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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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in einer anonymen, tristen Hochhaussiedlung
vor dem Flughafen lag, die Conny in ihr schmuddligen Art mehr als deutlich
machte, dass es noch schlimmere Gegenden gab als den Häuserblock, in dem sie
selbst untergekommen war. Sie sah die improvisierte Wagenburg des
Einsatzkommandos schon von weitem: drei weitere, bullige BMW von unterschiedlicher Farbe, aber alle mit den verräterischen Haifischflossen
auf dem Dach, und einen neutral lackierten Sprinter, der wahrscheinlich bis
unter das Dach mit bis an die Zähne bewaffneten SEK lern
vollgestopft war. Conny fragte sich, warum Eichholz nicht gleich eine rote
Fahne aufgestellt hatte oder einen zehn Meter hohen Mast mit einem Blinklicht
auf der Spitze.
    Eichholz winkte sie ungeduldig heran, kaum dass sie ausgestiegen
war. Er hielt sich nicht mit einer Begrüßung auf, sondern deutete knapp auf den
Stadtplan, den er auf der Motorhaube des BMW ausgebreitet hatte. Daneben lagen zwei Handys, ein altertümlich anmutendes
Funkgerät und ein aufgeklappter Laptop, den Conny ohne sonderliche Überraschung
als ihren eigenen erkannte.
    Â»Das sind die Koordinaten aus der E -Mail.
Das Haus hinter uns.« Er machte eine entsprechende Kopfbewegung, und als Connys
Blick der Geste folgte, nahm sie einiges von dem zurück, was sie gerade gedacht
hatte. Unmittelbar hinter Eichholz stand ein zweistöckiger Flachbau mit einem
Kiosk und den fast leeren Schaufenstern eines Sonnenstudios im Erdgeschoss,
hinter dem sämtliche Angestellten zusammengelaufen waren, um sich die Nasen an
der Scheibe platt zu drücken. Wahrscheinlich wären sie längst herausgekommen,
hätte Eichholz nicht einen uniformierten Beamten vor dem Ausgang postiert, der
die Tür verrammelte. Das Gebäude, das er vermutlich meinte ,
entdeckte sie erst, als sie den Kopf in den Nacken legte und in den diesigen
Himmel hinaufblinzelte: das typische Flachdach einer
Siebzigerjahre-Mietskaserne, sieben oder acht Stockwerke hoch und mit einem
Wald von Antennen und Entlüftungsrohren bepflastert. Nicht einmal die Fenster
des obersten Stockwerkes waren von hier aus zu sehen, was bedeutete, dass sich
umgekehrt auch Eichholz’ gesamte kleine Angriffsstreitmacht im toten Winkel
befand. Was immer das helfen mochte.
    Als hätte er ihre Gedanken gelesen, bedachte Eichholz sie mit einem
missmutigen Blick, sagte jedoch immer noch nichts, sondern winkte
irgendjemandem zu, der hinter ihr stand. Conny tat ihm nicht den Gefallen, sich
umzudrehen, sondern trat ganz im Gegenteil neben ihn und warf zuerst einen
Blick auf den hochgeklappten Bildschirm ihres Laptops – er war eingeschaltet,
zeigte aber nichts als das farbenfrohe Blumenbukett, das sie als Hintergrund
gewählt hatte – dann auf die Karte. Es war kein normaler Straßenplan, wie sie
zuerst angenommen hatte, sondern eine Spezialkarte, die nicht nur die Lage der
Gebäude, sondern auch den Verlauf der Kanalisationsrohre, Strom- und
Gasleitungen und anderer Versorgungseinrichtungen zeigte.
    Jemand berührte sie am Arm. Conny drehte sich nun doch um und
blinzelte verwirrt ins Gesicht einer jungen Streifenbeamtin, die ihr eine
beigefarbene Schutzweste hinhielt.
    Â»Ziehen Sie das Ding an«, raunzte Eichholz. »Ich will mir nicht
nachsagen lassen, ich hätte Sie leichtfertig in Gefahr gebracht.«
    Conny verkniff sich jeden Kommentar, schlüpfte aus ihrer Jacke und
zog die Schutzweste an. Ihre geprellte Schulter hatte ihr bis jetzt keine
Probleme bereitet, aber sie merkte plötzlich, wie steif sie war. Sie bewegte
sich so ungeschickt, dass die Beamtin ihr helfen musste, die Klettverschlüsse
zu befestigen und wieder in ihre Windjacke zu schlüpfen. Eichholz deutete ein
missbilligendes Kopfschütteln an, als sie sich ihm wieder zuwandte.
    Eines der beiden Handys klingelte. Eichholz nahm ab, ohne sich zu melden,
hörte ungefähr dreißig Sekunden lang schweigend zu und unterbrach die
Verbindung dann, noch immer, ohne ein Wort gesagt zu haben.
    Â»Haben wir eine … genauere Ortsbestimmung?« Conny räusperte sich
unbehaglich. »Ich meine: In dem Haus müssen doch mindestens hundert Wohnungen
sein.«
    Â»Acht Etagen, mit jeweils vierzehn Wohnungen«, antwortete Eichholz,
ohne den Blick von der Karte zu heben. »Einhundertzwölf, um genau zu sein.
Fünfzehn davon stehen leer.«
    Was die Sache nur noch schwieriger machte. »Wissen wir wenigstens
die Etage?«, fragte sie.
    Eichholz machte

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