Unheil
â um ein
aufmunterndes Lächeln und griff in die Jackentasche. »Ich habe Ihnen noch etwas
mitgebracht ⦠obwohl ich beinahe glaubte, dass Sie es nicht mehr brauchen.«
Conny streckte gehorsam die Hand aus und nahm die in Cellophan
verpackte Sonnenbrille entgegen, die er ihr reichte. Das Preisschild hing noch
daran. Ganz billig war sie nicht gewesen.
»Danke«, sagte sie automatisch. »Und wieso brauche ich sie nicht
mehr?«
»Haben Sie heute schon einmal in den Spiegel geschaut?«, fragte
Trausch.
Conny blickte ihn noch weitere drei oder vier Sekunden lang einfach
nur verständnislos an, legte dann jedoch die Sonnenbrille neben die
McDonaldâs-Tüte auf den Nachttisch, richtete sich weiter auf und begann mit
ungelenken Fingern die diversen Elektroden und Sensoren zu lösen, die Schwester
Drachenzahn überall an ihrem Körper befestigt hatte. Trausch rührte keinen
Finger, um ihr zu helfen, sondern sah ihr ganz im Gegenteil mit vollkommen
unverhohlener Schadenfreude zu. Der elektronische Wachhund hinter ihr begann
piepsend und tutend zu randalieren, aber das ignorierte sie.
SchlieÃlich war sie frei und stand auf, um zum Waschbecken zu
humpeln. Sie hatte es gestern nicht gewagt, in irgendeinen Spiegel zu blicken,
ohne vorher eine Handvoll Beruhigungstabletten eingeworfen zu haben. Umso mehr
überraschte sie, was sie nun sah: Ihr Spiegelbild wirkte blass und hohlwangig
und sehr müde (was ihr selbst einigermaÃen absurd vorkam. Die Zeit, die sie
nicht in diversen Untersuchungs- oder Behandlungszimmern oder im Clinch mit
Schwester Drachenzahn verbracht hatte, hatte sie komplett verschlafen, und sie
sollte eigentlich ausgeruht genug sein, um die sprichwörtlichen Bäume
auszureiÃen), aber darüber hinaus sah sie erstaunlich ⦠gut aus.
Abgesehen von den dunklen Ringen unter ihren Augen und der
unnatürlichen Blässe ihrer Haut â die wahrscheinlich auf dem reinen Stress
beruhte, überhaupt hier zu sein â hatte sie sich in
erstaunlichem MaÃe erholt. Die hässliche Schwellung, die ihr Gesicht entstellt
hatte, war fast völlig verschwunden. Auf ihrer Wange lag noch etwas wie ein
Schatten, den sie jedoch vielleicht nur sah, weil sie wusste, wonach sie zu
suchen hatte. Das war alles. Gutes Heilfleisch ,
dachte sie noch einmal.
Eine Weile betrachtete sie einfach nur verblüfft ihr eigenes
Konterfei, aber irgendwann fiel ihr auch Trauschs Blick im Spiegel auf.
Genau gesagt, sein breites Grinsen. Weitere zwei oder drei Sekunden
lang verstand sie es einfach nicht ⦠bis ihr einfiel, was sie anhatte; oder eben
auch nicht. Sie trug ein ungeheuer modisches, gelb geblümtes
Standard-Krankenhausnachthemd, eigentlich kaum mehr als ein Tuch mit zwei
angedeuteten Ãrmeln, das hinten offen und nur mit zwei dünnen Bändchen
zusammengeschnürt war. Nicht besonders fest zusammengeschnürt, um präzise zu
sein.
»Ist ihnen der Ausdruck sexuelle Belästigung ein Begriff, Kollege?«, fragte sie böse.
»Durchaus.« Trauschs Grinsen wurde noch breiter. »Aber keine Angst.
Ich werde nichts sagen.«
»Wie?«, fragte Conny.
»Also, ich habe nichts getan«, erklärte Trausch. »Genau genommen
sitze ich einfach nur hier. Ich bin jedenfalls nicht
zum Spiegel gegangen und habe mich auf überaus charmante Art auf den
Waschbeckenrand gestützt und mich vorgebeugt.«
Conny fuhr wie von der sprichwörtlichen Tarantel gestochen herum und
konnte gerade noch den Impuls unterdrücken, die Hände auf den Hintern zu
schlagen. Natürlich entging das Trausch keineswegs, aber er besaà nicht einmal
den Anstand, rot zu werden. Sein Grinsen wurde nur noch breiter.
»Ich war vorhin in Ihrer Wohnung und habe Ihnen ein paar saubere
Sachen eingepackt«, sagte er. »Natürlich können Sie auch so mitkommen, wenn Sie
es wünschen. Ich allerdings â¦Â«
»Wo?«, unterbrach ihn Conny. Ihre Stimme war kaum mehr als ein
Zischen.
»DrauÃen auf dem Flur«, antwortete er. »Ich meine, ich habe die
Tasche drauÃen gelassen. Soll ich sie holen?«
»Nein«, antwortete Conny, jetzt in eindeutig erschrockenem Ton. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich meine ⦠ja. Natürlich, aber â¦Â«
»Schon verstanden«, seufzte Trausch. Eigentlich grinste er es, während er zugleich aufstand. »Ich reiche Sie Ihnen von auÃen
herein, und ich
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