niedergeschlagen, aufgeschlitzt und in Brand gesteckt worden
war. Vielleicht auch in einer anderen Reihenfolge. »Das ist schon in Ordnung«,
sagte sie. »Ich glaube, ein bisschen Ablenkung tut mir jetzt ganz gut.«
    Trausch sah sie an, als hätte sie gerade etwas ziemlich Dummes
gesagt (und irgendwie hatte sie auch das Gefühl, sie hätte es), hob aber dann nur die Schultern und führte seine unterbrochene Bewegung zu
Ende, um einen schon reichlich mitgenommen aussehenden Laptop aus der Schublade
zu nehmen. Conny identifizierte ihn mit einem leisen Gefühl von Beunruhigung
als ihren eigenen.
    Â»Ganz, wie Sie wollen. Aber dann schicke ich wenigstens ein paar
Kollegen zu Ihrer Wohnung, damit sie Ihnen frische Kleider holen.« Er klappte
den Laptop auf, schaltete ihn ein und begann ungeduldig mit den Fingern auf dem
Schreibtisch zu trommeln, während er darauf wartete, dass das Gerät hochfuhr.
    Â»Die E -Mail von heute Morgen?«,
vermutete Conny.
    Â»Wir haben inzwischen den Absender herausgefunden«, bestätigte er.
»Ein Internetcafé irgendwo in der City. Natürlich erinnert sich niemand dort
daran, wer die E -Mail aufgegeben hat. Vielleicht
wäre es etwas anderes, wenn wir ihnen Fotos zeigen könnten, aber so … Immerhin
es ist eine Spur.«
    Der Laptop verkündete mit einem melodischen Glockenton
seine Betriebsbereitschaft, und Trausch öffnete ihren Posteingang (ohne sie
nach einem Passwort oder gar ihrem Einverständnis gefragt zu haben) und
bedeutete ihr zugleich mit einer Kopfbewegung, zu ihm zu kommen. Conny
gehorchte, indem sie ihren Stuhl um den Tisch herumrollte und sich direkt neben
ihn setzte; und das ganz bewusst ein kleines Stück näher, als ihm vermutlich
recht war.
    Sie sah auf den Bildschirm und stellte fest, dass ihr Postfach
mittlerweile vor Nachrichten überquoll (von denen keine einzige als ungelesen
markiert war), deren Absender ihr fast ausnahmslos unbekannt waren, und Trausch
kam ihrer entsprechenden Frage auch jetzt wieder zuvor. »Das meiste ist
bedeutungsloser Unsinn«, erklärte er. »Ihre Freunde von der Presse, die Ihnen
das Blaue vom Himmel herabversprechen, wenn Sie ihnen ein Exklusivinterview geben,
ein paar aufrechte Bürger, die Sie dazu
beglückwünschen, diesen Kerl endlich aus dem Verkehr gezogen zu haben, und die
üblichen Spinner, die Ihnen Beweise dafür liefern können, dass Aisler in
Wirklichkeit der Antichrist war und das Ende der Welt bevorsteht.« Er lachte
ganz leise. »Die üblichen Verrückten eben.«
    Â»Sie haben sie alle gelesen«, vermutete Conny.  
    Â»Jede einzelne«, bestätigte er, wobei er den vorwurfsvollen Unterton
in ihrer Stimme geflissentlich ignorierte. »Und jeden einzelnen Absender durchgecheckt.
War eine Menge Arbeit.«
    Â»Dann muss ich Ihnen vermutlich auch noch dankbar sein«, antwortete
Conny spitz. Was er natürlich genauso ignorierte.
    Â»Nicht mir persönlich. Aber den armen Socken aus der Fahndung. Wenn
das alles hier vorbei ist, dann sollten Sie den Jungs einen ausgeben … und sich
eine neue E -Mail-Adresse zulegen.« Er ließ den
Cursor mit den typisch ruckeligen Bewegungen eines Menschen über den Bildschirm
wandern, der im Umgang mit Computern und einer Maus nicht sonderlich geübt war,
und klickte eine der letzen eingegangenen Mails an. Auf dem Bildschirm erschien
ein stilisierter Briefumschlag, der sich mit einem leisen Papierknistern zu der
eigentlichen Nachricht auseinanderfaltete. Conny überflog die wenigen Zeilen
und runzelte die Stirn. An das Miststück, las sie. Du hast
dich dem Meister in den Weg gestellt. Dafür wirst du brennen. Bald wirst du ihn
wiedersehen. Er wartet auf dich. In der Höle.
    Â»Schreibt man Hölle nicht mit zwei ›l‹?«, erkundigte sich
Conny stirnrunzelnd.
    Â»Ein rhetorisches und orthografisches Meisterwerk, nicht wahr?«,
bestätigte Trausch. »Aber ich finde die Wortwahl trotzdem interessant.«
    Conny dachte angestrengt darüber nach, was er damit

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