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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war das Risiko wert. Als sie die Tüte öffnete, fand sie einen großen
Cappuccino, eine Packung Chicken McNuggets und eine große Portion Frites. Sie
riss beides auf und begann mit großer Hast und ganz undamenhaft mit den Fingern
und genüsslich schmatzend zu essen.
    Â»Das scheint ja wohl wirklich Rettung in höchster Not gewesen zu
sein«, meinte Trausch, während er sich einen Stuhl heranzog und sich setzte. Er
streckte den Arm aus, um sich einen McNugget zu mopsen, und Conny schlug ihm
spielerisch auf die Finger.
    Â»Lassen Sie das!«, sagte sie mit vollem Mund. »Der Mundraub-Paragraf
ist schon vor Jahren abgeschafft worden!«
    Trausch machte ein beleidigtes Gesicht. »Das hat man nun von seiner
Hilfsbereitschaft.«
    Â»Polizistenschicksal«, antwortete Conny gnadenlos. »Das sollten Sie
kennen, Herr Kollege!« Sie verschlang einen weiteren Quader gepresster
Geflügelabfälle, ohne auch nur richtig gekaut zu haben, stopfte eine Handvoll
streichholzdünner Fritten hinterher und hielt ihm dann die Packung hin. »Aber
nur einen!«
    Trausch nahm sich einen Nugget, knabberte mit spitzen Zähnen daran
und sah sie nachdenklich an. »So schlecht ist das Essen hier doch nicht wirklich,
oder?«
    Â»Wie schlecht?«
    Â»Dass Sie das Zeug hier mögen.«
    Â»Nein«, antwortete Conny, während sie bereits einen weiteren Nugget
mampfte. »Das mochte ich schon vorher. Was soll ich machen? Jeder hat seine
finsteren Geheimnisse.«
    Trausch aß den Rest seines Nuggets und wischte sich die Hände an der
Jacke ab, bevor er weitersprach. »Wie fühlen Sie sich?«
    Â»Gut«, antwortete Conny automatisch – und wie sie selbst beinahe
überrascht feststellte, sogar wahrheitsgemäß. Natürlich hatte sie tausend
Zipperlein: Der Verband an ihrem rechten Arm drückte, ihr Gesicht tat weh, und
ihr Rücken fühlte sich an, als hätte sie auf einer mittelalterlichen Folterbank
übernachtet, und auch die Stichwunde in ihrem Bein machte sich wieder bemerkbar
und schmerzte jetzt beinahe mehr als gestern. Dennoch fühlte sie sich wohl; ganz erstaunlich wohl, wenn sie bedachte, was hinter ihr
lag.
    Â»Lust auf einen Ausflug?«, fragte Trausch.
    Conny blieb fast der Bissen im Halse stecken. »Wie bitte?«
    Â»Nur wenn Sie wirklich wollen«, sagte Trausch hastig. »Wirklich, die
Entscheidung liegt ganz bei Ihnen. Wenn Sie lieber noch hierbleiben möchten,
geht das vollkommen in Ordnung.« Kam es ihr nur so vor, oder versuchte ihr
Trausch in den Mund zu legen, dass sie ablehnte?
    Â»Und was genau heißt das im Klartext?«, erkundigte sich Conny
misstrauisch.
    Â»Eichholz möchte Sie sehen«, antwortete Trausch. »Allerdings will er
nicht hierherkommen, und in diesem speziellen Punkt kann ich ihn sogar
verstehen. Außerdem gibt es noch tausend Fragen, die Sie beantworten müssen …«
Er hob – irgendwie verlegen – die Schultern. »Es wäre einfach leichter bei uns
im Büro.«
    Â»Sie meinen, ich komme hier raus?«, fragte Conny ungläubig. »Ich
werde begnadigt?«
    Â»Nur für einen halben Tag«, antwortete Trausch rasch. »Aber ich habe
gerade mit dem Chefarzt geredet. Er hat nichts dagegen, Sie für einen halben
Tag zu entlassen. Wenn auch nur auf Bewährung. Und ich musste ihm versprechen,
Sie spätestens um fünf wieder hier abzuliefern. Ich musste ihm meine Seele
verpfänden, um ihm dieses Zugeständnis abzuringen.«
    Darüber konnte Conny nicht lachen. Sie starrte Trausch nur
erschrocken an und vergaß für einen Moment sogar zu kauen.
    Â»Stimmt irgendetwas nicht?«, fragte Trausch in fast verschrecktem
Ton.
    Â»Nein, es ist schon …« Conny schluckte den Rest herunter und setzte
neu an. »Ich war nur überrascht. Ich dachte, ich müsste mindestens noch eine
Woche hierbleiben.«
    Â»Müssen Sie auch«, erwiderte Trausch. Er machte eine Kopfbewegung in
Richtung ihres Beins. »He, ich muss Ihnen nicht sagen, dass damit nicht zu spaßen
ist, oder? Das hier ist kein Hollywoodfilm, wo man ein Messer ins Bein bekommt
und dann weiterhumpelt. Seien Sie froh, dass er Sie nicht schlimmer erwischt
hat. Wir machen nur einen kleinen Ausflug, damit wir uns nicht falsch
verstehen. Es ist nur sehr viel einfacher, Sie ins Präsidium zu schaffen, als
das ganze Präsidium zu Ihnen.« Er bemühte sich – mit wenig Erfolg

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