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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wollte. »Nein, sagen Sie jetzt nichts. Hören Sie mir einfach zu,
und dann sagen Sie mir, ob ich mich irre oder nicht. Ich kenne Ihre
Personalakte, vergessen Sie das nicht. Sie waren keine außergewöhnlich
schlechte Polizeibeamtin, wenn Sie auch niemals wirklich gut waren. Man hat Sie
mehr oder weniger mit durchgeschleift, und Sie hätten nie eine nennenswerte
Karriere gemacht … stimmt das so weit? Ich nehme an, Sie haben sich längst damit
abgefunden oder sich wenigstens eingeredet, es getan zu haben. Aber mit so
etwas findet man sich nicht ab. Nicht wirklich. Tief in einem tut es weh, wenn
man sieht, wie alle anderen an einem vorbeiziehen, nicht wahr? Wenn Kollegen,
die nach einem angefangen haben, plötzlich Karriere machen, oder der Azubi von
gestern mit einem Male der Vorgesetzte ist. Wenn ich richtig informiert bin,
ist Ihnen das mindestens einmal passiert. Vielleicht häufiger.«
    Â»Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Conny.
    Â»Und dann kam der erste Mord. Die Tochter Ihrer besten Freundin. Wie
es der Zufall wollte, waren Sie die erste Beamtin vor Ort.« Er legte den Kopf
schräg, und seine Augen wurden so kalt und hart wie die einer Schlange. »Hatten
Sie damals schon einen Verdacht, den Sie für sich behalten haben, um den Fall
ganz allein zu lösen und vor Ihrer Freundin und der ganzen Welt und vor allem
all Ihren Kollegen als die große Heldin dazustehen?«
    Â»Sicher«, antwortete Conny böse. »Und die anderen Opfer habe ich
billigend in Kauf genommen, um die Sache noch ein bisschen spannender zu
machen.«
    Â»Manchmal verselbstständigen sich die Dinge einfach«, mutmaßte
Eichholz. »Der richtige Moment ist schnell verpasst. Man begreift, dass man
einen Fehler gemacht hat, und hat Angst vor den Konsequenzen, und man sagt
nichts, weil man glaubt, es würde schon nichts mehr passieren. Aber dann passiert
doch etwas, etwas wirklich Schlimmes diesmal, und man erkennt, dass man schon
wieder den richtigen Moment verpasst hat. Nur, dass man dieses Mal wirklich bis
zum Hals in der Scheiße steckt, wenn die Wahrheit herauskommt. Also sagt man
auch jetzt nichts. Und dann passiert etwas wirklich Katastrophales …« Er schüttelte mit einem tiefen Seufzen den Kopf, ließ sich
wieder zurücksinken und breitete die Hände aus, wie um anzudeuten, dass er die
Aufzählung noch eine ganze Weile fortsetzen konnte. »Wie gesagt: Es ist nicht
das erste Mal, dass ich so etwas erlebe.«
    Â»Was genau wollen Sie mir eigentlich unterstellen?«, fragte Conny.
    Â»Gar nichts«, behauptete Eichholz. »Aber es ist nur eine Frage der
Zeit, bis irgendjemand auf ganz genau diese Idee kommt, Conny. Sie haben
Informationen zurückgehalten.«
    Â»Das habe ich nicht«, fauchte sie.
    Â»Und irgendjemand wird sich fragen, warum, oder ob Sie vielleicht
jemanden schützen wollten.«
    Â»Sie wissen verdammt genau, dass es nicht so war«, sagte sie
aufgebracht.
    Â»Ich weiß lediglich, dass Sie die Einzige sind, die diesen
geheimnisvollen Informanten jemals gesehen hat«, antwortete Eichholz ruhig.
»Ich sage nicht, dass ich Ihnen nicht glaube. Was ich sage, ist, dass es
überhaupt keine Rolle spielt, ob ich Ihnen glaube oder nicht. Fast ein Dutzend
unschuldiger Opfer ist tot, vielleicht sogar noch mehr, je nachdem, wie viele
tote Mädchen wir in nächster Zeit noch irgendwo finden. Ein Polizist ist tot. Die Leute werden anfangen, Fragen zu stellen. Und Sie haben nicht die
richtigen Antworten, fürchte ich.«
    Â»Aber Sie das richtige Opfer«, vermutete Conny. »Aber wenn ich schön
brav bin und tue, was Sie von mir verlangen, dann ist am Ende wahrscheinlich
noch eine kleine Beförderung für mich drin, habe ich recht?«
    Â»Sie sollten das wirklich ernst nehmen«, sagte Eichholz ungerührt.
»Ich kann Ihnen keine Wunder versprechen, doch das, was Sie mir jetzt erzählen
oder verschweigen, macht möglicherweise den Unterschied zwischen ein paar
Monaten in einer guten Psychiatrie und einem anschließenden normalen Leben,
sicher nicht mehr als Polizistin, aber wenigstens in Freiheit aus, oder vielen
Jahren Gefängnis.«
    Gut, jetzt war es ihm zum zweiten Mal gelungen, sie zu verblüffen.
Es war nicht mehr der Umstand, dass er sie bedrohte,
sondern die Unverhohlenheit, mit der er es tat. Er gab sich nicht einmal mehr
Mühe, überzeugend zu lügen.
    Â»Sie wollen, dass ich mich

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