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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war sie verschwunden.
    Â»Wie lange war sie hier?«, wandte Conny sich an den Polizeibeamten.
    Â»Nur ein paar Minuten«, antwortete er hastig. »Sie hat gesagt, das
Mädchen wäre eine gute Freundin und ihre Mutter hätte nichts dagegen.«
    Conny maß ihn mit einem knappen, tadelnden Blick, bevor sie sich
abwandte und ins Zimmer zurückging. Sie hatte nicht vor, seiner kleinen
Nachlässigkeit weiter nachzugehen, aber für die nächsten zwei der drei Tage
würde er jedes Mal ein verdammt ungutes Gefühl haben, wenn ihn einer seiner
Vorgesetzten ansprach, und ein kleiner Dämpfer hatte wahrscheinlich eine
nachhaltigere Wirkung als eine peinliche Gardinenpredigt seines Vorgesetzten
oder gar ein Eintrag in seine Personalakte. Sie zog die Tür hinter sich zu.
    Die grauhaarige Frau war mittlerweile nah an das Bett getreten und
redete mit deutlich leiserer, aber kaum weniger erregter Stimme auf das Mädchen
ein, das darin lag. Conny konnte auch jetzt nur einen schmalen Teil ihres
Gesichts erkennen, trotzdem entging ihr nicht, wie blass es war.
    Â»Ich möchte nicht, dass diese … diese Verrückten noch einmal
hierherkommen«, sagte Marianne Schneider gerade. »Keiner von ihnen, hörst du?
Ich verbiete es!«
    Â»Du kannst mir gar nichts verbieten«, antwortete Theresa.
    Â»Ach, kann ich nicht?«, fragte ihre Mutter. »Das werden wir sehen,
junge Dame! Das werden wir sehen!«
    Â»Frau Schneider.« Conny legte ihr behutsam die Hand auf die
Schulter. »Bitte.«
    Die grauhaarige Frau funkelte sie an. »Ist doch wahr!«, fauchte sie.
»Diese … diese Verrückten sind doch überhaupt schuld, dass es erst so weit
gekommen ist! Gar nichts wäre passiert ohne diese Irren!«
    Â»Ja, vielleicht«, antwortete Conny sanft. »Aber vielleicht lassen
Sie mich einfach ein paar Minuten mit ihr allein?«
    Eine Sekunde lang sah es so aus, als würde sich Marianne Schneiders
heiliger Zorn nun endgültig auf sie entladen, doch dann sah sie plötzlich nur
noch schuldbewusster aus und senkte hastig den Blick. »Ja, natürlich.
Entschuldigen Sie. Ich …« Sie unterbrach sich, fuhr auf dem Absatz herum und
stürmte schon beinahe fluchtartig hinaus, und Conny drehte sich endgültig zum
Bett um.
    Das Mädchen starrte sie durchdringend und mit immer noch unbewegtem
Gesicht an. Sie war sehr blass; ihre Hautfarbe unterschied sich kaum von der
des Mädchens, das gerade hinausgegangen war, obwohl sich dieses alle Mühe
gegeben hatte, sich wie eine schlecht einbalsamierte Leiche zu schminken. Sie
hatte dunkle Ringe unter den Augen, und an ihrer Schläfe pochte eine Ader, die
dunkelblau durch die Haut schimmerte. Ein schmaler weißer Verband zog sich um
ihren Hals, der angesichts der schrecklichen Verletzung, die sie erlitten
hatte, beinahe lächerlich harmlos aussah; wie ein modisches Accessoire und
nicht wie etwas, das ihr das Leben gerettet hatte.
    Â»Wer war das?«, fragte sie. »Das Mädchen, meine ich. Eine Freundin
von dir?«
    Theresa nickte, aber die Bewegung war so knapp, dass Conny nicht
wirklich sicher war. Sie starrte sie weiter unverwandt an. Conny räusperte sich
unbeholfen.
    Â»Also gut, das war vielleicht kein besonders gelungener Start«,
setzte sie noch einmal neu an (und merkte selbst, dass es kaum weniger
unbeholfen klang). »Muss ich hinausgehen und noch einmal klopfen, oder fangen
wir einfach so noch einmal neu an? Du bist Theresa, nicht wahr? Ich bin …«
    Â»Tess«, unterbrach sie das Mädchen. Ihre Stimme klang ebenso dünn wie
kratzig: vermutlich eine Folge der Halsverletzung, die sie erlitten hatte.
Trotzdem übte sie eine sehr unangenehme Wirkung auf sie aus. Sie hoffte, dass
Theresa es ihr nicht anmerkte. »Nur meine Mutter nennt mich Theresa .«
    Â»Und deine Freunde nennen dich Tess«, vermutete Conny. »Ich bin …«
    Â»Ich weiß, wer Sie sind«, unterbrach sie Tess. »Sie sind die
Polizistin, die mich gerettet hat. Kriminalkommissarin Feisst.«
    Â»Du erinnerst dich an mich?«, fragte Conny überrascht.
    Â»Nein«, antwortete Tess. »Ich hab Sie im Fernsehen gesehen.«
    Â»Du«, verbesserte sie Conny. »Ich heiße Conny. Feisst klingt ein
bisschen wie Fett , finde ich, und als Frau
Kommissarin komme ich mir schrecklich alt vor.«
    Was sie in Tess’ Augen wohl auch war. Das Mädchen sah sie einfach
nur

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