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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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für verrückt erklären lasse?«, fragte sie
ungläubig. »Warum? Und sagen Sie jetzt nicht, um mich zu beschützen!«
    Â»Nein. Mir liegt allerdings auch überhaupt nichts daran, Ihnen zu
schaden.« Er hob scheinbar gleichmütig die Schultern. »Sie sollten sich
entscheiden. In zwanzig Minuten sind wir im Präsidium, und alles, was Sie dann
sagen – oder auch nicht – ist offiziell. Dann kann selbst ich nichts mehr für
Sie tun.«
    Â»Entscheiden?« Conny lächelte bitter. »Ich hätte mich für Vlad
entscheiden sollen.«
    Sie hatte kaum mehr als geflüstert, aber Eichholz hatte die Worte
trotzdem verstanden. »Vlad?« Dann nickte er. »Ich verstehe. Ihr geheimnisvoller
Freund. Sitzt er zufällig gerade neben mir?«
    Nein, das tat er nicht. Conny wandte – eigentlich ohne selbst zu
wissen warum – den Kopf und sah, dass Vlad nicht neben Eichholz saß, sondern
keine zwanzig Meter entfernt auf dem Bürgersteig stand und genau in diesem
Moment gelassen auf die Straße hinaustrat, einen einzelnen Schritt machte und
dann wieder stehen blieb und sich ruhig und mit einem Lächeln zu ihnen
herumdrehte. Eichholz folgte ihrem Blick und ächzte vor Schrecken, und der
Fahrer schrie: »Ist der Kerl wahnsinnig geworden?!« ,und trat im gleichen Sekundenbruchteil mit aller Kraft auf
die Bremse.
    Der Wagen war alt genug, um nicht über einen Luxus wie ABS zu verfügen, und an den Einbau von Sicherheitsgurten
für seine – zumeist unfreiwilligen – Fondpassagiere hatte anscheinend auch
niemand gedacht. Das Ergebnis war fatal. Die Räder blockierten augenblicklich,
und der Wagen sackte vorne durch, rutschte auf kreischenden Reifen weiter und
begann gleichzeitig auszubrechen, und der plötzliche Ruck führte nicht nur dazu,
Conny und Eichholz von ihren Bänken zu schleudern und hilflos
übereinanderstürzen zu lassen, sondern auch, den Fahrer gegen das Lenkrad und
seinen Begleiter so wuchtig in die Sicherheitsgurte zu schleudern, dass er ein
schmerzerfülltes Keuchen ausstieß.
    Trotzdem konnte Conny den dumpfen Schlag spüren, mit dem der Wagen
gegen ein Hindernis stieß und es überrollte.
    Die Reifen rutschten weiter kreischend über den Asphalt, und
plötzlich stank es durchdringend nach verbranntem Gummi. Irgendetwas stieß von
unten gegen den Wagenboden, und Conny registrierte erst mit Verzögerung das
splitternde Geräusch von zerbrechendem Glas. Jemand schrie, außerhalb des
Wagens, aber trotzdem so laut, dass es in ihren Ohren gellte, und der Wagen
hüpfte ein zweites Mal, jetzt mit den Hinterrädern, über ein Hindernis, brach
endgültig aus und schlitterte noch ein kleines Stück unkontrolliert weiter,
bevor er mit der rechten Seite so heftig gegen die Bordsteinkante prallte, dass
Conny ernsthaft damit rechnete, dass er einfach umkippte.
    Stattdessen bewegte er sich mit einem noch vernichtenderen Schlag in
die Waagerechte zurück. Weiteres Splittern von Glas erklang, und der Schlag war
so hart, dass Conny schwarz vor Augen wurde. Irgendwo neben ihr stürzte etwas
mit einem Geräusch auf den Boden, das Schmerz verhieß (sie hoffte inständig,
dass es Eichholz war), und plötzlich drang auch von außen das Kreischen von
Bremsen herein, gefolgt von einem kurzen, wütenden Hupkonzert und einem
zweiten, sonderbar dumpfen Aufprall.
    Dann herrschte Stille.
    Conny blinzelte ein paarmal, um die Benommenheit abzuschütteln,
stemmte sich auf und biss im nächsten Moment die Zähne zusammen, um einen
Schrei zu unterdrücken. Sie hatte sich den Ellbogen verletzt; offensichtlich
schwer. Blut lief an ihrem Arm hinab und erfüllte den ganzen Wagen mit seinem
durchdringenden Geruch, und der Schmerz trieb ihr die Tränen in die Augen.
Sonderbarerweise dauerte das Geräusch von splitterndem Glas immer noch an.
    Conny stemmte sich weiter in die Höhe, blinzelte noch einmal und sah
sich benommen um. Eichholz war inzwischen wenigstens von ihr heruntergerollt
und bei Bewusstsein, sah jedoch so aus, als hätte er nicht nur Mühe, sich daran
zu erinnern, wo er war, sondern auch, wer. Der Wagen stand schräg, wie ein
gestrandetes Schiff, das auf ein Riff aufgelaufen war. Der Motor lief noch,
aber er klang nicht besonders gesund, und in der Windschutzscheibe prangte ein
Riss, der das Glas diagonal von links oben nach rechts unten spaltete. In ihren
Ohren war ein

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