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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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musste
ihre Gedanken wohl deutlich in ihrem Gesicht lesen, denn er seufzte noch einmal,
sah sie eine endlose Sekunde lang durchdringend an und drehte sich dann zu
Eichholz um. Scheinbar genauso langsam und dennoch so schnell, dass die
Bewegung zu einem verschwommenen Huschen wurde, trat er ihm in den Leib.
Eichholz rutschte von der Bank, fiel auf die Knie und krümmte sich japsend.
Conny machte einen raschen Schritt zur Seite und suchte vergebens nach einer
Spur von Mitleid oder wenigstens Bedauern in sich. Trotzdem streckte sie
nochmals die Hand aus und hielt Vlad zurück.
    Â»Bitte nicht.«
    Vlad wirkte zornig. »Du hast es immer noch nicht verstanden, habe
ich recht?«
    Â»Was? Dass Sie mein Leben zerstören wollen? Doch. Das habe ich
verstanden. Aber warum die Mühe? Nehmen Sie Ihr Schwert und stoßen es mir ins
Herz. Das geht schneller.«
    Â»Um mich dabei um eine Menge Spaß zu bringen?«, fragte Vlad
belustigt, wurde jedoch sofort wieder ernst und sah wieder auf Eichholz
hinunter. »Schade. Ich hätte dich für klüger gehalten. Aber vielleicht bist du
einfach nur zu vertrauensselig. Noch.« Er bückte sich, zerrte Eichholz mit
einer groben Bewegung auf die Füße und zwang ihn, Conny anzusehen. In Eichholz’
Augen stand die nackte Todesangst … und noch etwas. Für einen unendlich kurzen
Moment war da etwas anderes hinter der Panik in seinem Blick, etwas, das sie erkannte
und das sie so wütend machte, dass sie sich am liebsten auf ihn gestürzt und
die Zähne in das Fleisch seines Halses gegraben hätte, aber dieses Erkennen
erlosch, bevor sie den Gedanken wirklich greifen konnte.
    Â»Also gut, ganz, wie du willst«, seufzte Vlad, als hätte er ihr eine
Frage gestellt und eine enttäuschende Antwort bekommen. Eichholz versuchte
seine Chance zu nutzen und sich loszureißen, und Vlad versetzte ihm eine
Ohrfeige, die seinen Kopf in den Nacken warf und seine Lippen aufplatzen ließ.
    Â»Hören Sie auf!«, sagte Conny scharf.
    Â»Ich verstehe. Du willst dich selbst an ihm rächen.« Er holte aus,
wie um noch einmal zuzuschlagen, packte ihn dann stattdessen mit beiden Händen
am Mantelkragen und schleuderte ihn aus dem Wagen. Eichholz torkelte zwei, drei
ungeschickte Schritte mit wild rudernden Armen, stolperte über den verwundeten
Polizisten und fiel der Länge nach auf den Asphalt. Dort blieb er reglosliegen.
    Â»Jetzt wird es wirklich Zeit«, sagte Vlad. Plötzlich war seine
Stimme so hart und kalt wie die einer Maschine. Die näher kommende
Polizeisirene wimmerte. »Willst du, dass er gewinnt, oder interessiert dich die
Wahrheit – auch auf die Gefahr hin, dass sie vielleicht schlimmer ist als
alles, was du dir vorstellen kannst?«
    Conny starrte ihn einen zeitlosen Herzschlag lang an, und Vlad las
auf einer Ebene in ihr, die viel, viel tiefer lag als die, auf der ihre
Gedanken existierten.
    Â»Gut«, nickte er. »Dann geh dorthin, wo alles angefangen hat. Du
weißt, wo das ist?«
    Diesmal antwortete sie laut: »Ja.«

Kapitel 21
    Dieses Mal
hatte sie kein GPS -System gebraucht, um ihr Ziel zu
finden, und auch keinen hundert Jahre alten Sarg auf dem Dach eines kaum
weniger alten Wagens. Trotzdem wunderte sie sich ein bisschen, es überhaupt bis
hierher geschafft zu haben.
    Die Fahrt hatte eine Dreiviertelstunde gedauert, und sie hatte
befürchten müssen, dass der Wagen einfach unter ihr zusammenbrach. Der Motor
lief unruhig, hatte eine Fehlzündung nach der anderen, und mit dem rechten
Vorderrad stimmte etwas nicht. Wenn sie schneller als sechzig fuhr, sprühten
Funken unter der Karosserie hervor, und seit ein paar Minuten erfüllte der
Gestank von heißem Metall das Führerhaus, obwohl sie die Fenster geschlossen
und die Lüftung auf volle Kraft gestellt hatte. Noch ein paar Minuten oder ein
Dutzend Kilometer mehr, und er würde wahrscheinlich Feuer fangen, wenn er nicht
vorher einfach in Stücke brach.
    Darüber hinaus war ein zweites, beinahe noch größeres Wunder
geschehen: Der alte Transporter war alles andere als ein Rennwagen, und
trotzdem war das Heulen der Polizeisirene rasch hinter ihr zurückgefallen.
Beinahe ebenso oft, wie sie damit gerechnet hatte, dass ihr der Motor um die
Ohren flog, hatte sie erwartet, im Rückspiegel das Flackern eines Blaulichts zu
erblicken oder gleich den Schatten eines Polizeihubschraubers, der im Tiefflug
heranraste und

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