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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sondern auf Sie persönlich.« Er sah sie – plötzlich so ernst, dass
ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief – an.
    Â»Was für ein Unsinn«, antwortete Conny impulsiv. Aber war es das
wirklich? Statt etwas zu erwidern, sah Trausch sie nur weiter auf dieselbe,
zugleich nachdenkliche wie unübersehbar besorgte und mitfühlende Art an, und
Conny konnte gar nicht anders, als plötzlich ernsthaft über seine Worte
nachzudenken. Natürlich gab es eine Million Gründe, die dagegen sprachen:
Bisher wussten sie ja nicht einmal sicher, ob Lea tatsächlich Aislers erstes
Opfer gewesen war, und selbst wenn – mit den sieben anderen toten Mädchen, die
sie anschließend gefunden hatten, hatte sie nicht das Geringste zu tun. Aber da
war auch noch Vlad. Er hatte sich gezielt an sie gewandt, nicht an irgendeinen
Polizisten, nicht an die Presse, und Conny hatte von der ersten Sekunde an das
Gefühl gehabt, dass er mehr von ihr wollte, als sich wichtigzumachen oder sie
einfach nur zu benutzen. Da … war etwas. Vielleicht hatte Vlad es zu etwas
Persönlichem gemacht , nachdem sie sich kennengelernt
hatten.
    Â»Ist es das?«, fragte Trausch. »Diese beiden Kerle heute Morgen
hatten es ganz eindeutig auf Sie abgesehen, Conny.«
    In ihrem Mund war plötzlich ein bitterer Geschmack. »Sie haben
Sylvia getötet, nicht mich«, antwortete sie und hatte plötzlich nicht mehr die
Kraft, seinem Blick standzuhalten. »Sie haben es doch gehört. Sie waren
eindeutig überrascht, mich zu sehen.«
    Trausch schwieg wieder etliche Sekunden. Irgendwie klang er
enttäuscht, als er weitersprach, fast als hätte er erwartet, es ihr nicht
wirklich erklären zu müssen. Und das musste er auch nicht. »Wenn ich Sie hassen
würde, Conny«, sagte er. »Ich meine, wirklich hassen, aus tiefstem Herzen,
glauben Sie, ich würde Sie umbringen?«
    Â»Das hoffe ich doch nicht«, antwortete Conny in dem vergeblichen
Versuch, scherzhaft zu klingen.
    Â»Nein, das würde ich nicht«, fuhr er unerbittlich fort. »Nicht
sofort. Nicht gleich, und vielleicht sogar überhaupt nicht. Aber ich würde
alles zerstören, was Ihnen wichtig ist. Ich würde jeden Menschen vernichten, an
dem Ihnen irgendetwas liegt. Ich würde Ihnen Ihr Leben nehmen, Stück für Stück
und so, dass Sie genau wissen, wer ihnen das antut und warum. Und ohne, dass
Sie das Geringste dagegen unternehmen könnten. Genau das ist es, was ich tun würde.«
    Â»Wenn das stimmt, dann sollte ich froh sein, Sie nicht zum Feind zu
haben«, antwortete sie schleppend. Plötzlich hatte sie Mühe, überhaupt zu
sprechen. Ihr Herz klopfte, und unter ihre Zunge sammelte sich immer schneller
bitterer Speichel, als wäre ihr übel, ohne dass sie dieses Gefühl wirklich
verspürte, und tief in ihrem Inneren begann sich etwas zu regen, das sie mit
verzweifelter Kraft niederzuhalten versuchte, ohne die geringste Chance auf
Erfolg. Sie wusste, was es war, und sie hatte Angst davor wie vor nichts
anderem auf der Welt. Bisher war der Schmerz über Sylvias Tod praktisch
ausgeblieben, aber sie wusste, dass er da war, irgendwo tief in ihr und noch
schlummernd, keineswegs vergessen. Er würde kommen, in einer Stunde, einem Tag
oder einer Woche, mit der gleichen emotionalen Verzögerung, mit der sie beinahe
auf alles reagierte, dafür dann umso heftiger.
    Â»Kommt Ihnen dieses Verhalten irgendwie bekannt vor?«, fuhr Trausch
erbarmungslos fort. Plötzlich blitzte so etwas wie Zorn in seinen Augen auf.
»Verdammt, dieser Kerl ist dabei, Sie kaputt zu machen, begreifen Sie das
eigentlich nicht?«
    Â»Dann glauben Sie also wenigstens, dass es ihn gibt?«, gab Conny
zurück. Ihr Mund war so trocken, dass sie Mühe hatte, deutlich zu artikulieren.
    Trausch sah sie fast vorwurfsvoll an, und es dauerte noch einmal
zwei, vielleicht auch drei Sekunden, bis sie sich erinnerte, ihm diese Frage –
beinahe wortwörtlich – vielleicht vor einer Stunde schon einmal gestellt zu
haben. Sie zu wiederholen, musste ihm wie ein Vertrauensbruch vorkommen. »Ich weiß, dass es ihn gibt«, erwiderte er schließlich. »Sie
haben ihn gesehen, dieser kleine Wichtigtuer im Trash hat ihn gesehen, und ich wette, ein Dutzend anderer Zeugen würde sich auch an
ihn erinnern, wenn wir uns den Laden und seine Angestellten und die Gäste von
diesem Abend noch einmal

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