Unheil

gefunden, aber auch Ihre und meine und die
von ein paar Dutzend anderen. Die meisten dürften wohl von Kollegen stammen
oder Leuten aus der Fahrbereitschaft oder der Werkstatt … und eine ganze Menge
werden wir wahrscheinlich gar nicht zuordnen können.«
    Â»Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Conny. »Dass ich mir das alles
nur ausgedacht habe?«
    Â»Ich will auf gar nichts hinaus«, antwortete Eichholz. Trausch
wollte abermals auffahren, doch Eichholz hob beinahe sanft die Hand und fuhr in
verändertem Ton fort. »Überlegen Sie noch einmal ganz genau. Noch gibt es
keinen endgültigen Bericht, nichts, was man nicht wieder geradebiegen könnte.«
    Â»Geradebiegen? Wenn das hier ein Verhör ist, dann möchte ich einen
Anwalt«, sagte Conny wütend – und hätte sich selbst für diese Worte ohrfeigen
können.
    Â»Wenn das hier ein Verhör wäre, dann hätte ich selbst Ihnen geraten,
einen Anwalt hinzuzuziehen«, sagte Eichholz ruhig. »Ich versuche nur, Ihnen zu
helfen, Frau Feisst, auch wenn Sie mir das anscheinend nicht glauben wollen.
Niemand unterstellt Ihnen, zu lügen oder bewusst die Tatsachen zu verdrehen.«
    Â»Sondern?«, fragte Conny feindselig.
    Eichholz hob die Schultern, schenkte sich einen zweiten Kaffee ein
und trank einen Schluck, bevor er antwortete. »Wir sind bisher ganz
selbstverständlich davon ausgegangen, dass wir es mit einem Einzeltäter zu tun
haben. Eine verständliche Annahme. Immerhin sind Serienmörder fast immer
Einzeltäter. Aber inzwischen bin ich nicht mehr sicher, dass das wirklich so
ist.«
    Â»Sie meinen, ich wäre in Wahrheit seine Komplizin?«, fragte Conny.
»Seit wann? Erst seit gestern oder schon die ganze Zeit? Sicher … das würde auch
erklären, wieso ich ihn so mühelos im Trash aufgespürt habe. Wahrscheinlich ist mir die Sache zu heiß geworden, was liegt
da näher, als ihn nicht nur abzuservieren, sondern auch die Lorbeeren dafür
einzuheimsen?«
    Trausch fuhr zusammen und sah sie beinahe entsetzt an, aber Eichholz
wirkte nur noch trauriger. »Ich verstehe nicht ganz, warum Sie so feindselig
sind, Frau Feisst«, seufzte er. »Ich will Ihnen nur helfen. Könnte es nicht
auch so gewesen sein: Sie haben dort unten im Wagen gewartet, während das SEK Aislers Appartement gestürmt hat. Sie waren nicht
unbedingt in Bestform, was ja auch durchaus verständlich ist. Vergessen Sie
nicht, ich war dabei.«
    Â»Und?«, fragte Conny.
    Â»Die Ereignisse haben sich überstürzt«, sagte Eichholz. »Irgendwann
haben Sie dann gesehen, wie der Aufzug aufging und dieser Kerl herauskam, und
sind hingegangen – was vollkommen richtig war. Hätten Sie es nicht getan, dann
hätten wir jetzt vielleicht drei tote Kollegen zu beklagen, statt zwei. Sie
waren erschrocken. Wahrscheinlich schockiert. Auch das ist verständlich. Und
als Sie dann zum Wagen zurückgegangen sind und Ihnen der Kerl entgegenkam, da
haben Sie ganz automatisch vorausgesetzt, dass es Aisler ist. Das ist genauso
verständlich. In dieser Situation und an Ihrer Stelle wäre es mir vielleicht
genauso ergangen.«
    Â»Eine interessante Theorie«, sagte Conny. »Sie hat nur einen winzigen
Schönheitsfehler. Es war Aisler. Ich bin
hundertprozentig sicher.«
    Â»Hatte Aisler einen Bruder?«, fragte Trausch.
    Â»Einen Zwillingsbruder am besten!« Eichholz schüttelte den Kopf.
»Nein, tut mir leid. Unser Sonnyboy war ein Einzelkind. Aber natürlich könnte
er einen Komplizen gehabt haben, der im gleichen Alter ist und ihm sogar
ähnlich sieht. In ihren schwarzen Kleidern und mit ihren geschminkten
Gesichtern sehen diese Kerle doch sowieso alle gleich aus.«
    Â»Es war Aisler«, beharrte Conny.
    Â»Wer immer es war, Sie sind ihm jedenfalls nachgelaufen«, sagte
Eichholz. »Könnte es nicht sein, dass Sie Aisler einfach dort unten …« Er hob
die Schultern und zögerte gerade einen Sekundenbruchteil zu lange, um Connys
Misstrauen keine neue Nahrung zu geben, ehe er
fortfuhr: »… gefunden haben?«
    Â»Weil ihn dort unten jemand freundlicherweise abgelegt hat?«, fragte
Conny böse. »Wie zuvorkommend! Und das hier?« Sie deutete auf ihren Arm.
    Â»Diese Gänge sind nicht ungefährlich«, antwortete Eichholz
ungerührt. »Mir ist selbst ein bisschen mulmig zumute gewesen, als ich diese
Leiter