Unheil
nieder,
auf die der Junge gedeutet hatte, rammte die Klinge hinein und stieà schon nach
wenigen Zentimetern auf gummiartigen Widerstand. Der üble Geruch wurde stärker,
aber sie zog die Klinge trotzdem mit einem entschlossenen Ruck nach unten, dann
nach links und wieder herauf. Die Wand klappte auf und gab einen in schwarze
Plastikfolie eingewickelten Körper frei, der ihr mit einem dumpfen Geräusch vor
die FüÃe fiel.
Conny zog die rasiermesserscharfe Schneide des Jagdmessers durch die
Folie und klappte sie mit der Messerklinge auseinander. Eine klebrige Woge
süÃlichen Gestanks schlug ihr entgegen und nahm ihr endgültig den Atem, und
obwohl sie gewusst hatte, was sie finden würde, erschrak sie so heftig, dass
sie wahrscheinlich laut aufgestöhnt hätte, hätte sie die nötige Luft dafür
gehabt.
Es war der echte Aisler. Sie erkannte ihn, obwohl er nackt war, der
Länge nach aufgeschlitzt und auseinandergeklappt wie ein noch nicht vollständig
filetierter Fisch und kein Gesicht mehr besaÃ. Wo es sein sollte, grinste sie
ein blanker Totenschädel an, an dem nur noch wenige, schwarz verfaulende Fleischfetzen
hingen. Wer ihm sein Gesicht genommen hatte, hatte die Augen zurückgelassen.
Das rechte, verbrühte Auge war eingefallen und zerknittert wie eine
verschrumpelte Weintraube, das andere war nahezu unversehrt und wirkte auf eine
grässlich falsche Weise lebendig. Als Conny
zurückprallte und den verwesenden Leichnam dabei versehentlich berührte, rollte
sein Schädel herum, und es sah aus, als versuche der Blick dieses einen untoten
Auges ihr zu folgen. Ihre eigene Phantasie, die mit scharrenden Hufen in den
Startlöchern gestanden und nur auf einen Moment wie diesen gewartet hatte,
nutzte die Steilvorlage und machte ihr weis, dass er sich in die Höhe stemmte
und die halb skelettierten Arme ausstreckte, um sie an sich zu reiÃen. Aber die
Vision erlosch so schnell, wie sie gekommen war, und plötzlich hätte sie
beinahe aufgelacht. Nur der grässliche Verwesungsgestank hielt sie davon ab.
»So viel also zum Thema unsterblich, wie?«, murmelte sie bitter.
»Jetzt frage ich mich nur, wie der Kerl heiÃt, der sich dein hübsches Gesicht
ausgeliehen hat, Arschloch. Aber das finden wir auch noch heraus.«
Der tote Aisler schien spöttisch zu nicken, als sie aufstand und ihn
dabei erneut streifte, und hinter ihr heulte Mike so schrill und unvermittelt
auf, als hätte er eine glühende Herdplatte berührt. Conny wandte sich erst um,
als Eichholz erschrocken die Luft zwischen den Zähnen einsog.
Zuerst begriff sie nicht einmal wirklich, was sie sah. Mike hatte
sich in einer grotesk anmutenden Haltung zur Seite gebeugt, und irgendwie
(Conny hatte nicht die geringste Vorstellung, wie ,
aber sie begriff dafür umso siedend heiÃer den unverzeihlichen Fehler, der ihr
unterlaufen war) das zweite Messer aufgehoben, das sie ihm und seinem Kumpan
abgenommen und achtlos zu Boden geworfen hatte. Im ersten Moment sah es so aus,
als stochere er mit der Messerklinge in seinem Handgelenk herum, was Conny ihm
ohne Weiteres zugetraut hätte, aber es floss kein Blut, und als Conny begriff,
was er wirklich tat, war es zu spät.
»Nicht!«, sagte sie.
Das Wort ging in dem hellen Klicken unter, mit dem die Handschelle
aufsprang, obwohl sie sich doch gar nicht auf so rohe Weise hätte öffnen lassen
dürfen, und Mike war mit einem Satz auf den FüÃen und nahm mit gespreizten
Beinen, halb nach vorne gebeugt, eine aggressive Messerstecher-Haltung ein.
»Michael, um Himmels willen, bist du verrückt geworden?«, keuchte
Eichholz.
Mike schien sich dasselbe zu fragen, denn er starrte eine Sekunde
lang das Messer in seiner Hand an, dann deutlich länger die gezahnte Klinge,
die Conny noch immer in der Rechten trug â dann fuhr er mit einer
blitzschnellen Bewegung auf dem Absatz herum und war verschwunden.
»Holen Sie ihn sich, Conny«, bat Eichholz. Conny starrte ihn einfach
nur fassungslos an, aber Eichholz wiederholte seine Worte, und seine Stimme
klang jetzt flehend. »Ich beschwöre Sie, Conny, suchen Sie ihn, bevor die
Kollegen hier sind und ihn mit dem Messer in der Hand antreffen!« Täuschte sie
sich, oder füllten sich seine Augen mit Tränen? »Ich weiÃ, ich habe kein recht,
Sie um irgendetwas zu bitten, und ich würde es auch nicht tun, wenn es um mich
ginge. Aber es geht um den
Weitere Kostenlose Bücher