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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verspritzte.
    Mein Gott!
    Stattdessen ließ sie die Eisenstange fallen, fuhr herum und griff
hastig mit beiden Händen nach Mirjams Armen. Das Mädchen war nach hinten
gerissen worden und hing in einer grausam überdehnten Haltung an den
ausgestreckten Armen. Sie wimmerte jetzt nicht mehr vor Angst, sondern vor
purer Agonie und berechtigter Todesangst. Die Drähte hatten ihre Handgelenke
bis auf die Knochen aufgerissen, und das Blut sprudelte nur so aus ihren
zerfetzten Arterien.
    Es wurde schlimmer, als Conny sie mit zusammengebissenen Zähnen hoch
und in eine Haltung stemmte, die den mörderischen Druck auf ihre Handgelenke
wenigstens etwas milderte. Mirjam kreischte jetzt vor Schmerz und Angst und
versuchte sich mit aller Kraft loszureißen, wodurch sie ihre Handgelenke nur
noch weiter aufriss und sich selbst noch mehr Schmerzen zufügte.
    Â»Beruhige dich!«, keuchte Conny. »Um Gottes willen, hör auf damit!
Ich mache dich los, aber du musst still halten, hörst du?«
    Sie selbst hatte vielleicht am wenigsten damit gerechnet, doch
Mirjam reagierte tatsächlich auf die Worte; vielleicht auch nur auf den bloßen
Klang ihrer Stimme. Sie hörte auf, sich wild hin- und herzuwerfen, sank wieder
kraftlos nach vorne und begann leise zu weinen. Ihre Handgelenke bluteten
heftig.
    Conny ergriff ihre Hände und musste spürbare Kraft aufwenden, um
ihre verkrampften Finger zu lösen und so um das Stahlseil zu legen, dass sie
sich selbst daran festhielt und somit zumindest einen Teil ihres eigenen
Körpergewichts abfing.
    Â»Halt dich fest, verstehst du?«, fragte sie. »Lass auf gar keinen
Fall los, sonst schneidest du dir selbst die Hände ab! Hast du das verstanden?«
    Sie bekam keine Antwort, aber Conny hatte auch gar keine andere
Wahl, als es darauf ankommen zu lassen. Es war wie eine schreckliche
Wiederholung der Szene aus dem Trash , nur tausendmal
schlimmer, denn diesmal war es ihre Schuld: Das
Mädchen würde verbluten, wenn sie sie nicht innerhalb der nächsten zwei oder
drei Minuten losband und ihre Wunden verband.
    Conny verschwendete zwei oder drei weitere, unendlich kostbare
Sekunden damit, vollkommen nutzlos an den dünnen Drähten herumzuzerren, mit
denen ihre Handgelenke zusammengebunden waren, bevor sie zurücktrat und
verzweifelt nach irgendetwas suchte, womit sie die Drähte durchschneiden
konnte. Das Messer des Jungen lag neben ihm auf dem Boden, und Conny wunderte
sich fast ein bisschen, dass er noch nicht auf den Gedanken gekommen war,
danach zu greifen und sich für den Fußtritt in sein Gesicht zu revanchieren.
Das mochte allerdings auch daran liegen, dass er gerade ziemlich benommen
versuchte, sich nicht nur in eine halbwegs sitzende Position hochzustemmen,
sondern auch seinen Mantel zu löschen, dessen Saum an einer der
heruntergefallenen Kerzen Feuer gefangen hatte.
    Conny nahm dieses unerwartete Geschenk dankbar hin, bückte sich nach
dem Messer und säbelte weitere unersetzliche Sekunden lang an Mirjams Fesseln
herum, bevor sie endlich auf die Idee kam, die Messerspitze zwischen die
haarfeinen Drähte zu zwängen und sie auseinanderzubiegen. Mirjam begann wieder
zu schreien, und Conny konnte die neuerlichen Schmerzen, die sie dem Mädchen
mit ihrer stümperhaften Befreiungsaktion zufügte, beinahe wie ihre eigenen
fühlen, doch sie hörte nicht auf, sondern verdoppelte ihre Anstrengungen und
tröstete sich damit, dass sie es kaum noch schlimmer machen konnte. Es gab
nichts mehr zu verlieren, aber alles zu gewinnen. Mirjam kreischte vor Qual,
und endlich zerriss der letzte Draht mit einem peitschenden Laut. Das
abgerissene Ende traf Conny im Gesicht und hinterließ eine dünne Linie aus
brennendem Schmerz, aber sie nahm es kaum zur Kenntnis, sondern ließ das Messer
fallen und konnte gerade noch die Arme ausstrecken, als Mirjam mit einem
wimmernden Laut zur Seite kippte. Ihre rechte Hand baumelte so kraftlos
herunter, dass Conny ernsthaft befürchtete, das Gelenk würde bei einer
unvorsichtigen Bewegung einfach abfallen, und aus den zerfetzten Pulsadern
sprudelte hellrotes Blut wie aus einem durchschnittenen Wasserschlauch. Noch
während Conny Mirjam vorsichtig zu Boden sinken ließ, registrierte sie, dass
ihr anderer Arm zwar ebenfalls blutüberströmt, aber so gut wie unversehrt war.
Sie machte sich nichts vor: Diese Verletzung war schlimm genug, um das Mädchen
binnen weniger Minuten

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