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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fort, jedes Wort eine unendlich
kräftezehrende Überwindung, das sie mehr Mühe kostete als das vorhergehende.
»Er hat mit mir gesprochen.«
    Â»Worüber?«, fragte Trausch.
    Ihre Antwort bestand nur aus einem hilflosen Achselzucken. »Ich bin
nicht sicher«, murmelte sie.
    Â»Sie sind nicht sicher, worüber sie gesprochen haben?«,
vergewisserte sich Eichholz.
    Â»Ich war …« Wieder ließ sie den Satz unbeendet mit einem
Schulterzucken ausklingen. Da war plötzlich etwas wie Zorn, der nicht ihr
gehörte, ein Schatten, der sich in ihren Augenwinkeln bewegte, und ein ebenso
nicht zu ihr gehörendes Gefühl von Enttäuschung, das zu etwas Schlimmerem
werden würde, wenn sie weitersprach.
    Â»Und Sie haben es bisher nicht für nötig gehalten, uns davon zu
unterrichten?«, fragte Eichholz.
    Â»Es tut mir leid«, murmelte Conny. »Ich weiß, es war falsch.«
    Â»Falsch?« Eichholz machte ein Geräusch, das ein Lachen oder das
genaue Gegenteil sein konnte. »Ja, so könnte man es nennen.«
    Â»Ich … ich war nicht sicher, ob er tatsächlich da war«, fuhr sie fort.
»Alles war so … unwirklich. Ich dachte, ich hätte es
mir nur eingebildet.«
    Â Â»Und Sie wollten uns nicht
mit ihren Träumen belästigen«, vermutete Eichholz. Er blieb noch immer ruhig,
ganz gegen seine normale Art – aber genau das war es, was Conny dafür umso mehr
beunruhigte. »Und das ist jetzt wirklich alles?«
    Â»Das ist alles«, hörte sie sich zu ihrer eigenen Überraschung
antworten. »Als ich ihn im Trash getroffen habe …ehrlich gesagt habe ich ihm nicht geglaubt … irgendein
Spinner, der sich wichtigmachen will. Aber ich bin dem Mädchen trotzdem
nachgegangen.«
    Â»Und das war auch richtig«, warf Trausch ein. »Sonst wäre sie jetzt
tot, und wir hätten Aisler nie bekommen.«
    Nicht nur sie hatte das Gefühl, dass diese Worte viel mehr Eichholz
galten als ihr, wie der kurze, zornige Blick deutlich machte, den er Trausch
zuwarf. Er nickte nur und bedeutete ihr mit einer knappen Geste,
weiterzusprechen.
    Â»Das ist alles«, sagte sie noch einmal. Seltsam – jetzt, da sie
endlich das einzig Richtige getan und (beinahe) die ganze Geschichte erzählt
hatte, sollte sie doch eigentlich so etwas wie Erleichterung empfinden. Aber
das genaue Gegenteil war der Fall; das Gefühl, einen schweren, nicht
wiedergutzumachenden Fehler begangen zu haben. »Es tut mir leid. Ich weiß, ich
hätte es eher sagen sollen, aber es war …« Sie suchte einen Moment nach Worten
und fand sie nicht.
    Â»Es war alles sehr aufregend und zu viel«, sprang ihr Trausch bei.
»Das verstehe ich. Aber Sie hätten es uns später sagen müssen. Spätestens als
die zweite E -Mail gekommen ist.«
    Â Â»Ich weiß«, sagte Conny. »Es
tut mir wirklich leid. Ich war …« Sie beendete auch diesen Satz nicht, sondern
beließ es abermals bei einem hilflosen Heben der Schultern.
    Â»Und Sie haben es bisher nicht für nötig gehalten, uns das zu
erzählen?«, fragte Eichholz noch einmal, als wäre er nicht sicher, ob sie beim
ersten Mal verstanden hatte. Seltsamerweise klang er nicht wirklich zornig;
ganz im Gegenteil hatte sie eher das Gefühl, dass er auf eine beunruhigende … Art zufrieden wirkte.
    Â»Nein«, antwortete Conny und verbesserte sich hastig. »Oder doch,
ja. Aber ich …« Sie hob in einer Geste der Hilflosigkeit die Schultern. »Ich war
nicht sicher. Ich … ich hatte Angst, ich hätte mir das alles nur eingebildet. Es
war so …«
    Â»Verrückt?«, schlug Eichholz vor.
    Conny hätte ein anderes Wort bevorzugt, aber sie nickte.
    Â»Ja, so ungefähr könnte man es bezeichnen«, fuhr Eichholz fort. Dann
sagte er etwas, das Conny wirklich überraschte. »Ich kann Sie sogar verstehen,
Kollegin. Nach allem, was sie mitgemacht haben … der Schock, Ihre Verletzung,
der Stress … wahrscheinlich wäre es mir genauso ergangen. Ich hätte trotzdem
erwartet, dass Sie uns davon in Kenntnis setzen.«
    Conny sagte vorsichtshalber nichts dazu. Sie widerstand sogar dem
Impuls, Trausch einen Hilfe suchenden Blick zuzuwerfen. Auch, wenn er sich
bisher nichts davon hatte anmerken lassen, war sie doch sicher, dass Eichholz
mindestens Verdacht geschöpft hatte. Und das Letzte, was sie wollte,

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