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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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genau in dem Moment geschrien, in dem der Film
eine Atempause einlegte, wäre sie niemals auf diese Tür aufmerksam geworden.
Wie lange hätte es gedauert, bis das Mädchen verblutet wäre?, überlegte sie.
Zehn Minuten? Wahrscheinlich weniger. Zugegeben: Er wäre davongekommen.
    Das Licht, das vom Führerhaus her hereinfiel, wurde dunkler, und der
Wagen begann zu schaukeln und neigte sich ein Stück nach vorne. Kurz darauf
konnte sie anhand des veränderten Echos hören, dass sie die Tiefgarage erreicht
hatten. Der Wagen wurde langsamer, und Eichholz stand auf und balancierte zur
Tür, noch bevor er gänzlich angehalten hatte.
    Da Eichholz es ihr nicht ausdrücklich verboten hatte, folgte sie ihm
und stieg ebenfalls aus. Die Tiefgarage war deutlich größer als die unter ihrem
eigenen Appartementhaus, wirkte auf den ersten Blick aber kleiner, denn sie war
nicht nur voller Fahrzeuge, sondern wimmelte geradezu vor Polizisten, nur
wenige in Zivil, die meisten in Uniform oder den schwarzen Kampfmonturen des SEK . Conny fragte sich besorgt, ob es Eichholz wirklich
gelungen war, diese kleine Armee hier unbemerkt hereinzubringen.
    Sie entdeckte Trausch in einiger Entfernung und wollte auf ihn
zugehen, doch er winkte nur ab und kam seinerseits auf sie zu, um ein
aufmunterndes Lächeln bemüht, das allerdings nicht über den angespannten
Ausdruck auf seinem Gesicht hinwegtäuschen konnte.
    Â»Wie ich sehe, hat er Ihnen nicht den Kopf abgerissen.«
    Â»Ich glaube, das ist nur aufgeschoben«, antwortete Conny mit einem
schiefen Lächeln. »Wie sieht es aus? Ist die Kavallerie schon da?«
    Â»Ungefähr die Hälfte«, antwortete Trausch. »Aber der Rest ist
unterwegs und in spätestens zehn Minuten hier.«
    Conny sah sich demonstrativ um. Es war schwer zu schätzen, aber
allein in diesem Teil der Tiefgarage mussten sich an die zwanzig SEK -Männer aufhalten; mehr als doppelt so viele wie bei
jedem anderen Einsatz, den sie mitgemacht hatte. Es sah aus, als bereite sich
Eichholz auf einen kleinen Krieg vor.
    Â»Mit ein bisschen Glück brauchen wir sie gar nicht.« Trausch wedelte
mit einem Zettel und bedeutete ihr mit einer Geste, mitzukommen.
    Eichholz war in ein intensives Gespräch mit zwei Männern in
schwarzen Uniformen, Helmen und schweren Waffen vertieft, unterbrach sich
jedoch sofort, als sie näher kam. Trausch schwenkte seine Liste.
    Â»Die Mieterliste von der Verwaltung«, sagte Trausch. »Es sieht gar
nicht einmal so übel aus.«
    Â»Wieso?«
    Trausch’ Zeigefinger stieß fast triumphierend auf das Blatt hinab.
»Das sind die Mieter der vierten Etage. Eine Wohnung steht leer. Zwei allein
stehende alte Frauen und eine WG , ausschließlich
Studentinnen. Ein achtzigjähriger Rentner, der zweimal am Tag von der Caritas
Essen bekommt, und sieben ganz normale Familien, allesamt mit Kindern –
zwischen einem und drei. Nur in einer einzigen Wohnung lebt ein allein
stehender Mann, Martin Aisler. Einundzwanzig. Student. Aber sie wissen nicht,
was er studiert.«
    Â»Gibt es ein Foto?«, fragte Eichholz, wobei er Conny einen raschen,
fast hoffnungsvollen Blick zuwarf.
    Â»Bei den Mietverträgen?« Trausch schüttelte den Kopf. »Wir haben ein
paar Hausbewohnern das Phantombild gezeigt, das wir nach Connys Angaben gemacht
haben, aber sie sind sich nicht sicher. Aisler scheint sehr zurückgezogen zu
leben. Er wohnt seit anderthalb Jahren hier, ohne in dieser Zeit irgendjemandem
aufgefallen zu sein.«
    Â»Wäre ja auch zu schön gewesen«, murrte Eichholz.
    Â»Wir könnten zuerst nur seine Wohnung stürmen«, schlug Conny vor.
    Â»Falls er dort ist und sich nicht in dem leer stehenden Appartement
versteckt.« Es war nicht Eichholz, der das sagte, sondern der maskierte SEK -Mann, mit dem er gerade gesprochen hatte. »Oder einer
der netten alten Omas die Kehle durchgeschnitten hat und in ihrer Wohnung hockt
oder gerade eine der Studentinnen vögelt oder vielleicht auch den netten
Nachbarn spielt und bei Papa, Mama und den Kindern zum Kaffeetrinken eingeladen
ist.« Er schüttelte heftig den Kopf. »Nein. Das ist viel zu gefährlich. Wir
stürmen alle Wohnungen zugleich oder gar keine.«
    Eichholz schien ernsthaft über die zweite Möglichkeit nachzudenken,
schüttelte aber dann den Kopf. »Dann alle.«
    Der Mann entfernte sich rasch, und Conny wandte sich noch einmal

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